Trügerisches Lebensgefühl
Stefan Zweig (1881 – 1942) warf in seinem letzten Buch „Die Welt von gestern“ einen Blick auf seine Jugend in der Habsburger Monarchie. Das ist insofern überaus interessant, weil alles 1:1 das Lebensgefühl von 1990 bis 2015 wiederspiegelt, als man an das „Ende der Geschichte“ und an den Sieg des Westens über die Welt glaubte. Sowohl um 1900 wie auch um 2000 war das naiv. Folgen wir Zweig:
„Wenn ich versuche, für die Zeit vor dem Ersten Weltkriege, in der ich aufgewachsen bin, eine handliche Formel zu finden, so hoffe ich am prägnantesten zu sein, wenn ich sage: es war das goldene Zeitalter der Sicherheit. Alles in unserer fast tausendjährigen österreichischen Monarchie schien auf Dauer gegründet und der Staat selbst der oberste Garant dieser Beständigkeit. Die Rechte, die er seinen Bürgern gewährte, waren verbrieft vom Parlament, der frei gewählten Vertretung des Volkes, und jede Pflicht genau begrenzt. Unsere Währung, die österreichische Krone, lief in blanken Goldstücken um und verbürgte damit ihre Unwandelbarkeit. Jeder wußte, wieviel er besaß oder wieviel ihm zukam, was erlaubt und was verboten war. Alles hatte seine Norm, sein bestimmtes Maß und Gewicht. (…) Niemand glaubte an Kriege, an Revolutionen und Umstürze. Alles Radikale, alles Gewaltsame schien bereits unmöglich in einem Zeitalter der Vernunft.
Dieses Gefühl der Sicherheit war der erstrebenswerteste Besitz von Millionen, das gemeinsame Lebensideal. Nur mit dieser Sicherheit galt das Leben als lebenswert, und immer weitere Kreise begehrten ihren Teil an diesem kostbaren Gut. Erst waren es nur die Besitzenden, die sich dieses Vorzugs erfreuten, allmählich aber drängten die breiten Massen heran; das Jahrhundert der Sicherheit wurde das goldene Zeitalter des Versicherungswesens. (…) In diesem rührenden Vertrauen, sein Leben bis auf die letzte Lücke verpalisadieren zu können gegen jeden Einbruch des Schicksals, lag trotz aller Solidität und Bescheidenheit der Lebensauffassung eine große und gefährliche Hoffart. Das neunzehnte Jahrhundert war in seinem liberalistischen Idealismus ehrlich überzeugt, auf dem geraden und unfehlbaren Weg zur ›besten aller Welten‹ zu sein. Mit Verachtung blickte man auf die früheren Epochen mit ihren Kriegen, Hungersnöten und Revolten herab als auf eine Zeit, da die Menschheit eben noch unmündig und nicht genug aufgeklärt gewesen. Jetzt aber war es doch nur eine Angelegenheit von Jahrzehnten, bis das letzte Böse und Gewalttätige endgültig überwunden sein würde, und dieser Glaube an den ununterbrochenen, unaufhaltsamen ›Fortschritt‹ hatte für jenes Zeitalter wahrhaftig die Kraft einer Religion; man glaubte an diesen ›Fortschritt‹ schon mehr als an die Bibel, und sein Evangelium schien unumstößlich bewiesen durch die täglich neuen Wunder der Wissenschaft und der Technik.“
Es ist das saturierte Lebensgefühl der BRD nach dem Wirtschaftswunder bis etwa in die Mitte der Merkeldemokratur, für viele wohlbestallte ältere Zeitgenossen hält es bis heute vor. Wenn die woken Nutznießer des schleichenden Verfalls von „unserer Demokratie“ schwafeln und von den westlichen Werten der „liberalen Demokratie“, während wirtschaftlicher Niedergang, Entdemokratisierung und Zensur längst Raum gegriffen haben, so spiegelt sich darin die verhunzte Aufmerksamkeit der letzten Jahre vor dem Ersten Weltkrieg. Auch damals troff die Selbstgewißheit des Mainstreams aus allen Poren, während rundum Gewitterwolken aufzogen.
