Mehr Kernkraft, weniger Kohle

Wie die tschechische Regierung plant auch die polnische einen ganz anderen Energiemix als die deutsche. Den deutschen Sonderweg der Energieerzeugung geht im ganzen Osten der EU niemand mit.

Der neue polnische Präsident Andrzej Duda hat angedeutet, daß er die Energiepolitik der EU nicht in allen Punkten für sachgerecht hält. Durch eine Verteuerung von Energie bei Verzicht auf Kohle würde die polnische Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt leiden. Denn die polnische Industrie ist anders aufgestellt, als die deutsche. Es fehlen die großen Marken wie BMW, Benz, VW, Siemens, BASF, Merck und Bayer. Statt dessen gibt es viele Zulieferer, die eher unter Preisdruck stehen, als westeuropäische Premiummarken. „Polnische Energiewirtschaft beruht auf Kohle. Und so sollte es auch bleiben“, versprach Duda deshalb seinen Wählern. Nicht nur der Präsident denkt so, auch die regierende Bürgerplattform (PO) hatte in ihrem Energiekonzept für 2030 immer noch 51 % Kohle vorgesehen, neben 24 % Erneuerbaren und 11 % Kernkraft. Derzeit beträgt der Kohleanteil bei der Verstromung fast 85 %.

Die Kohleverstromung ist insofern sinnvoll, als Kohle in Polen reichlich vorhanden ist, während Gas und Uran importiert werden müssen.

Die EU hatte Druck gemacht, die CO2-Emissionen in Polen zu senken, weil sie die irrige Annahme teilt, daß CO2 das Klima erwärmt. Deshalb will die polnische Regierung ab 2016 zwei Kernkraftwerke planen und bauen, die fast keine Emissionen erzeugen und 2024 am Netz sein sollen. Außerdem sollen Holz, Windstrom und Biogas zukünftig eine größere Rolle bei der Stromerzeugung spielen. Für Photovoltaik begeistert sich die Regierung wegen den meteorologischer Bedingungen in der Republik Polen nicht und Wasserkraft hat wegen der Topografie Polens kaum eine Chance.

Die Einstellung der Präsidentenpartei Recht und Gerechtigkeit zur Kernenergie ist durchaus kontrovers. Einerseits wird der Einstieg in die Kernenergie als technologischer Fortschritt und Chance gesehen, andererseits hat Duda die Argumente der relativ hohen Herstellungskosten und die Bedenken der ansässigen Bevölkerung im Wahlkampf thematisiert.

Derzeit sind in Polen nach Informationen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie folgende Kraftwerkskapazitäten im Bau:
Kraftwerk     Leistung
Steinkohlekraftwerk Opole     2 x 900 MW
Steinkohlekraftwerk Kozienice     1.000 MW
Heizkraftwerk Warszawa Zeran (Gas)     450 MW
Gaskraftwerk Wloclawek     463 MW
Gaskraftwerk Gorzow Wielkopolski     140 MW
Gaskraftwerk Grudziadz     420 bis 600 MW

Weiterhin wurde ein 450 MW-Braunkohlekraftwerk in Turow geplant. Die neuen Gaskraftwerke sollen zumindest optional vom neuen Gasterminal in Świnoujście versorgt werden, so daß auch Leitungsinfrastruktur zu errichten ist. Geplant sind zunächst 1.000 km Leitung bis nach Tschechien und in die Ukraine. Ob Polen mit Fracking selbst Gas fördern könnte, ist derzeit noch nicht klar. Zur Wirtschaftlichkeit gibt es unterschiedliche Meinungen.

Der sehr unterschiedliche Energiemix in Deutschland und Polen hat natürlich Auswirkungen auf den Verbraucherpreis: In Deutschland kostete die kWh 2013 astronomische 29,2 ct, in Polen nur 14,8 ct.

Die Arbeitskosten betrugen nach der Statistik des Europäischen Amtes destatis 2014 in Deutschland 31,80 € pro Stunde, in Polen 8,20 €. Der Pole muß also trotz eines niedrigeren Preises doppelt solange für eine kWh arbeiten, als der Deutsche. Insofern hat Präsident Duda Recht, wenn er vor steigenden Energiekosten warnt. Die von der EU beabsichtigte Verdrängung der Kohle ist extrem unsozial. Übrigens nicht nur in Polen, sondern auch in Deutschland.

Im Präsidentschaftswahlkampf sprach sich Andrzej Duda für das Gesetz über „Schutzabstände der Windparkanlagen zu Wohnorten“ aus. Die Bürger sollen nach dem Willen des Präsidenten besser vor Infraschall, herabstürzenden Teilen und dem Diskoeffekt geschützt werden. So eine Abstandsregelung braucht Deutschland in Zukunft natürlich auch.