Deutsche Einmischung in österreichische Angelegenheiten

Früher löste man so Kriege aus, heute bleibende Verstimmungen. Der Mainstreamkasper Böhmermann – die Bezeichnung Hofnarr wäre zu ehrenhaft – hatte bereits das Verhältnis zur Türkei mit Ziegenfickerreimen zerrüttet, jetzt hat er sich Felix Austria vorgenommen. Vor einer Woche verkündete er „Kann sein, daß morgen Österreich brennt“. Nun, heute brennt Österreich zwar nicht, es leidet jedoch unter einer von deutschen Strukturen ausgelösten veritablen Regierungskrise. Böhmermann kannte das Skandalvideo über ein Stelldichein mit einer gefakten Russin offensichtlich schon vor Wochen und der FPÖ-Vorsitzende Strache auch.

Am 26. März war mir aufgefallen, daß die FPÖ sich im EU-Parlament bei der Abstimmung über die Uploadfilter enthalten hatte. Ein Totalausfall. Ich hatte es hier gepostet, konnte es mir aber damals noch nicht erklären. Jetzt ist es einigermaßen klar warum, die Partei wurde wohl zu diesem Zeitpunkt bereits erpreßt.

Die Produktion des Skandalvideos war relativ aufwändig. Ein Zimmer mußte verwanzt werden, was einen erheblichen Arbeitsaufwand bedeutet. Eine Schauspielerin wurde engagiert und eingearbeitet. Sie mußte an die FPÖ-Granden standesgemäß – also relativ billig- herangeführt werden. Dinge, die insbesondere weil sie auf einer fernen spanischen Insel abliefen Zeit und Geld kosteten und die ich mir als einfacher Blogbetreiber nicht leisten kann. Irgendwo muß das Geld hergekommen sein. Es wird sich vermutlich in den nächsten Tagen herausstellen, daß es deutsches Geld war. Denn die deutschen Medien wußten zuerst Bescheid. Wie weit deutsche Geheimdienste beteiligt waren wird sich herausstellen.

Nun ist ein deutscher ÖR-Fernsehautor wegen der Finanzierungsmodalitäten des zwangsfinanzerten Staatsfernsehens nicht gerade staatsfern. Schon in der Erdogan-Affäre wirkte dieser Umstand in Ankara frustrierend. Ein Schelm ist, der die Yützel-Verhaftung in der Türkei nicht als Retourkutsche verdächtigt. Auch damals erfolgte seitens des Staatsrundfunks ein Eingriff in die Außenpolitik, der offensichtlich mit Rückendeckung des Berliner Kanzleramts erfolgte. Denn sonst wäre Böhmermann ja wegen Verstoß gegen den damals gültigen § 103 StGB (Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter) verhaftet und mutmaßlich verurteilt worden. Im Gegenteil: Die Kanzlerin ließ § 103 mit dem Jahreswechsel aufheben und amnestierte den Schmähdichter rückwirkend. Rechtlich ein ungeheuerlicher Vorgang, der einer vordemokratischen Bananenrepublik würdig ist. Jedwedes Recht löst sich in Merkels Hand in Nichts auf.

Solche Eingriffe der Medien bzw. von Agenten in die auswärtige Politik haben früher Kriege ausgelöst. Ich erinnere nur mal an die Emser Depesche 1870, mit der der deutsch-französische Krieg begann. Die Ermordung des Erzherzogs Franz Ferdinand, die den Ersten Weltkrieg auslöste. Die inszenierte Stürmung des Senders Gleiwitz, die am Anfang des Zweiten WK stand, der sogenannte „Hilferuf“ der Stalinisten, der 1968 als Begründung für die Invasion der Tschechoslowakei erforderlich war. Selbst der Fußballkrieg zwischen Honduras und El Salvador im Jahr 1969 wurde durch Medienberichte vom Zaun gebrochen.

