Ausnahmen und Abtreiber

Gerade haben Dagmar Metzger und Steffen Schäfer unter der Headline Erbschaftssteuer? Einfach abschaffen!“ einen treffenden Eintrag zur Erbschaftssteuer veröffentlicht. Sie konzentrieren sich in ihrer Kritik auf steuerrechtliche Aspekte. Das Vermögen sei ja aus versteuertem Geld gewachsen.

Das neue Erbschaftssteuerkonzept sieht höhere Steuersätze vor, verbunden mit der Möglichkeit Ausnahmen einzuräumen. Metzger und Schäfer üben Kritik an der vorgesehenen Möglichkeit der Bedürftigkeitsprüfung bei Steuerbefreiungen. „Beispielsweise soll die Grenze, ab der künftig eine Bedürfnisprüfung durchgeführt werden muss, um 80 Prozent gesenkt werden – und auch die Privatvermögen der Erben sollen dabei berücksichtigt werden. Dass damit der Willkür Tür und Tor geöffnet sind, dürfte klar sein.“

Ja, wie will der Staat denn das Privatvermögen schätzen? Es gibt Vermögensbausteine, welche auf  Knopfdruck exakt ermittelt werden können: Geld auf Bankkonten, Aktiendepots und alles was im Grundbuch und in der Kfz-Steuerdatei steht. Andere wertvolle Sachen sind schick intransparent: Schmuck, Edelmetalle und Antiquitäten. Der schlaue Unternehmer wird also umschichten. Folge ist, daß der Euro als Wertaufbewahrungsmittel immer unattraktiver wird. Aber das ist er bei der derzeitigen Inflation der Vermögenspreise eh. Es ist dabei für den Papiergeldskeptiker sehr interessant und auch wirklich amüsant zu beobachten, wie der Bundesfinanzminister als Hüter der Finanzordnung das Geld als Kollateralschaden der Steuererwirtschaftung höchstpersönlich diskreditiert. Ein Zielkonflikt!

Als liberale Publizistin ist Frau Metzger auf Eigentum und Steuern fixiert. Für Familienunternehmer, die sich als Glied einer genealogischen Kette verstehen,  spielt die Familie jedoch eine größere Rolle, als für Politiker, Dax-Vorstände,  ja und auch für liberale Publizisten. Eine gesicherte Abfolge von Firmeninhabern über Generationen setzt die Fruchtbarkeit der Unternehmerfamilien voraus. Sicher wird mit Geburten auch gegen den in linken Kreisen beklagten Fachkräftemangel und gegen die schleichende Umgestaltung der Bevölkerungspyramide in einen atompilzähnlich ausschauenden Lebensbaum gekämpft.

Die Sozialsysteme lassen sich natürlich besser erhalten, wenn die Bevölkerung nicht stark schrumpft. Wenn wir annehmen, daß die Bürger eines Landes 80 Jahre alt werden, daß Männer und Frauen gleich verteilt sind  und daß alle Frauen mit 40 Jahren ein Kind bekommen, so bleibt die Bevölkerungszahl des Landes ewig konstant, allerdings verschiebt sich die Relation von Rentnern zu Leuten im arbeitsfähigen Alter in einen ungünstigen Bereich. Wenn wir annehmen, daß alle Frauen um die 40 noch zwei Kinder bekämen, so würde sich unter obigen Voraussetzungen die Bevölkerung in 10 Jahren um 12,3 % vermehren.

Wenn dieselben Frauen ihre Kinder um die 30 bekommen und nicht mit 40, so wächst die Bevölkerung mit der Einkindfamilie in 10 Jahren um 4,1 %, mit zwei Kindern sogar um 20,5 %. Wenn man ein durchschnittliches Geburtsalter von 20 Jahren annimmt, so würde die Bevölkerung binnen 10 Jahren selbst mit der Einkindfamilie  um 12,3 % wachsen, mit der Zweikindfamilie um 37 %.

Für die Alterspyramide ist das Alter der Frauen bei der Geburt entscheidend  und nicht nur die Zahl der Geburten pro Frau.

Demografisch ist das mit 20 Jahren geborene Kind also viel wertvoller, als das mit 40 Jahren geborene. Und für den Unternehmer ist das auch so. Der könnte ja die Firma erst im biblischen Alter von 70 Jahren übergeben, wenn sein Kind geboren wird, wenn er schon 40 ist.

Für die Bevölkerungsentwicklung ist also eine glückliche Mutti in einem noch frischen Alter wünschenswert. Wenn der Unternehmer jedoch auf die Erbschaftssteuer schaut, wird er in die andre Richtung gesteuert. Denn es ist für den Betrieb besser, wenn nur alle 40 Jahre eine Erbschaft oder eine Schenkung stattfindet, und nicht alle 20 Jahre. Wir sehen hier wieder den klassischen Fall eines von der Politik angerichteten Zielkonflikts. Oder besser gesagt: eine der immer häufigeren schiefgehenden politischen Totaloperationen liegt hier auf unserem Seziertisch. Steuererhöhung geglückt, Demografie tot.

Nun sind Angela Merkel und Wolfgang Schäuble bekanntlich Mitglieder und Anführer einer christlichen Partei. Da müßte die Geburt und Erziehung von Kindern im Mittelpunkt stehen. „Seid fruchtbar und mehret euch“, hieß es nach der Sinflut. Aber statt sich für das Leben zu entscheiden, gieren die beiden Politchristen nach Geld. Jesus würde im Viereck springen und der liebe Gott ist vermutlich nicht zufrieden.

Die Erbschaftssteuer hat widernatürliche Auswirkungen. Früher gab es im Unternehmen Einnahmen und Antreiber. Nach Schäubles Erbschaftssteuerreform gibt es Ausnahmen und Abtreiber.