Die Grünen bereiten die Diktatur vor

Die europäischen Elitaristen konnten die parlamentarische Demokratie als etwas Egalitäres noch nie wirklich leiden. Ihnen schwebte immer eine regierende „Geistesaristokratie“ als Führerriege vor, unter der man sich natürlich jeweils selbst verstand. Das war im Bolschewismus leninscher und stalinscher Prägung so, im Nationalsozialismus, im italienischen Faschismus und in allen anderen Sekten der europäischen  Jugendbewegung, also auch im Kommunistischen Bund Westdeutschlands (KBW), der die deutschen Zügel heute fest in der Hand hält.

In der „WELT“ wurde unter dem Titel „Die gute, alte Demokratie der Bürger gibt es nicht mehr“ ein grüner Abgesang auf die bürgerliche Demokratie veröffentlicht.

Der zugrundeliegende Text wurde als gekürzte Fassung aus der Festschrift zum 70. Geburtstag des KBW-Funktionärs Winfried Kretschmann „Gegenverkehr. Demokratische Öffentlichkeit neu denken“ entnommen, herausgegeben von Ralf Fücks und Thomas Schmid.

Thomas Schmid ist ein sehr schillernder Journalist und gehörte in den wilden 60ern zur Studentenbewegung, in den 70ern zur Sponti-Szene, in den 1980er Jahren war er Politiker der Grünen. Ralf Fücks war umstrittener grüner Bremer Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz, Bürgermeister und von 1997 bis 2017 Vorstandsmitglied der Heinrich-Böll-Stiftung. Natürlich gehörte auch er der grünen Kaderschmiede KBW an.

Lesen wir uns mal ein. Nach einem etwas blauäugigen und verklärten Rückblick auf die kleine und übersichtliche griechische Polis, den Geburtsort der Demokratie, heißt es:

„Doch es liegt auch auf der Hand, dass diese Polis für immer passé ist. Denn dafür sind moderne Gesellschaften zu groß und zu fragmentiert. Es kann den Bürger, der voll in seinem Gemeinwesen aufgeht und es gänzlich versteht, nicht mehr geben. Jeder ist da und dort, jeder hat viele Rollen, an jedem zerren vielfältige Kräfte. Es wäre daher sinnvoll, von der Idee Abschied zu nehmen, es könne den öffentlichen Raum wirklich geben. Ein schwächerer Begriff von Öffentlichkeit könnte sich als der stärkere und widerstandsfähigere erweisen.“

Der amerikanische Skeptiker der Demokratie Walter Lippmann wird von Fücks und Schmid bemüht, hielt er doch die Idee für abwegig, die Gesellschaft könne im Medium der Öffentlichkeit Mittel und Wege finden, sich über die Anliegen des Gemeinwesens wirkungsvoll und vollständig zu verständigen.

„In einer komplexen Gesellschaft mit riesigem Koordinierungsbedarf ist, so Lippmann, kaum Platz für räsonierende Politik. Regieren bestehe vielmehr vor allem aus technischem und fachlichem Verwaltungshandeln: Hygiene, Gesundheitswesen, Städtebau, Infrastruktur etc. Der normale Bürger kann und soll darüber nicht entscheiden, es fehlt ihm die Expertise. Es genügt, wenn er – durch die sortierenden Organe der Öffentlichkeit informiert – willkürliche Machtausübung im Wahlakt kontrolliert.

