Schulz ist ein Entertainer wie Schröder

AfD, Linke und Grüne rätseln gerade herum, ob ihr derzeitiges Umfragetief mit Spitzbart, Bauch und Brille zu tun hat. Oder bei der AfD mit Höcke oder bei den Grünen mit dem Verbot von „Fuchs-du-hast-die-Gans-gestohlen“. Es spielt auch ein anderes weltpolitisches Ereignis herein. Aber dazu am Schluß.

Der Schulz-Hype hat nichts mit irgendwelchen Fakten zu tun, denn der SPD-Kandidat erzählt nichts, aber auch gar nichts Neues. „Make Europa great again“ ist schon ein Jahrzehnt lang sein Glaubenssatz. Und so sehr lieben die Deutschen Brüssel und den Euro nicht. Das Hoch hat etwas mit Gefühlen zu tun, mit Emotionen. Schulz wird sich nicht mit Argumenten bremsen lassen, sondern nur mit gefühlten Wahrheiten. Postfaktisches Zeitalter eben.

Einige Zeitungen und verschiedene Linkspolitiker versuchen ihn derzeit noch mit Argumenten zu stoppen. Bundesfinanzminister Schäuble sagte dem Lügenfernsehen: Der SPD-Kanzlerkandidat sei kein glaubwürdiger Kämpfer gegen das Establishment. „Herr Schulz ist doch kein Underdog, der irgendwo aus dem Wald kommt. Der Mann saß jahrzehntelang im Europäischen Parlament, zuletzt als Präsident. Wenn das kein Establishment ist, was denn dann?“ Der neoliberale Özdemir labert in der Lügenpresse, daß Schulz seinem Wahlkampf „sehr altbacken“ daherkomme. „Was hat er eigentlich für ein Gesellschaftsbild?“ Özdemir kennt viele ältere Menschen, die fit seien und gerne länger arbeiten wollten.

Ich kenne davon komischerweise keinen. Meine Nachbarn haben alle kaputte Knochen und sind froh daß sie mit Ach und Krach das Alter von 63 erreicht haben. Es wird Schulz auch nichts schaden, daß er in Brüssel richtig abgezockt hat. Über Özdemirs Flugkartenskandal spricht ja auch niemand mehr.

Die Strecke bis an die Bundestagswahlurne ist noch ein halbes Jahr lang. Der Weg dahin ist mit Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen gepflastert, die die SPD voraussichtlich gewinnen wird. Schon deshalb, weil Schulz verglichen mit der in ihrem winzigen Wortsteinbruch mühsam herumklaubenden Kanzlerin der viel bessere Redner ist.

Die CDU hat damit begonnen, sich im Wahljahr als Abschiebepartei darstellen, um sich gegenüber der SPD zu profilieren und der AfD etwas Wasser abzugraben. Ist natürlich völlig unglaubwürdig, weil die SPD-regierten Bundesländer den Teufel tun, mehr als in homöopathischen Dosen abzuschieben. Freie Hand hat die CDU in den Ländern nirgends, nur die CSU in Bayern kann ein paar Ausländer ausschaffen. Trotzdem wird die CDU auf das Thema setzen, damit irgendein Unterschied zur SPD und zu den Grünen erkennbar wird.

Und die SPD wird die Partei des kleinen Mannes spielen, obwohl sie die Armensteuern EEG, GEZ, Ökosteuer und die erhöhte Tabaksteuer in der Periode Schröder durchgedrückt hat. Spielt alles keine Rolle mehr. Denn CDU und FDP „vergaßen“ diese Steuern wieder abzuschaffen, als sie ohne die SPD regierten.

Die Grünen haben es schwer. Alle Themen wurden ihnen von Frau Dr. Merkel geklaut. Mehr noch als die SPD sind sie den amerikanischen Milliardären um George Soros und Melinda Gates hörig, weil diese die großen Geldkatzen für die rotgrünen „Nichtregierungsorganisationen“ verwalten. Die Grünen sind als klassische Partei der Geförderten, der Nettoprofiteure der Umverteilung, stramm auf Eine-Welt-Kurs und damit hart rußlandkritisch. Ihr Hauptauftraggeber, der Spekulant Soros, hat ihnen gerade noch einmal gesagt, daß Putin gefährlicher ist, als der Islamische Staat.

Im direkten Gegensatz zur Linkspartei, die das Verhältnis zu Moskau entkrampfen will. Die Fraktionsführerin der Linken, Frau Wagenknecht, fordert die Auflösung der Nato und ein kollektives Sicherheitssystem unter Einbindung Russlands. So hat sie es in einem Interwiev mit der Funke-Konzernpresse gerade frisch dahergesagt. Eng ist die Welt, und das Gehirn ist weit. Leicht beieinander wohnen die Gedanken, doch hart im Raume stoßen sich die Sachen (Schiller). In der Außen- und Sicherheitspolitik würde es nicht leicht sein, einen Konsenz von Rot-rot-grün herbeizuführen, da die Standpunkte diametral entgegengesetzt sind.

