Gute Stasi – böse Stasi

Kürzlich berichtete die WELT über die Stasi-Vergangenheit eines sächsischen Polizeioffiziers. Anlaß waren Krawalle von Umas in Bautzen.

„Es ist der Bautzener Polizeichef, der mit seiner ganz eigenen Interpretation des Geschehens überrascht. Polizeidirektor Uwe Kilz, 56, weist die Schuld an der Eskalation eindeutig einer Seite zu: den „Uma“, wie unbegleitete minderjährige Asylbewerber im Bürokratendeutsch heißen.

Nach der Darstellung von Kilz waren die „Uma“ als Erste aggressiv geworden und hatten dadurch eine Gegenreaktion hervorgerufen. Und zwar bei jungen Frauen und Männern „deutscher Herkunft“, die „relativ eventbetont“ unterwegs gewesen seien und versucht hätten, „sich dieser unbegleiteten minderjährigen Asylbewerber zu bemächtigen“. Mit keiner Silbe erwähnte Kilz, dass es sich bei den Eventfreunden um Rechtsradikale gehandelt hatte.

Immer wieder Sachsen. Längst sind Übergriffe auf Flüchtlinge zu einem Markenzeichen des Freistaates geworden. Und nicht selten steht die sächsische Polizei am Pranger. Sind manche Beamte auf dem rechten Auge blind? Wird genug getan, um die Jagd auf Fremde zu unterbinden? Mit seinem Auftritt hat sich Kilz jedenfalls angreifbar gemacht.“

Und dann kommt der Bericht über seine Stasi-Vergangenheit. Es sind jedoch 27 Jahre seit dem Zerschneiden des Stacheldrahts vergangen. Und so gut wie keinen Journalisten hat es je gejuckt, daß ganz Deutschland in Parlamenten, Sicherheitsorganen, Künstlerverbänden und Kirchen von der roten Gestapo durchsetzt ist. Denn die Medien sind ja auch in Ost wie in West reichlich von Stasi infiltriert worden. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Solange die Polizei sich von der Lügenpresse gegen „Rächts“ instrumentalisieren ließ – wie in Sebnitz – war es den Journalisten deshalb völlig egal, aus welcher Schmuddelecke einige ältere Polizisten kamen. Sobald die Medien jedoch rassistischen Krawall gegen die Sachsen machen können, werden die Stasiakten rausgeholt und studiert.

Es gibt also gute Stasi und schlechte Stasi. Die Guten, die wie Frau Kahane die Medien in ihrem rassistischen Krieg gegen die Sachsen unterstützen und die pösen Stasis, die den Sachsen zur Seite stehen.

Diese interessengesteuerte Einteilung der Welt in anständig und unanständig ist fragwürdig. Denn dann müßte man die Gestapo, NSDAP und SS ja auch in gute Gestapo und schlechte Gestapo, in gute und schlechte NSDAP, in gute und böse SS unterscheiden. Und das vermutlich wieder wie es gerade in den Kram paßt.

Tatsächlich war es ja auch so. Die „guten“ Nationalsozialisten haben später in den Medien wichtige Funktionen ausgeübt: Kurt Blecha war von 1958–1989 Leiter des Presseamtes beim Vorsitzenden des Ministerrates. Karl-Heinz Gerstner war Chefreporter der „Berliner Zeitung“. Gerhard Kegel war stellvertretender Chefredakteur von „Neues Deutschland“, später Botschafter beim Sitz der UN in Genf. Die Liste der nationalsozialistischen Medienleute ließe sich fast beliebig fortsetzen. Mit Verurteilungen von „bösen“ Nazis dagegen wurde das Volk immer wieder in Angst und Schrecken versetzt.

In den 60er Jahren gab es noch reichlich „gute“ Nazis in den Schulen. Ich hatte so einen Musiklehrer Lerz. Das war ein schlimmer Choleriker. Wer keinen Igelschnitt mit abrasierten Haaren in Gürtelbreite überm Ohr hatte, wurde immer nur an den Haaren gezogen, in die Ecken gestellt und angeblääkt. In der letzten Stunde vor den Ferien las er immer mit großer Begeisterung, bebender Stimme und Tränen in den Augen aus einem Reformpädagogik-Roman der Vorkriegszeit vor. In diesem literarischen Machwerk zogen die Lehrer wenigstens nicht an den Haaren und brüllten nicht permanent. Da walteten die Pädagogen etwa so wie der junge Lehrer in der „Feuerzangenbowle“. Das Buch und Lerz illustrierten den Unterschied zwischen „Dichtung und Wahrheit“. Der Musiklehrer trug mittlerweile das Abzeichen der SED mit den zwei abgehackten Händen. War so ein typisches Exemplar vom „guten“ Nazi. Den Kerl fand ich schon als 8jähriger abartig, weil ich ständig nur Mode war.

Das Volk erkennt immer besser, daß das anlaßbezogene Ausgraben von Stasi- und NSDAP-Akten kurzfristigen Kampagnen und fragwürdigen politischen Zielen dient und deshalb nicht seriös ist. Der rote Faden, der ins Ministerium für Staatssicherheit führt, muß kontinuierlich gesucht und verfolgt werden, oder man sollte es lieber ganz lassen.