Der Warschauer Pakt 2.0 als Alternative

Wir sollten viel öfter über die Grenzen zu unseren europäischen Nachbarn schauen, deren Meinungen zur Kenntnis nehmen und ggf. respektieren. Der Kommentator der polnischen Zeitung „Rzeszpospolita“ Jerzy Haszczyński hat unter dem Titel „Europäische Landschaft mit Polexit im Hintergrund“ seine Sorgen über einen Austritt Polens aus der EU niedergeschrieben.

„Einige Kollegen diskutieren bereits, wie es nach dem Polexit weitergehen soll. Hoffen wir, dass das eine sinnlose Debatte ist.

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Polen die EU verlassen wird. Obwohl das nicht jedem als Tragödie erscheint – die Stimmen „und was ist diese Union für uns“ sind jetzt hörbarer als vor dem Streit zwischen der PiS-Regierung und Brüssel. Ich erinnere daran, dass im Referendum 2003 sogar 22,5 Prozent gegen den Beitritt zur Gemeinschaft waren. Nicht jeder hat wahrscheinlich seine Meinung geändert, seit wir in der EU sind.

Der Prozess, der am Mittwoch begann, nachdem die Europäische Kommission Artikel 7 in Kraft setzte, kann zu einer erheblichen Zunahme der EU-Aversion in Polen führen und schließlich den Polexit real machen. Offiziell wollen das weder Brüssel, noch die polnische Regierung noch irgendein Mitgliedstaat. Und diese Annahme muss in den nächsten Stadien der Feststellung, dass Polen rechtswidrig gehandelt hat, berücksichtigt werden.

In der nächsten Phase würde der Kommissionsvorschlag verworfen, wenn sechs Länder der Ansicht sind, dass die Bestrafung Polens keine gute Idee ist und bei der Abstimmung dagegen stimmen oder sie vermeiden. Das ist nicht unmöglich. Offizielle und inoffizielle Informationen deuten darauf hin, dass es mindestens acht Länder gibt, die als solche betrachtet werden können (Ungarn, die Tschechische Republik, die Slowakei, Rumänien, Litauen, Lettland, Estland, das Vereinigte Königreich und vielleicht sogar Spanien).

Diese Zweifler am Sinn, Polen mit Artikel 7 an die Ränder der Union zu drängen, erkennen ein äußerst delikates Spiel. Wir konnten seine Ambivalenz am Donnerstag während des Besuchs des Leiters des britischen Rates in Warschau sehen. Es ist schwer vorstellbar, dass andere Länder außer Ungarn einen Konflikt mit Brüssel, Deutschland und Frankreich riskieren würden (Strafbefürworter), wenn die Regierung von Mateusz Morawiecki keine Kompromisse eingeht. Vor allem die kleinen und unglücklichen baltischen Staaten, die nach dem Polexit keine Grenze mit der EU, aber immer noch mit Russland haben würden.

Es genügt jedoch nicht, dass Polen die Urteile des EU-Gerichtshofs zum Bialowieza-Wald einhält. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob der neue Premierminister wirklich die Kompetenz des Lotsen in europäischen Gewässern hat.“

Soweit Jerzy Haszczyński. Insbesondere für die baltischen Republiken ist es eine existenzielle Frage, daß Polen in der EU bleibt. Andererseits könnten sie mit den Visegrad-Staaten und verschiedenen Balkanrepubliken zusammengeschlossen einen osteuropäischen Bund, einen neuen Warschauer Pakt als Gegengewicht zur EU bilden, der sich auf den militärischen Beistand der Vereinigen Staaten oder Chinas stützt. Das wünscht man sich in ganz Europa sicher nicht, es wäre aber ein Plan B, wenn alle anderen Mittel gegen Merkel und Macron versagen.

Der verwunderte Leser fragt sich: Was ist denn Plan A ? Das Taktieren und Zuwarten auf den Sturz von Merkel ist der eigentliche Plan für Ost- und Südeuropa. Mit ihrem Rücktritt würden sich viele europäische Verspannungen relativ schnell in Luft auflösen. Nicht nur mit Ungarn und Polen, sondern auch mit Großbritannien und mit den Euro-Opfern der Mittelmeerregion. Eine Spaltung Europas würde vermieden werden, ein Bund des lateinischen Europas unter französischer und deutscher Führung wäre auf lange Sicht erfolgversprechender, als ein Europa der zwei Blöcke. Dafür müssen die deutschen und französischen Eliten ausgetauscht werden, flexiblere und verständigere Politiker aus der Generation Kurz sollten das Ruder übernehmen. In Deutschland ist das schmähliche Ende von Dr. Merkel in Sichtweite.