Journalismus 1981 und heute

Wir jammern viel über die bösen Medien. Alles sei schlimmer und schlechter geworden, als in der guten alten Zeit. Insbesondere die Lügenpresse und das Staatsfernsehen seien noch nie so mies gewesen, wie gerade jetzt.

Aber ist das so in Bausch und Bogen richtig? Ich habe mir ein Youtube-Video der Tagesschau vom 20. Januar 1981 angesehen, um verglichen zu können. Der 20. Januar 1981 war der Tag der Vereidigung von Präsident Ronald Reagan.

Sicher es gibt wachsende Defizite. So eine ekelhafte Giftspritze wie Klaus Kleber gab es damals noch nicht. Und Fernsehen war 1981 noch ein freiwilliges Vergnügen, jedenfalls was den GEZ-Beitrag betraf. Da gab es früher etwas mehr Toleranz gegenüber dem Nichtseher. Damit hören die Vorteile der alten Zeit aber auch schon auf.

Die Teheraner Mullahs hatten die Freilassung der amerikanischen Botschaftsgeiseln auf den 20. Januar 1981, eine halbe Stunde nach der Vereidigung des neuen Präsidenten gelegt. In der vagen Hoffnung, daß diese Terminierung die Vereidigung von Reagan in den Hintergrund drängt und als spezielle Ohrfeige für den Amtsvorgänger Jimmy Carter. Das damalige ARD-Team hatte die Entscheidung zu treffen, ob man chronologisch berichtet oder nicht. Ob man die Vereidigung zuerst bringt, oder die Freilassung der Geiseln.

Man machte sich damals freiwillig zu Handlangern der Mullahs und berichtete einleitend in epischer Breite vier Minuten und 55 Sekunden lang über die Geiselfreilassung einschließlich ausführlicher Rückblenden in die Zeit der iranischen Revolution. Ab der fünften Minute berichtete man dann doch noch von der Präsidentenvereidigung und Peter Merseburger kommentierte anschließend. Der Bericht dauerte eine Minute und 50 Sekunden, der Kommentar von Merseburger 37 Sekunden. Dann kam noch eine kleine Gemeinheit: Der Bericht von der Vereidigungsparade zwischen Kapitol und Weißem Haus zeigte eine leere Avenue (ein Schelm der böses dabei denkt) und dauerte 27 Sekunden.

Ab Minute 7:49 beschäftigte sich die Tagesschau mit der weltpolitischen wichtigen Frage, wie die Senatskrise in Westberlin zu lösen sei. Das beschäftigte die Redaktion bis zur zehnten Minute, also fast so lange wie die Vereidigung in Washington.

Das Fernsehen konnte die Republikaner nicht leiden. Man zeigte seine Abneigung damals allerdings etwas subtiler, als heutzutage. Man strafte Reagan mit der nachrangigen Platzierung der Nachricht und mit der Kürze der Sendezeit.

Was 1981 fehlte: Es gab keine Berichte über den Frust der unterlegenen Demokraten. Kein Exzentriker wie Michael Moore bekam im ARD eine Bühne. Andererseits: Die Zivilgesellschaft hatte noch keine Möglichkeit, sich gegen den Tendenzjournalismus zu wehren. Das Internet war noch nicht geboren.

Und dann gab es in den siebziger und achtziger Jahren noch etwas Ekelhaftes: Der Kommentator Merseburger war mit dem dritten Mann meiner Tante über vier Ecken verwandt. Mein Vater mußte immer peinlich darauf achten, daß die Staatssicherheit das nicht mitbekam. Ansonsten hätte er sich erhöhter Aufmerksamkeit erfreut.

Fazit: Über Ronald Reagan ist vor 36 Jahren auch nicht wohlwollender berichtet worden, als kürzlich über Donald Trump.