Seltene Erden als Druckmittel
Thomas Kolbe hatte zu dem Thema Chinahandel schon bei Tichy publiziert, heute fand ich einen Eintrag auf ZeroHedge. Die Analyse finde ich insofern interessant, weil Kolbe wie ich erkannt hat, daß die chinesische Immokrise für das Reich der Mitte ein Riesenproblem ist, das wiederum die Handelskriege anschiebt.
Während die US-Zölle Chinas Exportmaschinerie unter Druck setzen, schlägt Peking zurück – mit strategischer Präzision. Exportbeschränkungen für Seltene Erden sind Pekings jüngster Schritt, um europäische Handelsbarrieren abzubauen und dem zunehmenden Druck aus Washington entgegenzuwirken. Im aktuellen globalen Handelskonflikt werden die harten Maßnahmen ergriffen. Die USA nutzen ihre Marktmacht – 25 % des weltweiten Verbrauchs stammen aus dem amerikanischen Binnenmarkt. Jeder Exporteur muss mit den USA verhandeln. China hingegen hält ein unangefochtenes Monopol auf Seltene Erden – und macht deutlich, dass es diese Dominanz ohne zu zögern als Waffe einsetzen wird. Der Einsatz steigt, und nationale Interessen überwiegen nun die Höflichkeitsgesten der Globalisten.
Keine Freunde – nur Allianzen
Europa lernt auf die harte Tour: In der Geopolitik gibt es keine Freunde, nur vorübergehende Allianzen. Chinas verschärfte Exportkontrollen für Seltene Erden drohen die deutsche Industrie in eine schwere Rohstoffkrise zu stürzen. Peking kontrolliert fast 85 % der weltweiten Seltenerdraffination und ist der Hauptlieferant wichtiger Metalle wie Dysprosium, Terbium und Yttrium – unverzichtbar für Elektromotoren, Seit April 2025 ist der Zugang zu diesen Rohstoffen nur noch lizenzierten Exporteuren gestattet – ein De-facto-Embargo. Die Folgen sind unmittelbar: Mehrere deutsche Hersteller mußten bereits ihre Produktion einschränken. Andere stehen vor kompletten Stilllegungen. Die Preise für Industriemetalle steigen weiter, und die Fragilität globaler Lieferketten wird nun in allen Einzelheiten deutlich. Europas Rohstoffabhängigkeit wird zu einer großen Belastung – und zu einer strategischen Schwäche in den bevorstehenden Handelskriegsverhandlungen.
Ziel: Neue Märkte Chinas
Exportbeschränkungen sind eine kalkulierte Druckmitteltaktik im Konflikt mit den USA und der EU. Peking spürt den Druck der harten Handelspolitik der Trump-Administration. Sollte es Washington nicht gelingen, sein massives Handelsdefizit abzubauen und die US-Industriekapazitäten wiederherzustellen, ist Trumps Wirtschaftsagenda am Ende. Peking steht vor einem eigenen Albtraumszenario. Dies wäre ein Appeasement der USA. Um die US-Beschwichtigungsforderungen zu erfüllen und Handelsüberschüsse zu reduzieren, müsste Peking den Yuan steigen lassen – und riskiert damit innenpolitische Unruhen. Eine wohlhabendere Mittelschicht könnte beginnen, politischen Einfluss zu fordern. Das ist ein Albtraum für Chinas autoritäre Elite. Gleichzeitig bröckelt das wirtschaftliche Fundament der Herrschaft der Kommunistischen Partei. Chinas Binnenwirtschaft schwächelt, der Immobilien- und Industriesektor signalisiert Rezession. Der einst so wirksame Gesellschaftsvertrag der Partei – „Haltet euch aus der Politik heraus, und wir sorgen für Wohlstand“ – verliert angesichts von Jugendarbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Stagnation an Glaubwürdigkeit. Letzter Ausweg oder finaler Schlag? In die Enge getrieben, spielt Peking sein wirksamstes Trumpf aus: Seltene Erden. Dabei geht es nicht nur um Wirtschaft – es ist ein geopolitischer Schachzug, der die innere Stabilität schützen soll. Chinas Botschaft ist klar: Europa muss den Verlust des Zugangs zum US-Markt verkraften.
