Der Qualitätsunterschied des politischen Personals

Youtube hat mir einen Zufallsfund beschert, der gerade vor dem dreißigsten Jahrestag steht. Die Rede von Orbán Victor bei der Umbettung von Imre Nagy am 16.06.1989.

Über den ungarischen Volksaufstand schreibt Wikipedia:

Als die Studentenproteste vom 23. Oktober 1956 – die offiziell als Unterstützung für die Arbeiter Polens begonnen hatten – zum Ungarischen Volksaufstand anwuchsen, setzte das kommunistische Zentralkomitee erneut Imre Nagy als Ministerpräsidenten ein. Am 28. Oktober erkannte Nagy offiziell die Revolution an. Er bildete eine Mehrparteien-Regierung und forderte die parlamentarische Demokratie und die Neutralität Ungarns. Ungarische Armee und Freiheitskämpfer wurden zur Nationalgarde vereinigt und unter die Führung von Béla Király gestellt.

Auch Armee und Polizei stellten sich nun auf die Seite der Revolution. Die in Ungarn stationierten sowjetischen Truppen waren machtlos, und Imre Nagy verhandelte mit Moskau, um für Ungarn eine Art Sonderstatus zu erreichen. Auch Nagys Gegenspieler János Kádár verhandelte mit den sowjetischen Machthabern und erklärte die Regierung Nagy für illegal; sowjetische Truppen wurden westwärts verlegt.

Drei Tage nachdem Imre Nagy am 1. November 1956 die Neutralität proklamiert und die Mitgliedschaft seines Landes im Warschauer Pakt aufgekündigt hatte, rückten sowjetische Panzerverbände in Ungarn ein und schlugen die Revolution blutig nieder. Bei den Kämpfen, die in Budapest bis zum 15. November dauerten, kamen etwa 2.500 Ungarn ums Leben. Die erhoffte Hilfe aus dem Westen, die Radio Free Europe angekündigt hatte, blieb aus.

Nagy ließ in Westungarn den Widerstand organisieren und einige Fluchtwege nach Österreich offenhalten, auf denen bis zum 21. November 1956 etwa 210.000 Ungarn fliehen konnten. Er selbst floh in die jugoslawische Botschaft, die dann drei Wochen lang von sowjetischen Panzern umstellt wurde. Als ihm der neue Regierungschef János Kádár Straffreiheit zusicherte, verließ Imre Nagy am 22. November 1956 die Botschaft, wurde jedoch mit seinen Begleitern vom KGB verhaftet und nach Rumänien in Isolationshaft deportiert.

Anderthalb Jahre später wurde ihm ein streng geheimer Prozess gemacht, der aber auf Magnetband aufgezeichnet wurde. Nagy wurde am 16. Juni 1958 wegen Landesverrates und versuchten Sturzes der „volksdemokratischen Staatsordnung“ verurteilt. Noch am selben Tag wurde er im Gefängnis von Budapest durch Hängen hingerichtet.

Der Studentenführer Orbán forderte schon eine geraume Zeit die Umbettung von Nagy, der in einem Massengrab mit dem Gesicht nach unten beerdigt worden war. Am 16.06.1989 war es endlich so weit. Der Gegenspieler von Nagy – János Kádár – war inzwischen im Mai 1988 von seinem Amt als Generalsekretär weggedrängt worden. Anfang 1989 benannte der Parteifunktionär Imre Pozsgay zum ersten Mal die Ereignisse von 1956 als Volksaufstand und nicht mehr als Konterrevolution. Am 16. Juni erfolgte die ehrenvolle Umbettung von Imre Nagy, gegen dessen Rehabilitierung sich Kádár bis zuletzt mit Händen und Füßen gewehrt hatte. Orbán hielt dabei eine der Reden:

Die Bevölkerung der Zone – außer natürlich die Bonzen – blickte im Frühjahr und Sommer 1989 fast täglich nach Warschau und Budapest, um den dortigen Zerfall des Stalinismus zu verfolgen. In Warschau lief bereits die Machtübergabe an die Opposition, in Ungarn wurden die Grenzanlagen abgebaut bei innenpolitischen Lockerungsübungen.

Orbán stand damals auf Seiten der neuen Zeit und riskierte wie alle Fortschrittsfreunde im Ostblock sein Leben, zumindest seine Unversehrtheit. Denn die Messen waren im Juni 89 noch lange nicht gesungen. Erst nach dem Sturz des Honecker-, des Ceausescu- und des Husak-Regimes und dem Zerfall der Sowjetunion war klar, daß es keinen Rückfall in das Blutbad des Sozialismus geben würde.

Sicher müssen wir Gorbatschoff dankbar sein. Aber der vielzitierte Friedensengel war er auch nicht. Am 13. Januar 1991, dem Vilniusser Blutsonntag, versuchte Moskau in Vilnius einen Putsch, was bewies, daß die Unterdrückungsmechanismen der Sowjetunion auch in der Zeit von Perestroika und Glasnost noch wirksam waren. Es gab in Litauen über 20 Tote und etwa 1.000 Verletzte. Soviel zu den Risiken der Umwälzung, die heute von den faschistoiden deutschen Systemmedien immer kleingeredet und kleingeschrieben  werden.

Ja, was machte Dr. Merkel eigentlich zu jener Zeit? Im Juni 1989? Da sieht man den Qualitätsunterschied des politischen Personals in Polen, Ungarn und Deutschland. Selbst die sowjetische Führung war zu dieser Zeit gedanklich weiter als die deutsche Kanzlerin.

Die nur um sich selbst drehende Opportunistin – sie war in der Zone so ziemlich der letzte Dreck, nämlich Reisekader – kritisiert an Orbán häufig rum, einem politischen Führer, der wenigstens Stehvermögen und eine demokratische Agenda hat. Verkehrte Welt.