Schlag nach bei Goethe!

Der Ton im politischen Raum wird rauher. Schuld daran ist natürlich Bundeskanzler Frau Dr. Merkel. Sie hat die Distanz zwischen Orient und Okzident deutlich verringert, als sie im europäischen Alleingang das sogenannte „Flüchtlingsabkommen“ mit der Türkei auskungelte. Und mit der Verringerung des Abstands kommt die Türkei mit ihren schrillen Tönen in Hörweite.

Zuerst litten nur die Kurden und Aleviten unter Merkels Verdummungspolitik, als Erdogan im Schatten des Merkel-Deals den Bürgerkrieg im Herbst 2015 anfachte. Dann bezahlten zehntausende türkische Soldaten, Richter und Lehrer nach dem gescheiterten Gülen-Putsch mit ihrer persönlichen Freiheit. Nun sind auch Europäer betroffen. Das neueste Opfer ist der österreichische Bundeskanzler Kern, wie der Focus berichtete:

„Der türkische Europaminister Ömer Celik sagte, er sehe in Aussagen des österreichischen Kanzlers Christian Kern Parallelen zu „Rechtsextremen“. Und Mevlüt Çavuşoğlu, Außenminister der Türkei, bezeichnete das Land als „Zentrum des radikalen Rassismus“.

Nun legt Burhan Kuzu, enger Berater des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, auf Twitter nach. In einem am Samstag veröffentlichten Tweet richtet sich Kuzu wohl an den österreichischen Kanzler Christian Kern. „Verpiss dich, Ungläubiger“, soll er dort sinngemäß geschrieben haben. „Die EU geht sowieso unter und die NATO ist nichts ohne die Türkei“.

Kern hatte die Fehde mit der Türkei ausgelöst, als er EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei als „diplomatische Fiktion“ bezeichnet hatte. Ein Beitritt sei wegen unzureichender demokratischer Standards über Jahrzehnte nicht möglich, so der österreichische Kanzler.“

Die beiden Minister sprechen offensichtlich die Reflexe der deutschen Gutmenschen an, die bei jeder „rechten Gefahr“ den Verstand verlieren. Und der Focus irrt, wenn er annimmt, daß Kern mit dem Stänkern angefangen hat. Angefangen haben die Türken mit dem Bürgerkrieg gegen die Kurden, mit der Gleichschaltung der Medien und mit der größten Verhaftungswelle seit den stalinistischen Säuberungen.

Wenn der in den Augen der frommen türkischen Regierungspartei „Ungläubige“ Christian Kern die Zeichen der Zeit verstehen würde, bräche er die diplomatischen Beziehungen zur Türkei erst einmal rigoros ab. Denn auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil. Österreich sollte sich nicht alles gefallen lassen. Denn ein Ungläubiger ist nach dem Koran gegenüber den Herrenmenschen nur Dreck. Und als solcher sollte man sich als Österreicher nicht behandeln lassen.

Sicher hat Burhan Kuzu auch einen Funken Verstand: Wenn die EU sich derart uninspiriert verhält wie bisher und jede türkische Kröte schluckt, wird sie untergehen. Ohne Merkel, Juncker und Schulz, ohne Griechenland und die Türkei könnte sie allerdings wieder zum Leben erweckt werden. Auch die NATO kann man sich ohne die ewigen Streithähne Türkei und Griechenland sehr effizient vorstellen. Es wäre sicher amüsant zuzusehen, wie Putin in Ankara und Athen mal richtig aufräumt, wenn die Großpolitiker Recep Erdogan und Alexis Tsipras auf sich allein gestellt sind. Die zahlenmäßig starke, aber schlecht ausgerüstete türkische Armee würde gegen  Rußland keine zwei Wochen durchhalten. Zumal sie in der Führungsebene gerade extrem geschwächt ist.

Andererseits Athen: Wenn Rußland für die Finanzen der Hellenen Verantwortung übernehmen würde, verschwände der parasitäre Teil des griechischen Establishments, der mit den neuen Herren nicht mitzieht, in sibirischen Arbeitslagern und würde endlich etwas nützliches tun. Zum Beispiel Militärmäntel im Akkord nähen.

Noch ein erfreulicher Aspekt: Rußland wäre mit den Baustellen in Konstantinopel und Athen auf Dauer beschäftigt.

Der Weimarer Geheimrat Goethe hat das Desaster mit geübtem Blick wie üblich vorausgesehen und im „Osterspaziergang“ an uns überliefert:

Andrer Bürger:

Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

Dritter Bürger:

Herr Nachbar, ja! so laß ich’s auch geschehn:
Sie mögen sich die Köpfe spalten,
Mag alles durcheinander gehn;
Doch nur zu Hause bleib’s beim alten.

Wolfgang von Goethe hielt von der Einmischung in orientalische Kriege und der „Bekämpfung der Fluchtursachen“ offensichtlich nichts. Da war er unserer Kanzlerin ein gutes Stückchen voraus. Er trank morgens schon ein paar Glasel Frankenwein.