Die Spaltung der Gesellschaft

Von der Generation X, Y und Z zu phantasieren endet wie für jeden Generalisten, der bekanntlich von allem nichts weiß, in groben Verallgemeinerungen und dubiosen Momentaufnahmen, die ins verrottete Schaufenster der Lügenmedien gestellt werden.

In der Wirklichkeit gab es schon immer die Sphäre der zur Illusion privilegierten Stände und die der Schaffenden. Beide Bereiche standen sich seit Nebukadnezar und Ramses gegenüber, oft in herzlicher Abneigung, manchmal mehr kurzfristig auch zum gegenseitigen Vorteil und befriedet.

Heute habe ich aus der Literatur mal ein Exempel herausgefischt, welches mir aus dem Deutschunterricht in Erinnerung geblieben ist. Hermann Hesse schrieb 1906 „Unterm Rad“. Hesse war selbst Elitarist vom Feinsten, sah aber die Welt des Handwerks als fast ebenbürtig mit der der Intellektuellen. Das war dem Wandervogel-Zeitgeist mit seiner Verklärung der Zünfte geschuldet und war damals Mainstream. Folgen wir seinem Beschrieb, zunächst der akademischen, dann der handwerklichen Sphäre:

„In liebevoller Fürsorge hat die Regierung dies herrliche, weltfern gelegene, hinter Hügeln und Wäldern verborgene Kloster den Schülern des protestantisch-theologischen Seminars eingeräumt, damit Schönheit und Ruhe die empfänglichen jungen Gemüter umgebe. Zugleich sind dort die jungen Leute den zerstreuenden Einflüssen der Städte und des Familienlebens entzogen und bleiben vor dem schädigenden Anblick des tätigen Lebens bewahrt. Es wird dadurch ermöglicht, den Jünglingen jahrelang das Studium der hebräischen und griechischen Sprache samt Nebenfächern allen Ernstes als Lebenziel erscheinen zu lassen, den ganzen Durst der jungen Seelen reinen und idealen Studien und Genüssen zuzuwenden. Dazu kommt als wichtiger Faktor das Internatsleben, die Nötigung zur Selbsterziehung, das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Die Regierung, auf deren Kosten die Seminaristen leben und studieren dürfen, hat hierdurch dafür gesorgt, daß ihre Zöglinge eines besonderen Geistes Kinder werden, an welchem sie später jederzeit erkannt werden können — eine feine und sichere Art der Brandmarkung und ein sinniges Symbol der freiwilligen Leibeigenschaft. Mit Ausnahme der Wildlinge, die sich je und je einmal losreißen, kann man denn auch jeden schwäbischen Seminaristen sein Leben lang als solchen erkennen. Wie verschieden sind die Menschen und wie verschieden die Umgebungen und Verhältnisse, in denen sie aufwachsen! Das gleicht die Regierung bei ihren Schützlingen gerecht und gründlich aus, durch eine Art von geistiger Uniform oder Livree.“

Als Hans bei dem schönen Sonnenschein durch die Gassen schlenderte, hatte er seit Monaten zum erstenmal wieder eine Freude am Sonntag. Die Straße war feierlicher, die Sonne heiterer und alles festlicher und schöner, wenn man Arbeitstage mit schwarzen Händen und müden Gliedern hinter sich hatte. Er begriff jetzt die Metzger und Gerber, Bäcker und Schmiede, die vor ihren Häusern auf den sonnigen Bänken saßen und so königlich heiter aussahen, und er betrachtete sie nimmer als elende Banausen. Er schaute Arbeitern, Gesellen und Lehrlingen nach, die in Reihen spazieren oder ins Wirtshaus gingen, den Hut ein wenig schief auf dem Kopf, mit weißen Hemdkragen und in ausgebürsteten Sonntagskleidern. Meistens, wenn auch nicht immer, blieben die Handwerker unter sich, Schreiner bei Schreinern, Maurer bei Maurern, hielten zusammen und wahrten die Ehre ihres Standes, und unter ihnen waren die Schlosser die vornehmste Zunft, obenan die Mechaniker. Das alles hatte etwas Anheimelndes und wenn auch manches daran ein wenig naiv und lächerlich war, lag doch dahinter die Schönheit und der Stolz des Handwerks verborgen, die auch heute noch immer etwas Freudiges und Tüchtiges vorstellen und von denen der armseligste Schneiderlehrling noch einen kleinen Schimmer erhält, den kein Fabrikarbeiter und auch kein Kaufmann hat.