Kronprinz Wilhelm schrieb 1923 über die Vorkriegszeit: „Das offenbar herausfordernde, laute Auftreten, das alle Welt bevormundende, fortwährend belehren wollende Gebaren mancher Deutschen im Auslande fiel den anderen Nationen auf die Nerven.“ Das würde er wohl auch über Annalena und MRZ behaupten, wenn er noch Zeitzeuge wäre.
Mit St. Germain und Trianon (das österreichisch-ungarische Versailles) endete Stefan Zweigs Sicherheit, er wurde ein Getriebener, der in Brasilien Selbstmord machte. Normalerweise sind es Kriege, die den Übergang von Hochmut zu Realismus einleiten. Friedrich MRZ versteht es jedoch Armut zu schaffen, mit exportierten Waffen. Seine angestrebte Gesellschaftstransformation wird in die Hose gehen und in ein gesellschaftliches und ökonomisches Desaster führen. Die billionenschwere Schuldenorgie ist dafür nur ein Brandbeschleuniger, nicht die wirkliche Ursache. Der tiefere Grund für den existenziellen Abstieg der deutschen Mittelschicht und die ausufernde Kriminalität liegt in der Verplanwirtschaftlichung, insbesondere im Energiebereich, der Überforderung der Sozialsysteme durch Einwanderung und der Erosion der Sicherheit im öffentlichen Raum.
Wenns dem Esel zu wohl wird geht er aufs Eis. So kann man die letzten Kanzlerschaften der CDU charakterisieren, und so unbesorgt und selbstgewiß waren die Eliten auch in den Ersten Weltkrieg geschlittert. Alles wiederholt sich.
Grüße an den Inlandsgeheimdienst:
Da standen sie zu Fuß, zu Pferde,
Als wären sie noch Herrn der Erde;
Sonst waren’s Ritter, König, Kaiser,
Jetzt sind es nichts als leere Schneckenhäuser;
(Geh. Rath v. Goethe)
Dem ist nichts hinzuzufügen. Außrvielleicht eine ergnznde Literatur: Effenberger/Wimme: Die Widerkehr der Hasardeure
Etwas vielleicht doch noch: Die Geldverschlechterung in Europa nahm ja erst mit Kriegsbeginn 1914 ihren unaufhaltsamen Lauf. Wenn man hier nachsieht https://www.usdebtclock.org/ wirds einem blümerant. Die USA sind seit 1945 praktisch ununterbrochen im Krieg, und der will finanziert werden. Sind die ausfallenden Kriegsschulden von Staat 404 dann der Tropfen der das Fass zum überlaufen bringt? Sind die aberwitzigen Shortkontrakte der großen US bAnken auf Gold „nachhaltig“, oder wird damit das Unausweichliche herausgezögert?
Ohne Zweifel wurde Deutschland durch die CDU erst “ verkohlt “ anschliessend total vermerkelt und vermerzt. Schauen Sie sich doch mal um ! Alles weg, nichts übrig ! Da kommen Jedem die Tränen, oder ?
Es lässt sich alles evolutionär erklären. Der Mensch passt sich an. So wie Molche in einer dunklen Höhle nach Generationen nicht mehr sehen, so verlieren Menschen, die in Wohlstand und Sicherheit groß geworden sind, die Angst vor Abstieg, Hunger, Armut. wir können nicht mehr jagen. Wir können überleben obwohl die Jugend tiktok schaut und kifft. Wir sehen die Gefahren nur, weil wir sie noch erlebt haben.
März ist mir daher ein Rätsel. Er war beim Militär aber hat offenbar nicht verstanden, dass man seinen Gegner und sich realistisch einschätzen muss. Was wird er denn tun wenn Russland die Tauruswerke in Bayern zerstört? Die USA zum Kriegseintritt auffordern und feststellen, dass niemand einen Weltkrieg will? Er zerlegt sich selbst.