Peking hat, wie Brüssel, nicht die Absicht, sein merkantilistisches Modell aufzugeben. Dies ist eine Politik des „Beggar-thy-neighbor“-Prinzips – ein plumper Versuch, inländische Dysfunktionen über den globalen Exportkanal abzuwälzen. Die Drohung ist eindeutig: Gehorche oder bleibe abgeschnitten. Europas Verwundbarkeit liegt in seiner Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen – eine strategische Achillesferse, die nun voll zum Vorschein kommt.
Spiegelbilder
Tatsächlich sind die EU und China in wirtschaftlichen Fragen ideologisch eng miteinander verbunden. Beide befürworten Protektionismus, Währungsmanipulation und eine Top-down-Handelspolitik. Die EU erwirtschaftet seit langem einen Überschuss mit den USA, der durch regulatorische Hürden, Währungsmanipulation und bürokratische Hürden ermöglicht wird, die nichteuropäische Unternehmen behindern. Es ist schwer vorstellbar, daß Brüssel eine chinesische Strategie tolerieren würde, aus den USA verdrängte Waren nach Europa zu schleusen.
Die Folgen wären verheerend: überschwemmte Märkte, kollabierende Industrien, steigende Arbeitslosigkeit – und das alles in einer Zeit fiskalischer und politischer Instabilität für Europa. Dies ist kein gewöhnlicher Handelsstreit – es ist ein offener Wirtschaftskrieg. Auf dem Spiel stehen Souveränität, wirtschaftliches Überleben und Europas Fähigkeit, in Zeiten geoökonomischer Konfrontation lebensfähig zu bleiben.
Airbus: Trojanisches Pferd-Diplomatie
Auch China lockt mit einem Köder. Hinter verschlossenen Türen verhandelt Peking Berichten zufolge mit Airbus über einen milliardenschweren Flugzeugvertrag – potenziell für bis zu 300 Flugzeuge für Kurz- und Langstreckenflotten, laut Bloomberg. Ein unterzeichneter Vertrag wäre ein Glücksfall für Airbus – aber auch ein geopolitisches Statement. Peking würde ihn als diplomatische Annäherung darstellen, auch wenn es gleichzeitig die Schlinge um die Kontrollen bei Seltenen Erden enger zieht. Europa muß sich nun entscheiden: Kurzfristige industrielle Gewinne anstreben oder sich vor langfristiger strategischer Abhängigkeit schützen? Der Flugzeugdeal wirkt wie ein Trojanisches Pferd – eingehüllt in den fadenscheinigen Mantel der Kooperation, verbirgt sich dahinter aber eine weitaus aggressivere Strategie.
Soweit ZeroHedge. Deutschland hat was die Rohstoffversorgung betrifft, alle Brücken abgebrochen. Der letzte Schritt war die Zerstörung von Wintershall, das im internationalen Rohstoffmanagement Kompetenz hatte. Aber auch sonst ist die Rohstoffversorgung ein Stiefkind, weil sie natürlich nicht kohlendioxidfrei funktioniert und die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen nur belastet.
Was Seltene Erden betrifft hatte ich in die australische Firma Lynas eine kleine Summe investiert, einfach aus Interesse an dem Rohstoff. Das Risiko bestand darin, daß China den Preis so drückt, daß die Australier in Schwierigkeiten kommen. Bei einem Quasiembargo der Chinesen ist das natürlich nicht der Fall. Der Aktienkurs ist binnen eines Jahres um 31 % gestiegen, angetrieben von den Handelskomplikationen.
Aus dem jüngsten Geschäftsbericht entnehme ich: Die Initiativen bei Lynas Malaysia werden weiterhin sicher umgesetzt. Im Laufe des Quartals wurde eine neue Kalzinierungsanlage implementiert. Diese Anlage ist größer und kostengünstiger als die bestehende Anlage. Mit der Inbetriebnahme des neuen Kreislaufs für schwere Seltene Erden ist Lynas der einzige Hersteller von Dysprosium und Terbium außerhalb Chinas. Das Produktsortiment von Lynas wird um vier neue Produkte erweitert: Dysprosium, Terbium, ungetrenntes Samarium/Europium/Gadolinium und Holmium-Konzentrat. Dysprosium und Terbium sind wichtige Bestandteile von Hochleistungsmagneten und einigen elektronischen Bauteilen, und die Nachfrage nach diesen Materialien ist hoch.