Die AfD ist die Partei jener Schaffenden, die in der öffentlichen Wahrnehmung, insbesondre in den Qualitätslügenmedien nicht mehr vorkommen. Sie war die Partei der Klimarettungs- und Euroskeptiker und der Kritik an der entgleisten Einwanderungs- und Sicherheitspolitik. Das Asylthema versucht die CDU zu besetzen, das Thema der Rentensicherung die SPD. Und bei der Ablehnung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr ist die Linke schon da. Für einen ganzen Strauß von Themen gibt es jedoch nach wie vor das Alleinstellungsmerkmal:  GEZ, Direkte Demokratie, Abstimmung über den Euro, Abschaffung der EEG-Umlage, schlanker Staat. Und vor allem Grenzsicherung.

Alle Konkurrenten von Martin Schulz müssen sich auf die Weckung von positiven Emotionen konzentrieren, wenn sie gegen ihn Erfolg haben wollen. Und sie müssen lebhaft auftreten können. Denn Schulz ist ein Entertainer wie früher Gerhard Schröder. Frau Merkel ist mit ihrer kaum kaschierten Stotterei gegen ihn rhetorisch so wehrlos, wie vormals gegen Kanzler Schröder, der auch den Stein geküßt hatte, der besondere Beredsamkeit verleiht. Ebenbürtige Gegner auf dem Platz sind in der deutschen Politik nur Sahra Wagenknecht (wenn sie von einigen Idioten in ihrer Partei mal in Ruhe gelassen wird), Björn Höcke (wenn er grad einen rationalen Tag erwischt) und der oft unterschätze Armin-Paul Hampel, ein rhetorisches Naturtalent.

Zum Schluß ein wichtiges Detail: Die SPD hat wie bei Schröder 2001 bis 2005 den Nationalismus wieder für sich entdeckt, speziell den Antiamerikanismus. Derzeit herrscht in den Medien eine Art Donaldismus, man beschäftigt sich intensivst mit der Familie Trump und der Erforschung der familiären, genetischen, politischen, finanziellen, soziologischen und gruppendynamischen Prozesse rund um das Weiße Haus und den Trump Tower. Das negative Bild, das täglich transportiert wird, nutzt hinsichtlich der Stimmung derzeit der SPD, die sich an die Spitze der Kritiker des neuen Präsidenten gesetzt hat. Trump hat in deutschen Meinungsumfragen nur etwa 12 bis 15 % Zustimmung.

Dieser Anti-Trump-Hype wird sich bis zur Bundestagswahl in dieser Dimension nicht aufrecht erhalten lassen. Zum einen reißt eine Gewöhnung ein, die Medien können nicht jeden Tag dasselbe erfinden, zum anderen ist Trump so negativ gezeichnet worden, daß die Realität sich dagegen positiv abheben wird. Bei Ronald Reagan ließen der Medienhaß gegen ihn und die ganze Aufregung auch relativ schnell nach. Helmut Schmidt war von Anfang an relaxed. Er konnte mit dem Vorgänger von Reagan, dem Erdnußfarmer Jimmy Carter nichts anfangen, der ihm – dem selbst gefühlten Weltökonomen – ständig mit den „Menschenrechten“ auf die Nerven fiel.

Und die heutigen Sozialdemokraten unterliegen einem Irrtum: Daß sich die Geschichte wiederholt und Trump so eine lahme Ente sein wird wie George W. Bush sie gewesen ist. Bush war aus demselben Holz geschnitzt wie Obama und die SPD: Er wollte die Welt verbessern und Arabien demokratisieren. Er war ein Idealist, und spinnerige Leute sind nun mal leichte Gegner, weil sie Fehler machen. Der Irak-Krieg und der Afghanistan-Feldzug waren zwei riesige und teure Fehler, schon im Grundansatz. Da hatte es Schröder leicht zu opponieren und er hatte ja was den Irak betraf auch Recht.

Trump ist aus einem anderen Holz geschnitzt, so wie die meisten Leute aus seinem Team. Er will die Welt nicht verbessern. Er wird nur mehr aus ihr rausholen. Daß die USA die Hälfte der Rüstungsausgaben der NATO trägt: Das wird Geschichte sein. In irgendwelche bunten Revolutionen weltweit wird er kein Geld stecken. Das wird er den Hollywood- und Wallstreet-Millionären sowie dem deutschen Steuerzahler überlassen. Die Anti-Trump-Rakete, auf der Schulz derzeit im Stile des Barons Münchhausen erfolgreich reitet, wird schon bis zum September deutlich an Schubkraft verlieren. Egal wer Kanzler wird, Merkel oder Schulz: Aus dem Osten, dem Süden und dem Westen wird sich der Druck erhöhen, in Berlin wieder geschmeidiger zu agieren.

Es gibt noch so ein ungeschriebenes Gesetz der Bundestagswahlen. Wer die letzte Landtagswahl vor der Bundestagswahl verliert, gewinnt die Bundestagswahl. Das ist seit den sechziger Jahren nie anders gewesen und gründet sich auf den Hang des Wählers keine Seite zu mächtig werden zu lassen. Die letzte Landtagswahl vor dem September findet in Nordrhein-Westfalen statt. Und da hat die CDU eine Lusche, äh, eine Lasche aufgestellt….