Merkels Bagdadbahn

1903 bis 1918 ließ Kaiser Wilhelm an der Bagdadbahn bauen. Es war eine persönliche Marotte von ihm. Die Bahn wurde wirtschaftlich ein Mißerfolg, zumal sie nach dem Ersten Weltkrieg durch französische und britische Mandatsgebiete führte. Politisch war sie eine Katastrophe, weil sie das britische Mißtrauen in die deutsche Außenpolitik verstärkte. Man befürchtete in London einen deutschen Militärstützpunkt im heutigen Irak und eine Bedrohung Indiens. Rußland war wegen seinen Besitzungen im Kaukasus und in Mittelasien auch angeätzt. Über die Aufteilung Persiens hatte man sich in London und St. Petersburg schon geeinigt, und nun drang Deutschland in den benachbarten Irak vor. Zusammen mit der deutschen Flottenrüstung und den Freundschaftsbekundungen des Kaisers gegenüber den Moslems beschleunigte die Bagdadbahn den Zusammenschluß Englands mit Frankreich und Rußland in der Entente. Denn diese drei Staaten beherbergten reichlich Moslems in ihren Kolonialreichen.

Nord Stream II könnte Merkels Bagdadbahn werden. Mit dem ehrgeizigen Projekt hat sie ihre letzten Verbündeten verärgert oder verloren: Die amerikanischen Ostküstenmedien, den französischen Präsidenten und die Grünen. Jetzt ist es nur eine Frage der Zeit, daß auch die Mainstreammedien zum Halali blasen. Der Belagerungsring um Berlin schließt sich wieder einmal. Man muß daran erinnern, daß deutsche Führer immer durch äußere Ereigbisse zu Fall gekommen sind: Honecker, Hitler und Wilhelm II sind über das Unverständnis außenpolitischer Verhältnisse und persönliche Marotten gestolpert. Warum nicht auch Merkel?

Als Merkel an die Macht kam, hatte Deutschland längst begonnen gegen seine kleineren Nachbarn zu stänkern. Die Schweiz, Italien, Österreich, Polen, Tschechien, die Niederlande und Dänemark wurden wegen steuerlichen Details oder rechten Parteien in der Regierung angegriffen. Das erfolgte nacheinander, so daß sich nicht sofort ein Bündnis gegen Deutschland bildete. Im Lauf der Zeit wurde Merkel immer anmaßender und insbesondere infolge der von ihr verlangten „Verteilung von Flüchtlingen“ bildeten sich doch feste Strukturen einer antideutschen Koalition. Die Wahlsiege von Trump, Kaczynski, Kurz, Salvini und Di Maio sowie die Brexit-Abstimmung komplettierten die Entstehung einer neuen Allianz gegen Deutschland. Alle sind wütend. Vor einem halben Jahr äußerte sich auch Hillary Clinton abfällig über Merkel, denn deren Sturheit hatte Clinton den Wahlsieg gekostet.

Inzwischen hat auch Frankreich keine große Lust auf die Achse Paris-Berlin mehr. Denn man sieht Merkels Untergang vorher. Die amerikanische Ostküstenpresse wird unfreundlich. John Vonocur, der ehemalige Chefredakteur der „International Herald Tribune“ stellte in einem WELT-Eintrag Merkels Bündnisfähigkeit in Frage. Diese Zeitung befindet sich unter dem neuen Namen „International New York Times“ im Eigentum der New York Times, nachdem die Washington Post ihren Anteil verkauft hatte.

Merkel war ein Jahrzehnt lang des europäische Hündchen von Präsident Obama und den Demokraten. Aber jetzt haben die ganz die Geduld mit der Berliner Autistin verloren. Von Demokraten und Republikanern wurde Präsident Trump in seltener Eintracht beauftragt, die Nord Stream zu verhindern. Es gibt nun wieder ein gemeinsames Projekt: Merkel zur Räson zu bringen.

