Die Filmförderung – Massengrab bester Absichten

Diese Überschrift stammt aus einem Interview mit dem Regisseur Klaus Lemke. Er ist der schärfste Kritiker der Filmförderung. „Ich bin der Einzige, der unabhängige Filme macht, der Rest ist bezahlt von diesen ganzen Fördersystemen“. 2012 organisierte er eine Protestaktion anläßlich der Berlinale. Klaus Lemke und seine Darsteller von „Berlin für Helden“ zogen blank, um gegen die Filmförderung zu protestieren.

1967 wurde die Filmförderung in Deutschland etabliert. Ziel war es, Einfluß auf Themen und Inhalte zu nehmen. Lemke erzählt das so: „Und die Jungs (er meint die Oberhausener um Alexander Kluge) hatten die Idee, dass Film ein Intelligenzbeschleuniger sein könnte, das haben die in ihren Seminaren und bei der Frankfurter Schule gelernt. Und aus dieser Mentalität heraus haben die Filme gemacht, die kein Mensch sehen wollte, die Filme wollte niemand sehen – die Filme der Oberhausener. Und da kommt dieser kluge Doktor Kluge auf die geniale Idee, das Publikum dafür zu bestrafen, dass sie nicht in die Filme der Oberhausener gehen, und geht zum Innenminister und bittet um Förderung für das Kulturgut deutscher Film. Und seitdem ist der deutsche Film nicht existent.“

In der Filmförderrichtlinie des Bundes heißt es: „Der Hersteller des neuen Films hat die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien über Inhalt und Gestaltung des Filmvorhabens, für das die Prämie verwendet werden soll, eingehend zu informieren; er hat insbesondere Drehbuch, Stab- und Besetzungsliste, Kosten- und Finanzierungsplan sowie einen Verleihvertrag oder eine konkrete Darlegung der Verleih- und Vertriebspläne einzureichen.“

Die Auswahl der zu fördernden Vorhaben obliegt bei Anträgen der Jury Produktionsförderung A. Zu diesem illustren Gremium gehören:

Kordes, Meike – Produzentin / Berlin

Löser, Claus – Filmwissenschaftler/ Berlin

Miros, Georg – Verleiher / Berlin

Mohr, Maria – Autorin, Regisseurin / Berlin

Schwering, Herbert – Produzent / Köln

Söffker, Linda – Filmwissenschaftlerin / Berlin

Wagner, Christian – Autor, Regisseur, Produzent / München

Walther, Connie – Regisseurin / Berlin

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) beruft diese Jury aus sachverständigen Persönlichkeiten für eine jeweils dreijährige Amtszeit. Eine einmalige Wiederberufung ist möglich. Alles liebe Filmfunktionäre, einige eilen von Festival zu Festival, von Preisverleihung zu Preisverleihung, alle sind an der Aufrechterhaltung des Systems mit Produktionsanreizen für Mittelmäßiges auch persönlich bzw. geschäftlich interessiert.

Wäre für den Actionfilm „Hänsel und Gretel Hexenjäger“ Förderung beantragt worden, dann hätte das Drehbuch umgeschrieben werden müssen. Zwei rechtsradikale Waffennarren mit doppelläufiger Armbrust und großkalibriger Pistole auf Jagd nach Feministinnen, die im Raum Augsburg einen Ganztagskindergarten mit der optimalen Gruppengröße von 12 Kindern betreiben.

2000 wurden 193,6 Mio € von Bund und Ländern für die Förderung ausgegeben, Tendenz steigend. 2012 gehen Beobachter von 300 Millionen aus. Unbedingt dazurechnen muß man das Geld, welches von ARD und ZDF für Filmproduktionen aufgewendet wird. Es dürfte noch etwas mehr sein, als 300 Millionen.

Der naive Vulgärmaterialist nimmt an: Je mehr Geld, desto erfolgreichere Filme. Um diese gewagte Annahme zu prüfen, muß man die deutsche Filmgeschichte in fünf Abschnitte periodisieren.

Weimarer Republik bis 1933

Finanzierung durch Publikum

Nationalsozialismus 1933 – 1945

Keine Filmförderung, aber Zensur und Interventionismus

Russenzeit 1945 – 1989

Filmproduktion als staatliches Monopol

Bundesrepublik bis 1967

Finanzierung durch Publikum, Bundesbürgschaften

Bundesrepublik nach 1967

Nach und nach ausufernde Filmförderung

In jeder dieser Perioden sind gute Filme entstanden. Hier eine Auswahl:

Weimarer Republik bis 1933

Die Drei von der Tankstelle

Stürme über dem Montblanc

Der blaue Engel

Emil und die Detektive

Berlin – Alexanderplatz

Metropolis

Nationalsozialismus 1933 – 1945

Die Feuerzangenbowle

Der Maulkorb

Der Mann, der Sherlock Holmes war

Der Postmeister

Wir machen Musik

Große Freiheit Nr. 7

Russenzeit 1945 – 1989

Die Mörder sind unter uns

Der Teufel vom Mühlenberg

Schneewittchen

Dornröschen

Heißer Sommer

Jakob der Lügner

Bundesrepublik bis 1967

Der brave Soldat Schwejk

Wir Wunderkinder

Das Wirtshaus im Spessart

Der Hauptmann von Köpenick

Des Teufels General

Bundesrepublik nach 1967

Out of Rosenheim

Go Trabi go

Kir Royal

Oberst Redl

Die Ehe der Maria Braun

Es sind auch in jeder dieser Abschnitte hundsmiserable Filme gedreht worden: Fredericus Rex, Jud Süß, Moorhund, Liebe im Finanzamt und Der Schuh des Manitu.

Wenn man die Liste der guten und erfolgreichen Filme durchgeht, so fällt sofort auf, daß sich durch viel Geld nichts gebessert hat. Auch sind deutsche Filme keine Exportschlager geworden. Wenn man die aktuell erfolgreichsten Filme im deutschen Kino (nach Besucherzahlen) verfolgt, so dominieren nicht die geförderten, sondern die ungeförderten Filme. Der einzige deutsche Film mit einer relevanten Besucherzahl diese Woche: „Hanni und Nanni 3“. Den hätte man vom künstlerischen Anspruch her auch ohne ZDF-Mittel drehen können.

Lemke sagt dazu: „…das, was die Deutschen initiiert haben in Europa ….nämlich staatliche Förderung, eine unvorstellbare Sache für Amerikaner, dass der Staat seine schmutzigen Finger im Film drin hat. Vollkommen unmögliche Vorstellung weltweit, nur bei uns ist so was möglich und wird seit 40 Jahren akzeptiert.“