Krach um die Rundfunksteuer

Nicht die Regierungserklärung von Bodo Ramelow war die unterhaltsamste Lektüre im Protokoll der dritten Sitzung des Thüringer Landtags, sondern die Debatte über die Zwangsgebühren des Staatsfernsehens. Denn das ist ein Thema von nationaler Bedeutung. Wenn ein Bundesland aus dem System des Rundfunks aussteigt, wackelt das ganze System. In der vorhergehenden Wahlperiode hatten alle im Landtag vertretenen Parteien – damals CDU, SPD, Linke, Grüne und FDP – dem Staatsvertrag über den Staatsrundfunk und damit den Zwangsgebühren zugestimmt. Opposition gab es damals nicht, das Volk war im Parlament nicht vertreten, sondern wurde von den Altparteien zertreten. Das hat sich in der neuen Wahlperiode geändert.

Prof. Dr. Hoff, Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten stellte den Regierungsantrag des Roten Blocks vor: „Aufgrund der Umstellung der Rundfunkfinanzierung sind laut Prognose der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten im Zeitraum 2013 bis 2016 Beitragsmehrerträge in Höhe von ca. 1,1 Milliarden Euro zu erwarten. Die KEF hat den Ländern empfohlen, etwa 50 Prozent dieser Mehreinnahmen für eine Absenkung des Rundfunkbeitrage um 73 Cent zu verwenden. Mit der anderen Hälfte solle eine Rücklage gebildet werden, um gegebenenfalls unvorhergesehene Schwankungen der Beitragseinnahmen abfedern zu können. Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben dieser Empfehlung nicht in Gänze Rechnung getragen, sondern sie haben am 13. März dieses Jahres beschlossen, dass der Rundfunkbeitrag in einem ersten Schritt zunächst um 48 Cent gesenkt wird“.

Für die Linke verteidigte André Blechschmidt das Gebührenmodell der Rundfunksteuer: „Ja werden wir auch weiterhin sagen zum Paradigmenwechsel, sprich, zu der Frage der bisherigen gerätebezogenen Gebühr hin zu einem Haushaltsbeitrag.“

Bevor Stephan Brandner von der AfD zu Wort kam, gab es schon zwei Zwischenrufe der Linken: „Die finden Fernsehen wahrscheinlich ohnehin doof!“ und „Kommunistisches Machtwerk!“ Damit hatten Ramelows beide Hofnarren Dittes und Kuschel den Nagel freilich auf den Kopf getroffen.

Brandner: „Reden wir über GEZ-Gebühren, reden wir – nun hören Sie zu, eigentlich müssten Sie mir jetzt zustimmen – über eine unsoziale Wohnungs- oder Kopfsteuer, die da erhoben wird, (Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Würden Sie das mir überlassen?) eine Zwangsabgabe, die pro Jahr und bei Kleinsthaushalten auch pro Person rund 215 Euro beträgt.  215 Euro pro Personen in einem Kleinsthaushalt! Tatsächlich ist die Belastung aber noch viel höher, weil nahezu jeder mehrfach zahlt. Reden wir über die GEZ-Gebühren, reden wir über ein intransparentes Finanzierungssystem. Oder wissen Sie, was Lanz, Silbereisen, Kleber und die anderen Gesichter des Staatsfernsehens so aus dem Geldspeicher der Öffentlich-Rechtlichen bekommen? Das weiß kein Mensch, das ist geheim.

Einnahmen von rund 8 Milliarden Euro im Jahr – das entspricht ziemlich genau den Einnahmen des gesamten Freistaats Thüringen, wenn ich das richtig gelesen habe – kommen so zusammen.

Das heißt, dieses Finanzvolumen, was dem Freistaat zur Verfügung steht, wird im öffentlich-rechtlichen Staatsfunk für leichteste Fernseh- und Radiokost einfach verbraten. Wir werden daher darauf hinwirken, dass die Rundfunkstaatsverträge zumindest in ihrer jetzigen Form aufhören zu existieren und dass der Freistaat Thüringen … schnellstmöglich diese Verträge kündigt. Das ist möglich zum Ende nächsten Jahres. Darauf müssen wir uns verständigen. Wir könnten das hier im Landtag machen und dann wäre der gesamte GEZ-Mist weg.“

An dieser Stelle wies Vizepräsident Höhn den Abgeordneten in die Schranken: „Herr Abgeordneter Brandner, den „Mist“ lassen wir beim nächsten Mal weg.“ (Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: „Dann hat er gar nichts mehr zu sagen!)“

Abgeordneter Brandner, AfD: „Ok. Habe ich das gesagt? Da gingen die Gäule mit mir durch, Entschuldigung. 1 Milliarde Mehreinnahmen gab es übrigens, weil dieses Berechnungssystem umgestellt wurde auf diese Wohnungssteuer. … Das Minimum müsste aus unserer Sicht sein, dass kurzfristig zumindest um diese 73 Cent reduziert wird, wie es die KEF ja mit einem Finanzpolster von 500 Millionen festgestellt hat.“  Die AfD-Fraktion würde der Änderung des Staatsvertrags nicht zustimmen, weil er als Ganzes auf den Prüfstand gehöre und nicht einzusehen sei, warum die Bevölkerung mit einer nur um wenige Cent reduzierten Staatsfunksteuer zufrieden sein solle.

Madeleine Henfling von den Grünen replizierte auf die Rede von Brandner und gab ihm Saures: „Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Brandner, Sie haben heute, glaube ich, den Plenarsaal ein bisschen mit der Montagsdemo am Erfurter Anger verwechselt. Herzlich willkommen, das ist hier das Plenum im Thüringer Landtag und nicht die Reichsbürgerbewegung auf dem Erfurter Anger. (Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Das ist ein relativ krudes Demokratieverständnis, was Sie hier an den Tag legen, wenn Sie die ganze Zeit von einem Staatsfunk sprechen. Wenn Sie mal staatsgeleitete Medien angucken wollen, schauen Sie mal nach Italien, da gibt es doch einen ganz bedeuteten Unterschied zum dem Qualitätsfernsehen, was wir hier teilweise im öffentlich-rechtlichen Fernsehen haben.“

Diesen Unterschied gibt es ganz offensichtlich. Die Ausgaben für den deutschen Staatsfunk lagen 2011 gemäß einem Gutachten des Bundesministeriums der Finanzen in Deutschland bei 94 € pro Kopf und Jahr, in Italien dagegen nur bei 29 € pro Kopf und Jahr. Es ist ein gewaltiger Unterschied in den Kosten. Jede Sendeminute kostet im verregneten Deutschland unter Berücksichtigung der größeren Gesamtbevölkerung fast das Vierfache, als im sonnigen Italien. Die deutschen Staatsmedien sind im internationalen Vergleich total überbezahlt.

Wenn Madeleine Henfling überhaupt kein Gespür für die Kosten und die damit verbundenen Bürgerbeiträge hat, oder mit der Materie nicht vertraut ist, sollte sie ihre Reden vielleicht bei den Reichsbürgern auf dem Anger halten…