Was den Kundesbanzler MRZ betrifft: Nun, Sie müssen sich – so wie Herr Prabel – von dem Glauben verabschieden das alle Fehlleistungen unserer Politdarsteller tatsächliche solche sind. Sie sind es nicht! Sie sind immer nützlich für irgendwelche Partikularinteressen. Aber die Mehrheit bleibt unbedacht. MRZ ist und bleibt ein Spekulantensöldner der nicht erkennt das man Geld nicht fressen kann!
Das ist in etwa das, was rauskommen muss wenn Individualinteressen im Rahmen eines nicht eingehegten Kapitalismus über Allgemeininteressen gestellt werden. Was ja quasi die Abwicklung der Aufklärung bedeutet.
Nebenbei bemerkt ist es genau dieser Sachverhalt, der den Kuffarhassern die Unterwanderung unserer Gesellschaft ermöglicht.
Ich verstehe schon dass viele Politiker nicht Politik gestalten, sondern die Aufträge von Hintermännern präsentieren.
Ich denke die Kernfrage ist: Glaubt er an die unbesiegbarkeit des Westens? Wenn ja, dann erscheint sein Handeln logisch. Wenn nein, dann würde er sich selber schaden.
Und damit wären wir beim Punkt: Der Westen erkennt seinen Abstieg nicht. Ist er also wirklich schwach? Oder ist er im Kern doch noch stark und die hier beklagten Zustände sind nicht ganz so schlimm?
Fest steht, wenn man die Geschichte von der römischen Besatzungszeit bis heute Revue passieren läßt, daß Deutsche (und insbesondere in der heutigen Zeit: Restdeutsche) selbst für das Agieren auf fremde Rechnung zu dämlich sind.
Zum Beweis dessen erschallt demnächst in NY entsprechendes Gestammel. Hoffentlich bringt die russische Delegation Lachsäcke mit.
Dieser Artikel geht Hand in Hand mit einem Artikel bei Thomas Röper: https://anti-spiegel.ru/2025/warum-das-westliche-system-am-untergehen-ist/
Sehr (!) gut beobachtet.
Die Analogien sind wirklich auffallend und erschreckend !
Aber der deutsche Schlafmichel schläft weiter den Schlaf der „Gerechten“.
Wie es ausgeht, steht in den Sternen.
Obiger Michel wird es nicht (!) beeinflussen (wollen).
Es ist ja auch so sehr viel bequemer.
Ich formuliere es (für mich) manchmal so: „Der Mensch ist unfähig, im Paradies zu leben.“
Ja, das klingt schon sehr vertraut, was der Zweig da retrospektiv sagt. Interessant wäre wie er zeitgenössisch gedacht hat.
Mit Merz geht’s mir ähnlich wie dem Grenadier. Er handelt finde ich ziemlich radikal, indem er Wahlversprechen rigoros ignoriert.
Aber sein Wahlverein scheint ja einfach hinterher zu trotten, wenn man davon absieht, daß Spahn und Linnemann scheinbar in der Reserve bleiben (für welchen Fall?).
Ich denke er hat keinen Plan sondern steckt in einer Zwickmühle zwischen den alten und neuen Machthabern des (ehemaligen?) Hegemon.
Sehr gefährliche Lage meine ich. Die deutschen und europäischen Eliten versagen großräumig, ähnlich wie vor beiden Weltkriegen.
Der Unterschied zwischen damals und heute ist erstmal die Staatsform der Spieler, zweitens der überall unbedingte Glaube an das soldatische Heldentum und seine Betätigung in reinigenden Stahlgewittern, drittens ein ungebrochenes Volksverständnis und Bevölkerungswachstum.
All das ist umgestürzt, weg und kommt auch nicht wieder.
Bemerkenswert und ridikül ist heute der Wunsch des final kaputten Restdeutschlands, nicht nur wirtschaftlich sondern auch militärisch „zu führen“.
Unmittelbar vor dem Tod werden Schwerkranke ja oft noch einmal frohgemut und munter.