Der Skeptiker Lippmann hielt also so etwas wie eine durch Wahl legitimierte Aristokratie für das Höchste der demokratischen Gefühle. Wir sollten das nicht voreilig als elitären Funktionalismus verurteilen. Vergleicht man das, was heute im Medium der Öffentlichkeiten über das politische Geschehen ventiliert und erörtert wird, mit dem, was den Alltag des politischen Gesetzgebungs- und Verwaltungsapparats ausmacht, dann wird schnell deutlich, dass das, was im agonalen politischen Diskurs erscheint, nur die Spitze eines Eisbergs darstellt, in dessen riesigem Untergeschoss weithin die Herren und Damen der Sachrationalität das Sagen haben. Wer Demokratie ernst nimmt, sollte besser nicht von Idealzuständen und maximalen Partizipationsreichweiten träumen.
Sind wir geistig von Polis und Agora inspiriert, dann sehen wir in der Demokratie gerne eine Rede- und Diskursveranstaltung: In einem prinzipiell endlosen Prozess von Rede, Gegenrede und Gegengegenrede werde das politisch Beste ermittelt. Dazu passt so schön, dass der Name Parlament von parler herkommt. Reden, Gespräch, Unterredung, Erörterung steckt darin, heute könnte man die Aufzählung um die herrschaftsfreie Kommunikation ergänzen. Doch das ist tückisch und lockt auf eine falsche Fährte. (…) Öffentlichkeit als allzeit verbindliches Gebot überfordert Menschen und Gesellschaften.

Wenn schon Aristoteles die Kluft zwischen den beschränkten Fähigkeiten der Bürger und der Komplexität seiner Umwelt beklagte, um wie viel lauter muss die Klage heute ausfallen. Die Spannung zwischen dem Gebot normativer Einigkeit und dem Wirrwarr der multikulturellen und vielstimmigen Dialoge und Gespräche können wir nicht auflösen. Auch Fragmentierung ist unser Schicksal. Wir sind Bewohner eines Durcheinanders von Teilöffentlichkeiten, die sich manchmal eng, manchmal lose und oft genug gar nicht berühren. Es verschafft der Republik Halt, wenn die Bürger lernen, damit gewaltfrei, neugierig und gesprächsbereit umzugehen.

Der Weg zurück zu den Quellen, zu den in mythischem Dunkel liegenden Ursprüngen von Polis oder Stadtstaaten, ist nur begrenzt hilfreich: tempi passati.“

Soweit die Anhänger des Kommunistischen Bundes Westdeutschlands, die in der einstmals großbürgerlichen „WELT“ ihr Sprachrohr gefunden haben. „Tempi passati“, das heißt für den Nichtitaliener: Die Zeiten sind um.

Die Feststellung, daß dem Bürger derzeit die Kontrolle über die Politik entgleitet ist zweifellos richtig. Das war allerdings in der überschaubaren Polis Athen zuweilen auch der Fall. Nur ein Beispiel: 415 v. Chr. wurde eine Volksversammlung einberufen. Der Stratege Nikias warnte vor einem geplanten Feldzug gegen Syrakus, da man bereits genug Feinde habe und Sizilien groß und zu weit entfernt sei; das Risiko sei daher nicht kalkulierbar. Sein Rivale Alkibiades plädierte für den Feldzug und überzeugte die Athener mit einer leidenschaftlichen Rede. Die Expedition wurde zum Desaster. 30.000 Athener und ihre Verbündeten wurden nach ihrer Niederlage versklavt und in den sizilianischen Steinbrüchen zu Tode gearbeitet. Überschaubarkeit der Verhältnisse, Bekanntheit der Akteure und Richtigkeit von Entscheidungen waren auch am Anfang der Demokratie völlig unabhängige Variablen. Demokratie hatte mit „Richtigkeit“ von Entscheidungen kurzfristig nie etwas zu tun. Mittelfristig konnte man allerdings Versager loswerden, die in einer Diktatur ihre Untertanen bis zum Lebensende quälen können.

Der Kontrollverlust des Bürgers wird unzweifelhaft durch eine Entwicklung gefördert: Durch die Verlagerung der Entscheidungen von der Gemeindeebene auf immer entferntere und übergeordnete Körperschaften. Über die Aufnahme eines „Flüchtlings“ kann man auf der Gemeindeebene, auf der übrigens alle Konsequenzen zu tragen sind, demokratisch entscheiden. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts war das auch überall üblich. Ohne Nachweis einer gesicherten Existenz und ein wohlwollendes Zeugnis der abgebenden Gemeinde hatte man als Bewerber vor der Gemeindeversammlung der aufnehmenden Kommune ganz schlechte Karten. Heute entscheidet das demokratisch nicht legitimierte Flüchtlingshilfswerk der UNO und kippt den Bürgern, die schon immer irgendwo wohnen, die Probleme einfach vor die Füße.

