Wie man mit ekligen Spitzeln umgeht

Diejenigen, die älter als Jahrgang 1970 sind, haben es gelernt mit inoffiziellen Mitarbeitern umzugehen. Da braucht man nicht viel erklären. Die Jüngeren haben es zuweilen mit durchgeknallten Lehrern und eifernden Vorgesetzten zu tun gehabt. Auch das bildet.

Da sind zunächst die Anwerbeversuche. Ich hatte in Weimar eine Bekannte, die das Interesse des Inlandsgeheimdienstes weckte. Zum einen hatte sie wegen der Vaterschaft ihrer Tochter laufenden Westkontakt zu einem Trotzkisten. Zum andern trafen sich an ihrem runden Tisch viele Leute, die den Staat nicht ganz so doll mochten. Als sie wegen dem Schutz der Demokratie usw, angesprochen wurde, erzählte sie das noch am selben Tag in der ganzen Stadt rum. So war sie als Quelle verbrannt.

Sie war übrigens diejenige pfiffige Person, die das Fachbuch gefunden hatte, wo drinstand, wie man Schwänze annäht, wenn sie abgebissen werden.. Dem Zahnarzt Dr. H. war das in der Sprechstunde passiert und es eilte. Zwei Jahre später war ich bei einem anderen Zahnarzt in Behandlung. Dr. H. ging grad über den Gang und mein Zahnarzt kommentierte: „Jetzt geht er mit der Pornozeitung aufs Klo“. Jetzt bin ich vom Thema abgekommen.

Mir hat immer geholfen, daß ich meine staatsfeindliche Hetze in Humor eingebettet habe. Vor nichts fürchten sich die Wichtigtuer des Staats mehr. als vor Lächerlichkeit. In letzter Zeit ist mir ein Imker aufgefallen, der ein Exempel geliefert hat.

Rico Heinzig aus Sachsen machte Werbung für seinen Honig mit dem Bild und Namen eines überbezahlten Mainstreamkaspers der Nationalen Front – Jan Böhmermann – nachdem Böhmermann in seiner umstrittenen Sendung „ZDF Magazin Royale“ den Imker kritisiert hatte. Böhmermann klagte daraufhin, wollte die Werbung verbieten lassen, aber die Gerichte urteilten gegen ihn, sowohl das Landgericht Dresden als auch das Oberlandesgericht Dresden.

Es war nicht der einzige Fall, wo Witz gegen den übergriffigen Staat hinter dem Staat gesiegt hatte. Meine Mama hatte in der Berliner S-Bahn einen Goebbels-Witz erzählt (Husch, husch, husch, alle Weiber in den Busch). Die Gestapo hatte mitgehört und fand das so witzig, daß Mama mit einer lächelnden Verwarnung wegkam.

Zuweilen ist es der Fall, daß Leute von Horch und Guck in Parteien eindringen. Ein Agent des chinesischen Geheimdienstes war nacheinander in drei Parteien eingetreten – darunter auch in die AfD – um zu spionieren. Inzwischen ist er lange weiter gezogen, im Landesvorstand war es ihm zu langweilig.

Zwei Männer, die große Erfahrung mit dem Inlandsgeheimdienst hatten, waren Robert Havemann und Wolf Biermann. Sie tauschten sich über die richtige Taktik zum Umgang mit dem Staat aus. Biermann berichtete ab etwa Minute drei:

https://youtu.be/weQYfl3AXWM

Man kann dazu verschiedener Meinung sein, ich stelle es mal zur Diskussion.

Weiters möchte ich noch ein paar persönliche Eindrücke mitteilen. Natürlich wurde immer über die Mitgliedschaft von Leuten in der Stasi spekuliert. Die meisten Verdächtigungen waren goldrichtig, einige wenige aber auch falsch, wie sich später rausstellte.

Ein Hebel Licht ins Dunkel zu bringen waren zum Beispiel Parteibeitragslisten. In Weimar war es einem Ingenieur in der Mittagspause gelungen die Beitragsliste der Hochschule für Architektur und Bauwesen einzusehen und es erhielten genau jene eine Vergütung vom MDI, die ohnehin im Verdacht standen. Auch heutzutage sind Silberlinge in der Regel steuerpflichtig. Das stelle ich mal als Denkanstoß in den Raum. Man muß sich immer fragen, wovon die Leute leben. Das Finanzamt macht das ja auch.

Nicht zu vernachlässigen waren Spannungen im Repressionsapparat. Es war durchaus nicht so, daß alle Spitzel und alle Genossen an einem Strick zogen. Dem Autor dieser Zeilen sind mehrmals haarsträubende Differenzen in der Unterdrückungsmaschinerie aufgefallen. Es war das übliche: Manupulationen am Lebenslauf mit heimlicher Hinfortschaffung von Verwandten mit Westbezug, Oder persönliche Differenzen zwischen Kadern. Es ging soweit, daß unbeliebte Kundschafter blosgestellt wurden. Zum Beispiel als eine Spitzelin als solche im Betreb bekannt gemacht wurde und in eine Außenstelle mit nur 6 Mitarbeitern abgeschoben wurde oder als Generaldirektor Biermann im Zeiss-Kombinat dem Stasi-Professor Mütze den Schlips abschnitt.

Es hat sich immer bewährt als Interessent an solchen schmutzigen Sachen ein geduldiger Zuhörer zu sein. Man brauchte nicht fragen, irgendwann lösten sich die Zungen, weil als Zuträger oft gesprächige Leut angeworben werden. Die schnattern stundenlang rum und warten, daß jemand was anzugliches antwortet. Als schillernde Gestalt war ich oft Kummerkasten, kaum ein Halunke ist wirklich dicht. Ich behaupte mal, daß man mit etwas Verstand viele Räthsel lösen kann.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Gefährlich ist’s den Leu zu wecken, Verderblich ist des Tigers Zahn; Jedoch der schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn. (Friedrich Schiller)