Das Projekt Mt Weld-Erweiterung verläuft planmäßig und im Rahmen des Budgets. Der Bau der Prozessanlage soll voraussichtlich bis Ende des Geschäftsjahres 2025 abgeschlossen sein. Die Inbetriebnahme der Kreislaufanlagen erfolgt schrittweise nach Fertigstellung. Der Bau kleinerer, nicht produktionskritischer Infrastrukturen wird bis in die erste Hälfte des Geschäftsjahres 2026 andauern. Der Konzentratentwässerungskreislauf der ersten Stufe ist nun vollständig in den Betrieb integriert und arbeitet wie geplant. Die zweite Stufe (Restanlage) befindet sich in der Endphase der Bauarbeiten, und die Inbetriebnahme läuft auf Hochtouren. Der Hochspannungsschaltraum wurde unter Spannung gesetzt und verteilt nun den vom neuen Kraftwerk gelieferten Strom. Die Inbetriebnahme des Brechkreislaufs und der Wasseraufbereitungsanlage begann im Laufe des Quartals und wird vor Ende des Geschäftsjahres 2025 abgeschlossen sein. Die Inbetriebnahme der Mahl- und Flotationskreisläufe ist für das Juniquartal des Geschäftsjahres 2025 geplant. Der Bau des Hybridkraftwerks schreitet ebenfalls planmäßig voran. Der Betrieb der Gaskraftwerke wurde im Laufe des Quartals aufgenommen, und der Bau des Solarparks und der Fundamente für Windturbinen schreitet planmäßig voran.
Während des Quartals waren Mitglieder des Projektteams in der im Bau befindlichen Seltenerdverarbeitungsanlage in Texas und sprachen mit Projektbeteiligten in Seadrift und US-amerikanischen Ingenieurbüros. Die Planungen für den alternativen Lösungsweg zur Lösung der zuvor gemeldeten Herausforderungen im Abwassermanagement am Standort Seadrift sind vorangekommen. Für die Umsetzung des alternativen Lösungswegs sind zusätzliche Investitionsausgaben erforderlich. Lynas befindet sich bezüglich dieser zusätzlichen Investitionsausgaben im Gespräch mit der US-Regierung. Gleichzeitig prüft Lynas aktiv Optionen zur Beschleunigung und Optimierung der Investitions- und Betriebskosten des US-Projekts. Lynas prüft außerdem die potenziellen Kostenauswirkungen für das Projekt infolge der jüngsten Ankündigungen zu globalen Zöllen.
Amerika hat großes Interesse am Projekt, weil die Rüstungsindustrie jährlich 1.200 t Seltenerdmagnete braucht. Das Büro für Titel III des Defense Production Act verhandelt mit Lynas über mehrere Unterstützungsmechanismen:
- Kostenteilungsvereinbarung über 150 Millionen US-Dollar für ZLD-Systeme
- 10-Jahres-Stromabnahmevertrag zu 0,03 $/kWh über das Advanced Manufacturing Office des Energieministeriums
- Schnellere NRC-Lizenzierung verkürzt die Genehmigungszeit von 42 auf 18 Monate
Diese Diskussionen spiegeln die strategische Bedeutung wider, die die US-Regierung dem Aufbau inländischer Kapazitäten zur Verarbeitung seltener Erden unabhängig von chinesischen Lieferketten beimißt.
Soweit der Geschäftsbericht. Amerika hat offensichtlich schon einen Draht zu Lynas, während sich die deutsche Administration ausschläft. Es braucht in Berlin eine rabiate 180-Grad-Wende in der Industrie- und Handelpolitik, wobei man sich an guten Praktiken rohstoffarmer Länder wie Japan orientieren könnte. Auch die Zusammenlegung des Außen- und des Wirtschaftsministeriums unter Leitung eines im internationalen Handel erfahrenen Rohstoffexperten könnte hilfreich sein. Ein Fachanwalt für Medizin- und Sozialrecht namens Wadephul oder der Wahlkreismitarbeiter Klingbeil kommen da gar nicht in Frage.
Ich gehe davon aus, daß meine wertvollen Ratschläge in Berlin auf taube Ohren stoßen werden, denn die Stadt befindet sich immer noch im erweckten Wahn. In gewohnlich gut unterrichteten Kreisen erhärtet sich die Vermutung, daß Kanzler MRZ in wirtschaftlichen Fragen überfordert ist, ein in der WELT veröffentlichtes Gespräch zwischen Daniel Stelter und Ulf Poschardt geht etwa in diese Richtung.