Mit solchen Provokations- bzw. Undercoveraktionen eines Staatskaspers wie Böhmermann wird außenpolitischer Schaden angerichtet. Man kann zur Türkei und zu Österreich stehen wie man will. Aber Störaktionen eines Angestellten eines Staatssenders werden im Ausland als Regierungspolitik wahrgenommen, was sie auch sind. Hier ist in beiden Fällen das Prinzip der Nichteinmischung in die Politik ausländischer Staaten verletzt worden.

Kanzler Kurz wird Neuwahlen ansetzen, bei denen er mit seiner ÖVP Stimmengewinne verbuchen wird. Ob er eine Regierungsmehrheit auf die Beine stellt, oder auch nicht: Er wird genau wie gewisse italienische, polnische, tschechische, ungarische, rumänische, schweizerische, holländische und dänische Politiker eine Stinkwut auf die Deutschen haben. Und er bleibt der europäischen Politik vermutlich noch lange erhalten. Länger als Dr. Merkel.

Noch ein Wort zu Strache. Die russische Besetzung von Österreich war relativ gemütlich. Die Soldaten waren teilweise bei Bauern einquartiert. Als sie abzogen weinten sie und wie mir ein älterer österreichischer Freund aus einer niederösterreichischen Bauernfamilie versicherte: einige Bauern weinten beim Abschied mit. Die Russen zerstörten die österreichische Wirtschaft nicht, wie sie es sonst im Osten betrieben. Diese romantischen Reminszenzen im Nebel der 50er Jahre dürfen aber nicht zu völliger Kritiklosigkeit und Russophilie verführen.

Ich hatte in den 70ern zwei Jahre die Stasi mit am Tisch sitzen, ohne daß ich verhaftet worden bin. Das lag einerseits an den Führungsoffizieren, deren Dreck am Stecken ich ganz gut kannte. Andererseits an meiner Gelenkigkeit im Umgang und einem starken Mißtrauen in fremde Leute, deren Codes ich noch nicht geknackt hatte. An diesem Mißtrauen fehlt es vielen Leuten, die nicht im Sozialismus großgeworden sind. Sie glauben an irgendwelche Ideen, ohne die Leute, die dahinterstehen zu sezieren und wie eine Nuß zu knacken. Es ist fast alles Psychologie. Greta, Kevin, Böhmermann, Merkel und Hitler.

Der Kontakt mit der angeblich stinkreichen Oligarchen-Russentussi war im Übrigen völlig unmotiviert, weil weder Strache noch sein Spannemann Einfluß auf den Verkauf der Kronenzeitung haben, die zu etwas mehr als der Hälfte dem merkeltreuen deutschen Funke-Konzern gehört. Insofern war das aufgenommene Gespräch nur schräg, aber nicht sinnvoll.

Es gibt in der Politik ganz überwiegend Leute, die für die anstehenden Aufgaben zu klein geraten sind. Strache gehört auch dazu. Natürliche Auslese. Für die übrigen politischen Pygmäen sollte das Ende des österreichischen Vizekanzlers kein Grund sein sich groß zu fühlen.

Wie die kurzfristige Wirkung der Medienkampagne ist kann ich mir vorstellen. Sie wird der FPÖ schaden, weil nicht gerade ein hohes Maß an Professionalität und Seriosität herrschte. Nach einigen Wochen wird die Empörung über Strache der über die Piefkes weichen, die wieder einmal versuchen in Österreich einen deutschen Statthalter einzusetzen.

Piefke ist in Österreich das abwertende Wort für „Preuße“. Wikipedia schreibt darüber: Seine Funktion als Symbol für den typischen korrekten Preußen dürfte der Name aber vor allem seit der Niederlage des Deutschen Bundes mit Österreich gegen Preußen im Deutschen Krieg 1866 innehaben. Das verdankt er wohl nicht zuletzt dem bekannten preußischen Militärmusiker Johann Gottfried Piefke, der den Königgrätzer Marsch zur Feier des preußischen Sieges in der Entscheidungsschlacht komponierte und der auch bei der Siegesparade anwesend war und dirigierte.

Das Video wurde bei der Begrüßung des tschechischen Präsidenten in Berlin aufgenommen. In Österreich wird der Marsch natürlich nicht gespilet, denn nationale Verwundungen werden lange nachgetragen.