Fundis und Realos

„Das hat mit dem Islam nichts zu tun“. Immer wenn religiöse Eiferer den Koran wirklich leben, taucht diese Sprachregelung im zwangsfinanzierten Staatsfernsehen und in der L-Presse auf, um die analytische Sicht auf die Ereignisse  zu vernebeln. Ein Problem kann man jedoch nur lösen, wenn man eine zutreffende Analyse dazu hat, welche die Wirklichkeit abbildet. Was den Koran betrifft, ist diese Analyse bisher unterblieben. Die erste Ableitung des Zerrbilds vom Koran ist es von „Islamisten“ zu sprechen, wenn die Gläubigen zum Kampf ausrücken.

Das-sich-Drücken vor dem Kampf gab es in moslemischen Kreisen schon zu Zeiten des Propheten.  Der Koran kritisiert die kampfesmüden Moslems immer wieder, zum Beispiel in der Sure „Die Frauen“, 78. und 79. Wunderzeichen:

„Wer da glaubt, kämpft in Allahs Weg, und wer da nicht glaubt, kämpft im Weg des Taghut (alles was neben Allah angebetet wird, Götzenkram). So bekämpfet des Satans Freunde. Siehe, des Satans List ist schwach. Sahst du nicht auf die, zu denen gesprochen ward: »Hemmet eure Hände (vom Kampf) und verrichtet das Gebet und zahlet die Armenspende«? Doch wenn ihnen der Kampf vorgeschrieben wird, dann fürchtet ein Teil von ihnen die Menschen, wie sie Allah fürchten, ja noch mehr, und sprechen: »Unser Herr, warum schriebst du uns den Kampf vor und verzeihest nicht mit uns bis zum nahen Termin? (Unter dem Termin wird gemeinhin das Jüngste Gericht verstanden.)

Wenn man den Koran zum Maßstab nimmt, ist der kämpfende Moslem der Normalmoslem und der  in ragende Türme flüchtende Kampfverweigerer ein verzagter Abtrünniger.  Die Kämpfer als Islamisten zu bezeichnen ist also Unsinn. Es sind die Fedajin, die als Moslems mit Gut und Blut eifern wie es in der Sure „Die Reue“, Wunderzeichen 41 geschrieben steht.  Man muß die Lügenpresse und das Wahrheitsministerium mal fragen: Was ist denn nach eurer Propaganda eigentlich das Gegenteil des „Islamisten“?

Sachgerecht wäre eine Unterscheidung der Moslems in Fundis und Realos. Alle, die im Nahen Osten staatliche Macht zelebrieren, sind letztlich Realos, weil sie neben den Befehlen Allahs ein Reich menschgemachter Macht mit regierungsamtlichen Regeln etabliert haben und dieses Regelwerk durchsetzen. Aus praktischen Gründen zumeist. Selbst die frommen Könige am Golf und der Türkensultan Erdogan praktizieren ein staatliches Recht neben dem Koran und stehen deshalb auf dem Merkzettel der vom Islamischen Staat zu erobernden Reiche. Die Fundis wollen jedwedes staatliche Recht aufheben und nur nach den Regeln des Koran und der Scharia leben und durchregieren. Was daran unislamisch und mit den Worten der Lügenmedien „islamistisch“ ist, kann ich nicht erkennen. Das Leben nach den Regeln des Koran mag unpraktisch, todesmutig und unbequem sein, aber es ist gemessen an der Schrift nicht unislamisch oder „islamistisch“.

Der Fundamentalismus ist kein isoliertes Problem des Nahen Ostens. Wenn man unsere protestantischen Kirchenführer regieren ließe, würde dasselbe Chaos wie im Islamischen Staat ausbrechen. Wir hätten in Deutschland postwendend Leute am Drücker, die überhaupt nicht wissen, wie Macht praktisch gehandhabt werden muß, um ein einigermaßen lebenswertes Dasein zu ermöglichen. Unser  recht und schlecht funktionierendes Wirtschafts-, Familien- und Sozialsystem würde schnellstmöglich auf dem Altar des Klima-, Multikulti- und Genderwahns geopfert werden. Alles Themen übrigens, von denen Jesus nie gepredigt hat.

Wenn unsere westlichen Führer die Fundis vom Islamischen Staat nicht leiden können: Warum haben dann Obama, Sarkozy, Merkel und die Lügenmedien die regierenden Realos in Tunesien, Ägypten, Libyen und Syrien unter dem Label „Arabischer Frühling“ gestürzt bzw. in Bürgerkriege verwickelt?

Nach sieben Jahren Obama liegen der Nahe Osten und Nordafrika in Trümmern. Man hat George W. Bush mit Recht vorgeworfen, aus ideologischer Verblendung den Irakkrieg vom Zaun gebrochen zu haben. Letztlich um dem Nahen Osten Demokratie zu verordnen. Obamas „Change“ bestand daraus, dieses Desaster auf das ganze Morgenland auszudehnen, nachdem es im Irak bereits gescheitert war. Immer unter dem Beifall der Lügenpresse. Welche bizarren Hoffnungen haben die faschistoiden Journalisten damals selbst gehabt und in uns geweckt! Sie dachten in der aufständischen arabischen Jugend sich selbst wiederzuerkennen.  Diese Jugend lief nach wenigen Tagen aus dem Ruder der NGOs und der Lügenpresse, ließ sich Bärte wachsen und verschwand unter dem Nijab.

Sind unsere Führer selbst keine Realos mehr, sondern kriegstreibende Fundamentalisten? Obama, Sarkozy, Hollande und Merkel sind verbohrte Ideologen. Sonst hätten sie mit den arabischen Realos Mubarak, Assad, Ben Ali und Ghaddafi Frieden gehalten.

Wenn der Presse nichts mehr einfällt, fordert sie, daß sich die Islamverbände und die Moscheegemeinden im Kampf gegen „Islamisten“ mehr engagieren.  Das ist nicht zu Ende gedacht. Erstens kann man von einer Religionsgemeinschaft nicht verlangen, daß sie von sich aus ihre zentrale Offenbarungsschrift in Frage stellt. Zweitens stehen den Verbänden und Gemeinden keine Machtmittel zur Verfügung. Sie haben keine Armee, keine Polizei, keinen Geheimdienst, keine Justiz und keine Gefängnisse. Im Nahen Osten sorgt der Staat für Ordnung, solange es den Staat gibt. Das wird in Europa nicht anders funktionieren.  Die deutschen Politiker müssen endlich ihre Arbeit machen, statt sich hinter unwillligen und machtlosen Interessenvertretungen zu verschanzen.