Wahlwerbung mit Kochrezepten

In einer Woche wird in Thüringen gewählt. Nachdem schon die Spitzenkandidatin der SPD, Frau Taubert eine „Heike Taubert Zeitung“ als Wahlzeitung mit einem Kochrezept (Huhn auf Bierdose) und einem Kreuzworträtsel ins Haus geschickt hatte, lockt Frau Lieberknecht (CDU) mit einer Kochanleitung für Kartoffelrouladen. Frau Taubert hat auf politische Inhalte weitgehend verzichtet, nur zu Kindergärten, Sportstätten, Krankenhäusern und Kampf gegen rechts gibt es klare Ansagen. Gefragt, ob sie lieber redet oder zuhört, gibt sie immerhin zu, daß sie lieber redet. Dabei kann sie auch zuhören: aber wirklich nicht lange. Mit wem die SPD nach der Wahl regieren will? – Unklar!

Ihre Kontrahentin Lieberknecht erwähnt die Erfolge ihrer Politik in Thüringen: Mit 12,8 % höchster Lohnanstieg in Deutschland, aber von welchem Niveau schreibt sie lieber nicht. Ansonsten eine Seite Fotos mit Angela Merkel (was hat das mit thüringer Landesthemen zu tun?) und eine Seite Schreckensmeldungen der Presse zum Thema Rot-Rot. Die CDU gibt dem Wähler 10 Garantien ab, nicht alle wird sie einhalten können, weil die Bundes- und Europapolitik reinhagelt. Wie will sich Frau Lieberknecht gegen länderübergreifende Stromleitungen wehren oder von Erfurt aus die Strafgesetze zugunsten des Opferschutzes beeinflussen? 

Die Linke hat eine Wahlzeitung speziell für den Wahlkreis hergestellt und setzt auf regionales klein-klein. Eine neue Grundschule für Bad Berka, regionale Energieerzeugung in Blankenhain und mehr Jugendklubs. Alle diese Themen sind keine Landes- sondern Kommunalpolitik. Und dann wird auf Frau Lieberknecht rumgehackt. Sie sei FDJ-Sekretärin beim Studium gewesen. Da setzt es aus. Erst zwang die SED die Leute in die Pionierorganisation, in die FDJ, in die Gewerkschaft und in die Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft (da waren jeweils 99,9 % der Leute drin und fast niemand freiwillig) und 25 Jahre später beklagt sie die Mitgliedschaft als politischen Makel. Das ist Lumperei auf hohem Niveau! Das ist als würde man die Linke eine Nacht ins braune Haus in Jena sperren und sie anschließend des Rechtsextremismus bezichtigen. Über die unpopuläre geplante Gebietsreform der Linken in der Zeitung kein Wort. Wenigstens hat Bodo Ramelow (Linke) kein Kochrezept auf der Pfanne.

Auf kulinarischen Firlefanz verzichtet auch der Flyer der AfD. Es wurden 10 Punkte benannt, wovon immerhin acht klar der Landespolitik zuzuordnen sind. Wie die Landesregierung den Meisterbrief retten will und gegen politische Korrektheit vorgehen – unklar. Das ist EU- und Bundespolitik. Aber immerhin haben die Politneulinge geschnallt, daß Bildungs- und Hochschulpolitik Landessache sind und die Polizei und das Landeserziehungsgeld auch. Da liegen erkennbar ihre Schwerpunkte. Und den Landtag wollen sie verkleinern.

Die NPD warnt mit Balkenüberschrift: „Warnung, das dürfen Sie nicht wissen!“. Der einzige Aufreger ist eine Aufstellung der Kosten von Ausländern und Asylanten. Das ist aber EU- bzw. Bundespolitik. Dann gleitet die NPD auf das Niveau der Grünen ab und engagiert sich für den Tierschutz. Zu geringe Strafe für einen ertappten Tierquäler (Strafgesetze sind Bundeskompetenz) und Stellungnahme gegen das Schächten (auch Tierschutzgesetze werden vom Bund gemacht). Die Themen der Zeitung für die Landtagswahl sind weitgehend verfehlt.

Die FDP hat bis jetzt noch nichts in den Briefkasten gesteckt – nach dem Slogan ihrer Wahlplakate ist sie nach der Wahl mal weg.

Das Fazit ist vernichtend. Daß man auf einem Plakat nur Phrasen transportieren kann, ist jedem klar. Wenn man eine Wahlzeitung vergeigt, und auf die Erklärung der kleinen politischen Welt in Erfurt weitgehend oder ganz verzichtet, ist das ein Armutszeugnis. Die Hälfte der Wähler ist eigentlich gut gebildet und merkt, daß die Wahlzeitungen nur zusammengequirlte Grütze sind. Die Wahlzeitungen sind so gemacht, daß sehr unpolitische Nichtwähler sie verstehen können und gebildete Wähler daran verzweifeln.  Die endlose Absenkung des Inhaltsniveaus bringt keine Punkte. Nichtwähler erkennt man fei daran, daß sie nicht zur Wahl gehen.

SPD, CDU und AfD wissen immerhin grob was die Themen der Landespolitik sind, Linke und NPD wissen das nicht oder finden die Themen der Landespolitik langweilig und nicht vermittelbar. Die Kochrezepte der Damen Taubert und Lieberknecht weisen eher auf eine Bewerbung für die Betreibung der Landtagskantine hin. Die Politiker müssen sich nicht wundern, daß nur noch jeder zweite Wähler das Wahllokal aufsucht.