Wie vor dem Schulerschen Hause die jungen Mechaniker standen, ruhig und stolz, Vorübergehenden zunickend und untereinander plaudernd, da konnte man wohl sehen, daß sie eine zuverlässige Gemeinschaft bildeten und keines Fremden bedurften, auch am Sonntag beim Vergnügen nicht.“

Soweit die Skizze von Hermann Hesse. Ich erinnere mich, wie in Ostberlin das sog. „Rote Kloster“ relativ abgeschirmt von der Gesellschaft existierte. Auch die Hoftromperterausbildung in Leipzig wurde rotes Kloster genannt. Oftmals war eine kasernierte Abschirmung der Unis nicht nötig, es reichte der Dünkel zur scharfen Abgrenzung.

Schon früh redete man von akademischer Freiheit, die Unis hatten oft eine eigene Gerichtsbarkeit und einen Karzer. Meine Großmutter beherbergte den ewigen Studenten von Zitzewitz, der eigentlich nicht wußte, wo der Eingang zum Hörsaal war. Er vertrieb sich die Zeit in der Gastwirtschaft, wo sein Stuhl auf einem Tisch stand, oder auf dem Paukboden, wo man sich Gesichtsverletzungen beibrachte.

Diese Freiheit hat oft in den Antisemitismus geführt, insbesondere in den 20er Jahren und heutzutage machten sich prenationalsozialistische Strömungen breit. Das betraf und betrifft offensichtlich nicht nur Deutschland, sondern auch das Ausland. In den 20ern hatte das nichts mit Israel zu tun, weil es das noch nicht gab. Es reichte das Feindbild vom jüdischen Kapitalisten.

Das ZK-Mitglied Ruth Fischer lud am 25. Juli 1923 zu einer Versammlung kommunistischer Studenten, zu der auch jugendbewegte Kommilitonen eingeladen waren. Hier ein Zitat:

Sie rufen auf gegen das Judenkapital, meine Herren?. Wer gegen das Judenkapital aufruft, meine Herren, ist schon Klassenkämpfer, auch wenn er es nicht weiß. Sie sind gegen das Judenkapital und wollen die Börsenjobber niederkämpfen. Recht so. Tretet die Judenkapitalisten nieder, hängt sie an die Laterne, zertrampelt sie. Aber, meine Herren, wie stehen Sie zu den Großkapitalisten, den Stinnes, Klöckner?“ Am 22. August 1923 berichtete der sozialdemokratische „Vorwärts“ unter der Überschrift „Hängt die Judenkapitalisten. Ruth Fischer als Antisemitin“ genüßlich über die neue kommunistische „Linie“.

Die Studentenvertretungen an deutschen Unis waren schon Ende der 20er Jahre fest in nationalsozialistischer Hand, als die NSDAP in Parlamenten noch eine Randerscheining war.. Derzeit kämpft Donald Trump gegen die antisemitische Unterwanderung ehemaliger Eliteunis in Amerika.

Derweilen ist die Distanz zwischen den Schaffenden und den zur Illusion privilegierten Ständen in einigen westlichen Ländern in Haß umgeschlagen, in die sog. Spaltung der Gesellschaft. Auf Dauer führt das natürlich weg von demokratischen Traditionen. Es ist erforderlich, die Machtfülle der NGOs zu brechen, und eine Normalisierung einzuleiten. Präsident Trump ist gerade dabei. Ich wünsche ihm ein glückliches Händchen.