Das Gespenst von Weimar – Teil 1

Viele Publizisten und sogenannte „Politikwissenschaftler“ sehen das Schreckgespenst der Weimarer Republik über Deutschland wabern. Diese zahnlose Vorbereitungsphase zweier machtbesoffener Diktaturen. Ein präfaschistischer Diskurs wird heute wieder wahrgenommen, der Kampf zwischen verschiedenen Konzepten werde bürgerkriegsartig ausgetragen, Deutschland marschiere in eine antiwestliche illiberale Sackgasse. So die beliebtesten Argumente. Auch befreundete Blogger sehen zuweilen schwarz für die Zukunft. Aber aus anderer Perspektive.

Wer den Blick nämlich zurück richtet auf die frühen und mittleren Jahre der Bundesrepublik, wird von Wehmut gepackt und räsoniert über das verlorene Paradies. Glaubt man den Beteuerungen der Altrepublikaner, so wurde früher gefühlt das doppelte verdient, das Leben rann gemächlich vor sich hin und die Lebensversicherung war rentierlich. Dieser Rückspiegel in das goldene Zeitalter vor 1990 fehlt den Thüringern, Sachsen und Mecklenburgern. Für sie beginnt die Geschichte in einer heroischen Zeit des Umbruchs, in der die imperiale Macht Moskaus zerbrach, im Wiederaufbau wahnsinnig viel gejammert wurde, Firmen untergingen und neu gegründet wurden, wo in sehr kurzer Zeit große Vermögen gemacht oder in den Sand gesetzt wurden. Ich erinnere mich immer dankbar an zwei ältere Damen, die wegen allen Ungerechtigkeiten der Welt hartnäckig PDS gewählt haben und ihren erfreuten Erben freundlicherweise 5stellige Kontenstände hinterlassen haben.

Vielleicht haben die Kassandras Recht, welche vor dem Untergang warnen. Vielleicht auch nicht. Ein Vergleich unserer Zeit mit der Weimarer Republik kann unserem Optimismus wieder aufhelfen. Verglichen mit der tiefen kulturellen und politischen Finsternis der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts leben wir in einer vorrevolutionären Periode der Aufklärung.

Sehen wir uns zunächst die Medien an. Das Reschkefernsehen gab es damals noch nicht. Das Radio steckte in den Kinderschuhen. 1932 war die Hörerzahl in Deutschland auf 4 Millionen angewachsen, 1925 waren es noch 850.000. Das Postministerium stellte Regeln für die Überparteilichkeit von Wortsendungen auf. Zur Kontrolle wurden in den Rundfunkbezirken Überwachungsausschüsse installiert, in denen Reichs- und Landespolitiker saßen. Um Unstimmigkeiten zu regeln, musste jeder Sender einen „kulturellen Beirat“ aus drei bis sieben Personen einrichten, die lokal bestimmt, aber vom Reichsinnenministerium abgesegnet werden mußten. So wurde die Macht zwischen den politisch Mächtigen nach Proporz geteilt. Lebendige Demokratie sieht natürlich anders aus. Wenn man den damaligen Hörfunk mit heute verglicht, hat sich nicht viel geändert. Die Überwachungsausschüsse heißen heute Rundfunkräte. In einer Hinsicht war der Hörfunk demokratischer, als heute: man brauchte die 2 Reichsmark Gebühr nur zu zahlen, wenn man ein Gerät hatte. Es gab noch keine orwellsche Zwangsbeglückung mit Staatsnachrichten, deren Entgelt als „Demokratieabgabe“ beworben wurde. 1:0 für Weimar!

Die Massenpresse war in der Weimarer Republik hoch monopolisiert. Vier große Akteure teilten sich einen großen Teil des Kuchens: Ullstein, Münzenberg, Hugenberg und Mosse. Daneben gab es noch einige Parteizeitungen wie den „Vorwärts“, die aber geringere Reichweite hatten. Die Zeitungen spielten alle dasselbe Lied: Nur der Staat kann alles richten. Und das Diktat von Versailles ist an allem Schuld. Auf einer elitaristischen Grundströmung schwammen sowohl die Papierschiffchen der Konservativen, der Nationalsozialisten, der Kommunisten, der Sozialdemokraten und selbst der Katholiken. Kommunistische und nationalsozialistische Publikationen waren sich in der Führungsphilosophie und in wirtschaftspolitischen Fragen völlig einig. Was bei den einen Gulag hieß, nannte man bei den anderen KZ. In wirtschaftspolitischen Fragen stießen auch die Sozialdemokraten ins planwirtschaftliche Horn.

Man kann der heutigen Lügenpresse dies und das vorwerfen: So ein Einheitsbrei, wie in den zwanziger Jahren zusammengeschreibselt wurde, wird nicht mehr gedruckt. Zwischen Alpenprawda und WELT gibt es kleine Differenzierungen. Zumindest homöopathisch werden in einigen wenigen Blättern auch liberale Gedanken zu Papier gebracht. Beispielsweise wird gegen die Energiewende, die Potsdamer Klimalügen, den Atomausstieg, den Euro als Spaltpilz, den zubetonierten Arbeitsmarkt, das staatliche Zwangsfernsehen, die teure staatliche Gesundheitsbürokratie, das angesichts steigender Kriminalität hirnrissige Waffenverbot, das berügerische Riestern, überbordende Luftreinheitsvorschriften, die Gefahren erkennungsdienstllich nicht behandelter antisemitischer Ausländer, gefährlicher Windräder und die durchgegenderte Antidiskriminierungspolitik polemisiert. Es gibt vereinzelt noch Plädoyers für Vertragsfreiheit und Marktwirtschaft in der Presse. 1:1 unentschieden!

In den zwanziger Jahren gab es kein Internet und damit auch keine demokratische Diskussion. Meinungen konnten früher von den Zeitungszaren mühelos unterdrückt werden. Leserbriefe wanderten in den Rundordner (Papierkorb). Wie die Meinung der Journalisten und der Leser auseinanderläuft, sieht man heute an den Kommentarfunktionen von Internetzeitungen. Meistens denken die Leser das Gegenteil der Artikelschreiber. Die Aufklärung über die zentralistische, planwirtschaftliche und undemokratische EU wäre ohne das Internet nie soweit vorangekommen, frauenfeindliche und kriminelle Tendenzen der jüngsten Zeit wären nie ans Licht der Öffentlichkeit geraten. Ohne das Internet würde sozialistische Intransparenz herrschen. Finstere Hinterzimmerdämonen wie Maas und Merkel würden ohne Internet jeden relevanten Informationsfluß zum Stillstand bringen. 2:1 für unsere Zeit!

Heute haben wir ganz grob mal die Medien durchleuchtet. Im zweiten Teil wird ein Blick in die Wirtschaft geworfen und im dritten Teil wird die Kultur gestreift werden. Schließlich ist geplant zum Schluß die Politik einschließlich der Außenpolitik zu vergleichen.