Es schwirren zu den Gaspreisen einige tendenziöse Behauptungen in der Lügenpresse und im Netz herum. Darum ein paar Fakten. Bei den jüngsten Unterhandlungen in der EU ging es um die Durchleitungspreise von Gas in Europa. Denn die Nord Steam II kostet natürlich auch Geld. Es ist von 20 Milliarden € die Rede. Die müssen natürlich refinanziert werden. Für das Konsortium von fünf europäischen Firmen, die die Hälfte der Baukosten tragen, geht das natürlich nur über Aufschläge auf den Gaspreis. Hier hat sich die Kommission ein Mitspracherecht erstritten. Das ist erforderlich, damit alle europäischen Kunden einen fairen Preis zahlen. Insbesondere die OPAL-Leitung ist da wichtig. Sie führt über Deutschland, Tschechien und die Slowakei nach Österreich. An der JAMAL hängt wiederum Polen. Nun sind nicht nur die Abschreibungen der Nord Stream zu erwirtschaften, sondern es entstehen auch Kosten für den Gastransport in den Leitungen. Das Gas strömt ja nicht von alleine. Wegen der Kostentransparenz sind Durchleitungsgebühren seit jeher umstritten und ein Politikum. Bei leitungsgebundenem Transport gibt es keine Marktwirtschaft. Eine Leitung ist ein Monopol, welches nur mit anderen Leitungen oder mit Flüssiggas gebrochen werden kann.

Die Gewinnung von Gas in Sibirien erfolgt unter klimatisch schwierigen Bedingungen. Und auch relativ weit weg von den Verbrauchern. Ab einer Transportentfernung von 2.000 km ist der Tankertransport von Flüssiggas billiger, als das Abdrücken über die Pipeline. Jeder Kilometer Pipeline-Transport kostet Energie. Der Tanker-Transport natürlich auch, aber weniger.

In Amerika kostet Gas nur ein Viertel, als in Deutschand. In Kanada ist es noch etwas billiger. Der größte Kostenblock beim Flüssiggas ist die Ver- und Entflüssigung in teuren Anlagen. Letztlich sind in Europa Flüssiggas und leitungsgebundenes Erdgas aus Wettbewerbsgründen preislich immer auf Augenhöhe. Hauptlieferanten von Flüssiggas sind übrigens Katar und Algerien. Mehr Wettbewerb zwischen Russen, Arabern, Norwegern und zukünftig auch Amerikanern senkt die Preise.

2.000 km sind es von Berlin nach Moskau. In Moskau gibt es jedoch kein Gas. Bis in den autonomen Kreis der Jamal-Nenzen – ein ergiebiges Fördergebiet – ist die Leitung fast 6.000 km lang. Da kommen zu den Produktionskosten erhebliche Transportaufwendungen. Ein weiteres Fördergebiet erstreckt sich vom Nordmeer (Timan-Petschora Erdöl-Erdgas-Gebiet) am Ural entlang (Wolga-Ural Erdöl-Erdgas-Gebiet) bis zum Kaspischen Meer (Vorkaspi Erdöl-Erdgas-Gebiet). Die Transportentfernung ist etwas geringer, die zukünftige Förderung aber auch.

Alle Behauptungen, daß russisches, arabisches oder amerikanisches Erdgas billiger seien, sind zumindest in Europa Knödel. Gerade durch das vor allem in Süd- und Westeuropa angelandete Flüssiggas, aber auch durch norwegische und niederländische Vorkommen hat sich in Europa längst ein von Rußland nur schwer zu beeinflussender Wettbewerbspreis gebildet. Alle Behauptungen über teures Russengas und billiges Amigas oder umgekehrt gehören ins Reich der Propaganda.

Vielleicht werden wir jetzt Zeuge von Merkels Scheitern. Mit der Gaspipeline hat sie sich verrannt, so wie sich Wilhelm II mit der Bagdadbahn sein Mausoleum gebaut hat. Interessant war die Haltung der Grünen bei den europäischen Unterhandlungen zur Gasdurchleitung. Sie befinden sich aktuell im medialen Höhenflug und träumen von der Überrundung der CDU in der Wählergunst. Sie haben Merkel und Schröder volle Pulle in den Rücken getreten und eine antirussische Position eingenommen. AKK dagegen hat in Nibelungentreue zur Kanzlerin ihre Chance auf die eigene Kanzlerschaft vergeigt. Sie leistete sich in der Pipelinefrage einen Seitenhieb auf Trump. Sie hat noch nichts vom neuen Machtgefüge begriffen. Alle alten Fronten zerfallen, neue entstehen. Jedenfalls bis Merkel weg ist. Panta rhei.