Der Wahlomat ist defekt

Nun ist der Wahlomat für die Europawahl auf Sendung.  Die Bundesszentrale für politische Bildung, eine Unterabteilung des Bundesinnenministeriums hat  einen grünlastigen Fragenkatalog zusammengestellt, der nicht die Interessen der Wähler widerspiegelt. Die Wähler haben nämlich ein Interesse daran, daß die Nettolöhne endlich steigen, daß die Freiheit des Internets gesichert ist, daß die Bürger Mitsprache über Volksabstimmungen bekommen, der politische Apparat abgespeckt wird und daß die Privilegien von Politikern und Beamten verschwinden.

Im Wahlomat sind zum Beispiel folgende Forderungen aufgestellt, auf die der Wähler reagieren soll:

Es sollen EU-weite gemeinsame Bürgerentscheide eingeführt werden.
Die Europäische Union soll sich höhere Ziele zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes setzen.
Die Europäische Union soll ausschließlich ökologische Tierhaltung fördern.
Edward Snowden soll in einem EU-Mitgliedsstaat Asyl gewährt werden.
Bei der Infrastrukturförderung durch die Europäische Union: Schiene vor Straße!
Die Europäische Union soll weiterhin Produkte mit niedriger Energieeffizienz verbieten dürfen.
Die Europäische Union soll durch die Einführung eigener Steuern Teile ihres Haushaltes decken können.
Die Europäische Union soll sich langfristig zu einem europäischen Bundesstaat entwickeln.

Die Bundeszentrale hat fast alles auf den Kopf gestellt. Man denkt, die Fragen sind auf einem grünen Parteitag beschlossen worden. Extremforderungen der elitistischen Eurokraten sind der Nagel in der Wand, an dem sich der Wähler orientieren soll.

Bürgerentscheide sind ja ganz schön – aber europaweit? Haben die Leutchen von der Bundeszentrale verschlafen, daß es nicht mal europaweite Wahllisten für die Europawahl gibt? Wie sollen europaweite Kampagnen organisiert werden, wenn sich die Bürger nicht in 35 Sprachen unterhalten können?  Zum Beispiel eine europaweite Abstimmung über die Größe von Toilettenspülkästen? Das macht keinen Sinn, weil es in Finnland ganz andere Wassermengen pro Einwohner gibt als in Malta. Oder ist eine europaweite Abstimmung über die Vergemeinschaftung von nationalen Schulden sinnvoll? – Nein! Bürgerentscheide auf nationaler und lokaler Ebene sind schon sinnvoll. Aber die will die Bundezentrale offensichtlich nicht.

Statt höhere Ziele für die CO2-Reduzierung aufs Korn zu nehmen, hätte man auch fordern können: „Die EU soll die Versorgungssicherheit und Sparsamkeit bei der Energieversorgung vorantreiben.“

Statt die ökologische Tierhaltung zu fördern hätte aus im Wahlomat stehen können: „Die EU soll den Verbrauchern überlassen, was sie für Fleisch essen wollen.“ Es kann ja auch sein, daß sich jemand vor Fleisch ekelt oder Biobauern für Tierquäler hält.

Statt den Verbleib von Edward Snowden zu thematisieren, wirklich ein Weg zur Abhörthematik durch die Hintertür, hätte man auch konkret eine Feststellung für die Freiheit des Internets und gegen digitale Aggression einstellen können.

Wieso hat die Bundeszentrale gegen die Straße gewütet? Sie hätte doch auch schreiben können:  „Bei der Infrastrukturförderung durch die Europäische Union: Schiene und Straße vor sinnlosen Regionalflugplätzen!“

Statt des Verbots von Produkten mit irgendeiner Energieeffiezienz hätte die Feststellung heißen können:  „Die EU wird zu einer Zollunion mit freien Märkten. Den Rest regeln die Nationalstaaten.“

Statt der Einführung eigener Steuern der EU zur Deckung ihres Haushaltes, wäre folgende Feststellung bürgernäher gewesen:  „Es gibt keine Fraktionsgelder für das Europaparlament.“  Oder: „Die Vergütungen der EU-Beamten werden nach den Gesetzen des Arbeitsorts besteuert und nach denen des entsendenden Landes sozialversichert. Extrawürste gibt es nicht mehr. Übergangsgelder und Abfindungen für EU-Politiker und Beamte werden verboten und unter harte Strafe gestellt.“

Statt der Feststellung: „Die Europäische Union soll sich langfristig zu einem europäischen Bundesstaat entwickeln“ hätte man auch schreiben können: „ Die EU hat nur noch folgende Ressorts: Binnenmarkt und Wettbewerb,  Zollunion und Betrugsbekämpfung.“

Forderungen zum politischen Apparat fehlen ganz, zum Beispiel:

„Die Vergütungen der EU-Beamten werden so reduziert, daß sie deutlich unter dem Gehalt des Bundeskanzlers liegen“
„Kontakte von EU-Parlamentariern und EU-Beamten mit Lobbyisten sind unverzüglich in eine Internet-Plattform einzustellen und für den Wähler transparent zu machen.“
„Die Diäten der Europaparlamentarier betragen einheitlich € 4.000 monatlich zuzüglich nachgewiesener Reisekosten und eines Dienstzimmers im Parlamentsgebäude. Kostenerstattung für Mitarbeiter gibt es nicht. Steuern und Sozialabgaben auf die Diäten wie bei EU-Beamten.“
„Das  EU-Parlament wird auf 300 Abgeordnete verkleinert“
„Änderungen der Verträge werden durch Volksabstimmung in den Mitgliedsländern bestätigt oder auch nicht“
„Der Parlamentsstandort in Straßburg wird aufgelöst“

Ja, was hätte man alles in den Wahlomat einstellen können? Alles was den parasitären und aufgeblasenen politischen Betrieb betrifft haben die Politplaner vom Innenministerium lieber weggelassen. Andere Themenstellungen sind berührt worden, aber aus grüner Perspektive.

Trotz der manipulativen Fragen habe ich den Wahlomat-Test gemacht. Erwartungsgemäß ist das Ergebnis etwas verzerrt. Einige Parteien, die ich nicht mal mit der Kneifzange anfassen würde, kommen im Test noch mit einem blauen Auge davon. Es sind zufällig die Berliner Bundestagsparteien…