Das Spannungsfeld zwischen Hunden und Engeln

Einmal war ich in einem polnischen Architekturbüro zu Gast. Plötzlich stand eine 80 cm große Deutsche Dogge neben mir und schnüffelte. Es war der allseits geliebte Bürohund und gehörte der Chefin. In Filmchen des Hundetrainers Cesar Millan sieht man immer wieder, daß Arbeitnehmer ihre Hunde zur Arbeit mitbringen und bis zu zehn Hunde in einem Raum friedlich miteinander auskommen.

Immer mehr Leute nehmen ihre Hunde überall hin mit. In den Betrieb, in Gaststätten, selbst auf Parteitagen und Demonstrationen treffen sich immer mehr Köter. Wegen der verschlechterten Sicherheitslage ist das auch angebracht. Einer Frau würde ich immer raten nur mit einem möglichst großen Hund auf die Straße zu gehen, wenn männliche Begleitung fehlt, denn die Sitten verschlechtern sich.

Aber nicht jedem ist das recht. Denn wir haben ja eine Bereicherung durch Ärzte und Ingenieure. Vereinzelt kommt es vor, daß diese Neuankömmlinge Hunde für unrein halten und deutsche Hundehalter anpöbeln. Dazu gibt es keine klare vorherrschende Rechtsmeinung der islamischen Gelehrten. Die einen haben hundefreundliche Aussprüche Mohammeds rausgesucht, andere leiten aus Äußerungen des Propheten die Unreinheit unserer vierbeinigen Freunde ab. Mohammed hatte einerseits Gläubige gelobt, daß sie durstende Hunde tränkten, andererseits warnte er:

„Mit Ausnahme der Hundebesitzer, die diese zu Zwecken der Jagd, zum Hüten von Tieren, sowie zur Bewachung von Haus, Hof, Land und Acker haben, vermindert sich die Gutschrift der Hundebesitzer von Tag zu Tag um eine geringe Menge.“

Hier ist natürlich nicht eine Gutschrift bei der Sparkasse gemeint, sondern die Gutschrift im Himmel. Einer der Prophetengefährten, Abu Huraira (gest. etwa 679) berichtete, dass der Gesandte Allahs gesagt hat:

„Wenn ein Hund mit seinem Maul oder seiner Zunge in das Gefäß von einem von euch eingetaucht ist, dann besteht die Reinigung des Gefäßes darin, dass er es sieben Mal wäscht, das erste dieser sieben Male dabei mit Erde.“  

Ein anderer Gefährte hatte aufgeschnappt, daß man zu Anfang und am Schluß mit Sand waschen muß, dazwischen fünfmal mit Wasser. Ob der Hund an sich unrein ist, ist unter den Gelehrten strittig, wird aber von der Mehrheit der Moslems befürwortet.

Manche Gelehrte, wie Imam Malik Ibn Anas (geb. 93 – gest. 179 nach islamischer Zeitrechnung) sehen den Hund als an sich reines Tier an, zumal die von einem Jagdhund erlegte Beute trotz Berührung mit seinem Speichel zu essen erlaubt ist.

Wichtig ist, dass der Hund nicht ins Haus oder in die Wohnung darf. Im Koran heißt es nämlich, dass Engel keine Häuser betreten, in denen sich Hunde aufhalten. Hier könnte sich ein Konfliktpunkt zum Beispiel am gemischtreligiösen Arbeitsplatz oder im gemischtreligiösen Mietshaus ergeben.

Die Überlieferung besagt, dass der Teufel sich hin und wieder in einen schwarzen Hund verwandelt. Deshalb gibt es eine diesbezügliche Fatwa. Scheich Abdullah bin Abdur-Rahman bin Jabreen hatte im Herbst 2007 auf einem relativ neuen Stand wissenschaftlicher Forschung eine diesbezügliche Frage ausgeurteilt:

Frage Nr. 428: „Wie ist folgende Sachlage zu beurteilen: Ein hungriger, durstiger schwarzer Hund kam auf mich zu um Futter zu bekommen. Ich schlug ihn mit einem Stock so lange, bis er starb. Damals war ich 10 Jahre alt.“
Antwort: „Falls der Hund ganz schwarz war, ist es erlaubt ihn zu töten, weil er ein Teufel ist. In diesem Fall haben Sie keine Sünde begangen. Wäre der Hund aber nicht ganz schwarz, sondern besäße auch andere Farben wie weiß oder braun, dürfte er nicht getötet werden. Sie hätten eine Sünde begangen und müssten Buße tun.“

Ob nun die Religionsfreiheit Vorrang bekommt oder der ebenfalls im Verfassungsrang stehende Tierschutz – eine völlig offene Frage. Beim Schächten hatte sich die deutsche Justiz auf die Seite der Religion geschlagen. Ist insofern logisch, als im Grundgesetz die Religionsfreiheit vor dem Tierschutz behandelt wird.

Islamfatwa belehrt in einer weiteren Fatwa den frommen Moslem, daß falls während eines Gebets ein schwarzer Hund vorbeiläuft das Gebet wiederholt werden muß. Das ist aber auch zu beachten, wenn eine Frau oder ein Esel vorbeigeht.

Wie man deutlich sieht: die islamische Wissenschaft ist ähnlich konzipiert, wie der Marxismus-Leninismus. Aus einer riesigen Auswahl von Schriften und Zitaten der  „Klassiker“ wird nach der Aussage gesucht, die gerade hilfreich ist. Die Koransuren und die Erinnerungen der Prophetengefährten werden immer wieder durchstöbert, ohne sie zu hinterfragen. Insofern ist die wissenschaftliche Methodik des Islam für uns Osteuropäer vertraut.

Im vergangenen Jahr war ich in Arabien. Mein Gastgeber hielt etwa zehn Hunde und hatte kein Problem damit. Sie lebten in einer Meute im Garten und dienten offenbar dem Einbruchschutz für das Wohngebäude. Ein schwarzer Hund war nicht dabei und die Hunde wurden auch nicht ins Haus gelassen.

Im Prinzip ist eine Koexistenz von Christentum, Ungläubigkeit und Islam in der Hundefrage nur eingeschränkt möglich. Bei der Haltung in Gebäuden – also am Arbeitsplatz – und bei schwarzen Hunden gibt es definitiv Probleme.

Was geht in einem Mehrfamilien-Mietshaus vor, in welchem der eingeborene Mieter einen Hund halten will, der moslemische Mitbewohner aber darunter leidet, daß die Engel seine Behausung meiden? Hat sich unsere Kanzlerin darüber schon einmal Gedanken gemacht? Mit Details beschäftigt sie sich nie. Das Ausbaden heikler Widersprüche überläßt sie gewöhnlich ihren Untertanen.