Die kulinarische Europareise

Es ist Ferienzeit und ich will mal über meine Erfahrungen mit regionaler Küche berichten. Im Focus ist grad ein Jammerartikel über den Ruin der Wirte auf Malle. Die Gäste würden sparen weil Flüge und Hotels teurer geworden sind. Meine eigene Erfahrung ist jedoch: Spanien hat die schlechteste Küche, wenn man mit Italien, der Schweiz, Slowenien, Kroatien, Ungarn, Polen, Österreich und Tschechien vergleicht. Nur Schweden ist noch fragwürdiger, es gibt dort kaum Gaststätten, Vermutlich gelten Frauen, die nicht kochen, dort als Huren.

In Spanien war alles was ich verzehrt habe in altem Fett gesotten und schon halb zerfallen. Am schlimmsten war ein Kaninchenbraten in Miami Playa. Der einzige Lichtblick war die Sangria dazu. Mit Alkohol läßt sich sogar Sozialismus ertragen.

Zweimal habe ich den Tessin besucht, und zwar die Täler. Dort wird durchweg hervorragend gekocht. Es ist nicht die weit verbreitete Warmmachküche, sondern es wird noch mit guten Zutaten gezaubert. Besonders in Erinnerung: Ein Ziegenbraten, der eingelegt war.

Die zweitbeste Note bekommt Polen. Ich war in Misdroy und Kolberg zum Fischessen, bei Zakopane zum Bigos, auf dem Gawond zur Rote-Beete-Suppe, in Kraków in einem jüdischen Restaurant, bei Wroclaw zum Sauerbraten. Lediglich Warschau ist mir nicht in so guter Erinnerung, es gibt da internationalen Einheitsbrei. Von den Desserts haben mir die Gofrys geschmeckt, knusprige Waffeln mit verschiedenen Füllungen. In den Hotels und den Pensionen ist schon das Frühstück so lecker und reichhaltig, daß man noch mittags satt ist.

In Ungarn verdrängt die Warmmacherei langsam aber sicher die regionale Küche. Es gibt sie aber noch, landestypische Gerichte, frisch zubereitet. Gerne fahre ich nach Fertörakos (Krebsbach), wo die leckersten Hekk – gebackene Fische – zubereitet werden. Auch in Kesthely und Balatonboglár habe ich Wirtschaften gefunden, die das anbieten. Ein anderes Traditionsgericht sind Topfennudeln mit Speck (Túrós Csusza), es wird immer seltener, daß sie auf der etlap – der Speisekarte – stehen. Sehr beliebt sind die Gulaschsuppen, die es vor allem bei falunapak – Dorffesten – gibt.

Slowenien ist für viele Touristen noch ein weißer Fleck auf der Landkarte. Besonders gut sind mir die gebackenen Forellen in Erinnerung, aber auch panierte knusprig gebratene Sprotten mit Mangold, waren in einer Gaststätte in Isola super lecker. Slowenien ist nicht ganz billig, aber preiswert.

In Kroatien ist vor allem Mangalica interessant, ein gut gewürztes Schweinefleischgericht oder die gebackenen Schweindeln, die es vor allem im Hinterland gibt. An der Küste dominiert natürlich der Fisch, aber mein Lieblingsgericht – die Sprotten mit Mangold – gibts nicht mehr überall.

Über die Tschechen gabs früher einen bösen Witz: Was sind die Hauptwaffen der Armee? – Messer und Gabel! Tatsächlich wird passabel gekocht. Schweinsbraten mit Knödeln wird selbst in der Hauptstadt erinnerungswürdig zubereitet,

In Österreich gibt es leider dieselbe trostlose Entwicklung wie in Deutschland: Convenience verdrängt die Kochkunst. Ich war kürzlich in Laxenburg, und wirklich enttäuscht. Wie in Deutschland sind die Löhne hoch, die Köche knapp, nur die Strompreise sind geringfügig besser als bei uns. Relativ expensive und geschmacklich entwicklungsfähig.

Italien ist kulinarisch ein ganzer Planet, dessen Eßkultur leider auch langsam den Bach runtergeht. Das hat natürlich auch mit der Preiskulisse, Kórona und den billigen Alternativen, wie den Pannini zu tun. Es gibt sie aber noch, die gute Küche. Man muß ein gutes Auge haben, viele gute Wirtschaften gibt es auf dem Lande und typischerweise in Nebenstraßen der größeren Städte. Womit ich mich nie anfreunden konnte sind Gnocchi und Polenta. Pasta und Fische sind aber oft superlecker. Und dann gibt es den Reiz der Örtlichkeiten. Einmal haben wir mit Blick auf das Grab der Metella gespeist, einmal in einer Renaissance-Halle in der Via Appia, einmal auf dem Gargano mit Aussicht in die Landschaft oder in Erice mit Inselpanorama.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Wenn ihr gegessen und getrunken habt, seid ihr wie neu geboren; seid stärker, mutiger, geschickter zu eurem Geschäft.“ (Goethe, als er noch nicht Geh. Rath war)

Foto: Prabel, Túrós Csusza Topfennudeln selbstgemacht