Die FDP und die Medien

Das war nicht immer eine Liebesbeziehung. Insbesondere wenn der wirtschaftsliberale Flügel in der Partei Oberwasser bekam, war das Echo in Gazetten und im Fernsehen feindlich. Wer erinnert sich nicht an die lächerliche Blusengeschichte mit Fräulein Himmelreich und dem weinseligen FDP-Minister Rainer Brüderle an einer Bar, die zur Sexismusdebatte hochgebauscht wurde. Er hatte der arroganten und mit natürlichen Reizen relativ sparsam bedachten jungen Dame ein mißglücktes Kopliment gemacht, weiter nichts. War eine kleinbürgerliche Zeit damals. Die geniale und blickige Birgit Kelle nutzte die Gunst der spießigen Stunde und schrieb ihren Bestseller „Dann mach doch die Bluse zu“. Heute muß man schon die deutsche Fahne im Fernsehen auf die Sessellehne legen, um ähnliche Medienaufregung zu generieren.

Wenn dagegen gerade die Liberala-Liberalen mit dem Freiburger Programm unter dem Schlafkissen die Partei führten, dann gab es zuweilen auch ein entspanntes Verhältnis zu den Machern des veröffentlichten Worts. Rudolf Augstein, der allgewaltige und allgegenwärtige Medienzar selbst, war ja zeitweise FDP-Mitglied und zog 1972 für die damals „Pünktchenpartei“ genannte Truppe sogar in den Bundestag ein. Um sein Mandat schon nach zehn Wochen wieder niederzulegen. Beim SPIEGEL hatte er die tausendfache Macht, denn als Politiker. Das begriff er sehr schnell.

Bis in die Kommunalpolitik reicht die Furcht der Liberalen vor den Mächtigen, und zwar selbst vor den Lokalredakteuren von Käseblättchen. Ich war vier Jahre Mitglied in der FDP-Fraktion eines Kreistags und spielte 2009 auch mit dem Gedanken in die FDP einzutreten. Ausgerechnet wegen der Energiepolitik. Es gab einen Grund es dann nicht zu tun. Das war die ständig grassierende Angst der liberalen Funktionäre vor den Medien. Am 30.09.2009 hatte es die Partei geschafft, in den Thüringer Landtag gewählt zu werden. Kurz darauf gab es eine diesbezügliche Feier der Landespartei im Erfurter Flughafen. Wie weit der Ort eine glückliche Symbolbedeutung hatte – eine gute Frage. Ich sprach ein dort weilendes Mitglied des Landesvorstands etwas kritisch auf die Energiepolitik der Bundesregierung an. Der Mann bekam offensichtlich einen gewaltigen Schreck, drehte sich um, lief weg, ließ mich einfach stehen.

Dieser Mangel an Mannesmut begegnete mir am Rande der FDP immer wieder. Und war der Grund meiner Entfremdung. Was nutzen schöne Grundsätze von einer marktwirtschaftlichen Energiepolitik, wenn man sie nicht umsetzen will, wenn man den geringsten Widerstand scheut?

„Was ist ein Einbruch in eine Zeitung gegen die Gründung einer Zeitung?“, hätte Bertold Brecht gefragt, wenn er statt der Dreigroschenoper eine Groschenzeitungsoper geschrieben hätte. Nun hat FDP-Parteichef Christian Lindner offensichtlich das gegenteilige Rezept der Medienarbeit entwickelt. Das des Einbruchs in eine große deutsche Zeitung, statt eine eigene zu gründen.

Dem EF-Herausgeber André F. Lichtschlag war schon vor Jahren aufgefallen, daß Ulf Poschardt von der WELT ein Freund Lindners sei.  Zum Beispiel am 23.09.2013 in der libertären Gazette „eigentümlich frei“:

Doch Christian Lindner „netzwerkt“ auf allen Kanälen. Einer davon heißt „Die Welt“, in der sein Freund Ulf Poschardt heute klassisch und audiovisuell die Fäden fleißig und amüsant knüpft. Ein Augenöffner?

Poschardt hatte immer wieder Promotion für Lindner gemacht, hier nur ein Beispiel ebenfalls vom 23.09.2013 bezüglich der Mitregierung der FDP von 2009 bis 2013:

Das erste Jahr in der Regierung war eine Katastrophe, der Sturz Westerwelles erfolgte ohne Hirn und Verstand, und nach dem Ausscheiden von Christian Lindner war die Partei im Bund derart erschöpft von ihren scheinbar unlösbaren Kompetenzherausforderungen, dass man zum Lieblingsziel von Hohn und Spott wurde.

Kein Wort davon, daß Lindner in die voll in die Hose gagangenen Koalitionsverhandlungen mit der CDU im Jahr 2009 genauso involviert war, wie Westerwelle.

Bereits 2011 hatte Christian Lindner die Journalistin Dagmar Rosenfeld geheiratet, die damals noch bei der „ZEIT“ im Politikressort arbeitete. Sie ist – welch göttliche Fügung – seit 2017 stellvertretende Chefredakteurin von WeltN24. Das wurde bereits am 06.09.2016 von Springer angekündigt, und zwar am selben Tag als der Lindner-Freund Ulf Poschardt die Chefredaktion von Stefan Aust übernahm und in derselben Pressemitteilung. Wenn das keine Freundelwirtschaft ist? Man hat sich nicht einmal geniert.

Lindner ist zu feige die Presse anzugreifen. Er ist genau wie andere Politiker nur fähig sie zu unterwandern. Mit der Unabhängigkeit und Überparteilichkeit der Presse ist es nicht weit her in Deutschland. Da lob ich mir die AfD. Die ist mit den Medien richtig verkracht.