Deutschland – Saubermann in einer schlechten Welt?

Am 5.7.2013 berichtete die Welt über eine geplatzte Werkseröffnung in St. Petersburg, früher Leningrad. >Hier. Die Zeitung vermutet, daß das deutsche Korruptionsverbot die Inbetriebnahme des seit einem Jahr betriebsbereiten deutschen Lkw-Werks in Rußland verhindert. Gleichzeitig berichtet die Presse, daß Deutschland von Geheimdiensten eingekreist wäre, die Daten von deutschen Firmen abgreifen, ohne daß sich der deutsche Geheimdienst wehren darf und ohne daß er selbst Industriespionage betreiben darf.

Andere Staaten tun sich da wesentlich weniger schwer. Französische oder amerikanische Firmen haben den Geheimdienst im Rücken.> Hier. Er hilft bei der Beschaffung von ausländischen Geschäftsgeheimnissen. Und statt Frankreich hätte man noch ein ganzes Dutzend Staaten erwähnen können.  Ist das ein dreckiges Dutzend?

Was die anderen machen ist normal und was Deutschland macht ist idiotisch. Man kann nicht alleine die Welt retten. >Hier. Und man wird sie auch nicht verbessern. Die Welt wird immer schlechter.

Korruption hat viele Risiken. Ein Geschäftspartner erzählte mir, daß er in Malaysia eine Beratungsfirma eröffnet hatte. Nach kurzer Zeit hat er sie wieder geschlossen, weil die verlangten Schmiergeldzahlungen höher waren, als die Erlöse aus den Geschäften. Ein anderer Freund berichtete, daß er gezahlt hat, ohne die Gegenleistung zu erhalten. Es ist auch möglich, daß man hinterher von den korrupten Beamten erpreßt wird. Und es ist möglich, daß die Leitung einer korrupten Behörde wechselt, der korrupte Beamte auffliegt und mit ihm alle, die gezahlt haben. So ist das vielen erpreßten Geschäftsführern von Bau- und Planungsfirmen ergangen, nachdem Hartmut Mehdorn, die Führung bei der Deutschen Bahn übernommen hatte und den Schweinestall aufgeräumt hat. An der Bahn sieht man, daß Korruption kein Dritte-Welt-Problem ist.

Andererseits: Vor Mehdorn kam man an bestimmte Aufträge der Bahn ohne Bestechung nicht ran. Jeder wußte das. Bestimmte Beamte hatten Spitznamen wie „Mister drei Prozent“. Ein sehr großes Geschäftsfeld mit einem überaus hohen Volumen hätte man der Konkurrenz überlassen müssen. Der ahnungslose Außenstehende wird einwenden: „Warum hat das denn niemand angezeigt?“. Bis zu Mehdorn herrschte ein Klima der Angst. Zwischen Auftragnehmern und dem Monopolauftraggeber bestand kein normales Vertrags- und Vertrauensverhältnis, sondern  ein Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis.  Und die Bahnbeamten haben sich gegenseitig gedeckt. Auftragnehmer wurden in Anwesenheit der Vorstände immer nur runtergeputzt. Bei Mehdorn hat sich dann jemand getraut, die Korruption anzuzeigen und derjenige hatte Erfolg. Denn Mehdorn kam nicht aus der überheblichen uns arroganten Ministerialbürokratie, sondern aus der Wirtschaft und hatte mehr Sinn für Partnerschaft zwischen Vertragsparteien.

Wie bei der Bahn der 90er Jahre ist es heute noch in weiten Teilen Afrikas, Griechenlands und Asiens. Soll die deutsche Wirtschaft alle Beziehungen mit diesen Ländern kappen? Oder soll die Bundeskanzlerin jedes mal persönlich beim Häuptling anrufen, wenn wieder ein deutscher Mittelständler zahlen soll? Die ruft doch noch nicht einmal wegen dem Großbetrieb MAN bei Putin an.

Korruption ist verachtungswürdig und macht wütend, weil der überlegene Beamte mit Monopolstellung immer nach Belieben auf dem unterlegenen Antragsteller aus der Wirtschaft herumtrampeln kann. Aber durch die deutsche Korruptionsgesetzgebung wird seine Macht noch gestärkt, weil er den Deutschen noch zu Hause nach Belieben verpfeifen kann.

Korruption hat für den Korrumpierenden genug wirtschaftliche Risiken. Da braucht man nicht noch juristische Risiken draufpacken.  Man sollte es dem Unternehmen überlassen, nach wirtschaftlichen Kriterien zu entscheiden, ob es den Beamten kaufen will. Und man sollte die Unternehmen über diese wirtschaftlichen Risiken immer wieder aufklären. Sie sind hoch. Erfahrene Geschäftsführer werden sehr korrupte Länder und Bürokratien boykottieren, weil Korruption nur in einem kaputten Rechtssystem gedeiht, in dem nichts zu verdienen ist. Jeder Unternehmer hat die Chance als Gefangener in einem Tierkäfig zu landen, der sich mit solchen Beamten einläßt.

Die deutsche Korruptionsgesetzgebung von 1999 stammt aus der grünen Regierungsperiode und sie atmet den Geist der Weltverbesserung und der Schulmeisterei; sie hat einen starken Moralingeruch. Wie man an dem Fall aus St. Petersburg sieht, wird diese deutsche Schrulle international nur verlacht und deutschen Firmen zahlen die Zeche.

Das zweite Manko neben dem Korruptionsverbot ist offensichtlich, daß die deutsche Wirtschaft nicht von deutschen Geheimdiensten unterstützt wird. Es ist leichter den deutschen Diensten diese Unterstützung zu erlauben, als sie den anderen Geheimdiensten zu verbieten. Wenn  Deutschland  sich in der bösen Welt, die es nun einmal gibt, normal verhält, braucht es sich über andere Staaten nicht zu entrüsten. Das Ende der Entrüstungs- und Empörungskultur wäre ein großer Vorteil, weil Deutschland der Welt nicht auf die Nerven ginge.