Das Lebensgefühl im Osten und in Amerika

Ich fahre jedes Jahr auf denselben Campeggio in Kroatien. Die Camper wechselten im Lauf der Jahre: Immer weniger Schwaben, immer mehr Tschechen, Polen, Slowenen, Ungarn und Slowaken. Sie entdecken das, was in den 60ern und 70ern das Lebensgefühl der Westdeutschen ausmachte: Reisen und Konsum.

„Das Wort auf L“ ist die Geschichte einer Reise ohne Plan – offensichtlich inspiriert von Sabrina Carpenters Manchild – mit Unbeschwertheit, Lachen, kleinen Momenten. Es ist keine Geschichte über einen Raubüberfall, wie der Text vermuten ließe. Eine Geschichte darüber, Sinn nicht in großen Gesten, sondern in kleinen Ereignissen zu finden – in solchen, die in Erinnerung bleiben, auch wenn sie unbedeutend erscheinen. Irgendwo stellt sich die Frage: „Was fehlt mir wirklich?“ Endlich bricht ein Moment der Stille an. Erwachen. Ein einfaches Wort fehlt. Das mit „L“ anfängt. Nicht Geld, Karriere. Sondern vielleicht: „Ich liebe dich.“ Manchmal reicht schon ein Wort. Kocham cię (darum heißt das Lied auf polnisch „Wort auf K“).

Der Osten hat optimistische Gefühle, die mit dem perversen Todestrieb der Nationalen Front im Westen kollidieren. Crash der Kulturen halt. Phasenverschiebung des Lebensgefühls. Heute ist in Tschechien eine Verbrennerpartei ins Parlament gewählt worden, die gegen den Green Deal der CDU opponiert.

Das waren 5,6 Mio Aufrufe in 3 Monaten. Die Sängerin wird Grscheschzak ausgesprochen und hat natürlich mit einem alten Verbrenner gefilmt. Nix Klima, nix Geschlechtsverwirrung, nix mit den woken Teuffeln.

Derweilen ist in Amerika Unerhörtes passiert. Tausende Studenten lassen sich taufen, Familienwerte sind wieder im Kommen. Die bis dato mit den woken Wölfen heulende Taylor Swift hat ein Lied gesungen, welches alles auf den Kopf stellt: Wi$h Li$t. Hier die Lyrics, die mit Hollywood brechen:

Sie wollen das Leben auf einer Yacht unter Hubschrauberblättern
Sie wollen diese hellen Lichter und Balenci-Sonnenbrillen
Und ein fetter Arsch mit einem Babygesicht
Sie wollen alles.

Sie wollen diesen komplexen weiblichen Charakter
Sie wollen die von den Kritikern gefeierte Goldenen Palme
und einen Oscar auf ihrem Badezimmerboden.

Sie wollen alles [Pre-Chorus] Und sie sollten haben, was sie wollen. Sie verdienen, was sie wollen. Hoffe, sie bekommen, was sie wollen. [Chorus] Ich will nur dich, hm. Habe ein paar Kinder, der ganze Block sieht aus wie du.

Wir sagen der Welt, sie soll uns verdammt noch mal in Ruhe lassen, und das tun sie, wow.
Ich träume von einer Auffahrt mit einem Basketballkorb
Chefin sein, sich niederlassen, habe eine Wunschliste (Wunschliste) (Liste)
Ich will nur dich

Sie wollen diese Freiheit, ein Leben ohne Strom. Sie wollen diese drei Hunde, die sie ihre Kinder nennen, und diese gute Brandung, keine Heuchler. Sie wollen alles.

Ich will nur dich (dich, dich, ja), hm. Habe ein paar Kinder, der ganze Block sieht aus wie du.

Wir sagen der Welt, sie soll uns verdammt noch mal in Ruhe lassen, und das tun sie (Ooh), wow.
Ich träume von einer Auffahrt mit einem Basketballkorb (Korb)
Chef sein, sich niederlassen, habe eine Wunschliste (Wunschliste) (Liste)

[Bridge] Ich habe mir von allen Sternen etwas gewünscht. Bitte, Gott, bring mir einen besten Freund, den ich heiß finde.

Ich dachte, ich hätte recht, einmal, zweimal, aber das war nicht so (das war nicht so).
Du hast mich überrumpelt.
Ich hoffe, ich bekomme, was ich will (bekomme, was ich will) , weil ich weiß, was ich will [Refrain] (Ich, ich will nur) ich will nur dich, hm (Baby). Habe ein paar Kinder, der ganze Block sieht aus wie (sie sehen aus wie du) du. Wir sagen der Welt, sie soll uns verdammt noch mal in Ruhe lassen, und das tun sie, wow.

Jetzt fehlt allerdings noch der Babybauch, damit nicht alles nur Ankündigung bleibt. Hat Taylor Swift den Kulturwandel verstanden und sich neu erfunden? Oder alles nur Schall und Rauch?