Demokratie ist ohne Subsidiarität nicht möglich. Letztere wurde seit etwa 1860 immer mehr ausgehöhlt. Warum braucht es zum Beispiel ein vom Bundesland eingesetztes Staatliches Schulamt, welches die Lehrer zuteilt? Warum können das die Eltern nicht mehr selbst organisieren? Früher war das eine Selbstverständlichkeit, das Schulpersonal auf kommunaler Ebene selbst zu bestimmen. Warum werden fast alle Baumaßnahmen von Gemeinden in Mischverantwortung von Bund. Land und Gemeinde finanziert? Mißtraut man den Gemeinderäten? Hält man sie für inkompetent? Vor der Entmündigung der Kommunen (die fand in Deutschland um 1920 statt) wußten die Städte und Gemeinden sehr gut, wofür sie Geld ausgaben.

Ich selbst war 17 Jahre Bürgermeister. Immer wieder mußte die Gemeinde Geld für den Kindergarten in die Hand nehmen, aber ausgerechnet in diesen 17 Jahren gab es außer über Dorferneuerung kein Förderprogramm des Landes. Die Gemeinden sind finanziell so knapp ausgestattet, daß sie ohne Bund und Land praktisch handlungsunfähig sind. Sie werden finanziell permanent am Gängelband gehalten. Eine übergeordnete Gebietskörperschaft wie ein Bundesland kann nicht besser wissen, als die Leute vor Ort, was eigentlich prioritär erforderlich ist.

Heute werden immer mehr Kompetenzen nach Brüssel und ins Hauptquartier von Soros abgeschoben. Möglichst weit weg, man wird ja auch immer Verantwortung los, die dann ab einer gewissen Entfernung praktisch niemand mehr tragen muß.

Ein Gegengewicht wären Volksentscheide. Der Bürger könnte von Zeit zu Zeit mal die Notbremse ziehen, wenn die Prälatenhoffart der Legislative und der Exekutive zu offensichtlich wird. Wenn sich die Regierenden allzu weit von der Denkungsart des Volks entfernt haben. So ein heilsamer Schock dann und wann würde schon etwas disziplinieren.

Das zweite Mittel zur Stärkung der Demokratie wäre die Rückverlagerung von Kompetenzen auf niedere Ebenen. Zurück in den Diskursraum des Bürgers. Und das dritte Mittel wäre die Bewahrung einer annähernden Homogenität der Kultur.

Die „WELT“ bereitet uns mit Beiträgen wie „Die gute, alte Demokratie der Bürger gibt es nicht mehr“ auf die geplante grüne Diktatur vor. Die Dunkeldeutschen kennen das schon: Es war von der „sozialistischen Demokratie“ und vom „demokratischen Zentralismus“ die Rede, wenn man die krude und brutale Diktatur schönreden wollte. Das grüne Gefasel von „legitimierter Aristokratie“ und „elitärem Funktionalismus“ ist aus demselben Holz geschnitzt. Wir müssen mehr Kraft darauf verwenden, die grüne Ideologie zu entlarven. Sie ist antidemokratisch und faschistoid. Hitler war in vielen Belangen ein Grüner: Beim Tierschutz, beim Vegetarismus, beim Katastrophenglauben, bei der Präferenz für den Islam und wie man sieht auch bei der Abneigung gegen die bürgerliche Demokratie und öffentlich geführte Kontroversen.

Viele Grüne haben ihre politische Karriere als Claquere der Massenmörder Pol Pot und Mao begonnen, seitdem haben sie offensichtlich nicht viel dazugelernt. Das beweist die Festschrift für Kretschmann.