Schlag nach bei Bismarck

Reichskanzler von Bismarck sagte am 6. Februar 1888 im Reichstag:

„Jedes Land ist auf die Dauer doch für die Fenster, die seine Presse einschlägt, irgend einmal verantwortlich; die Rechnung wird an irgend einem Tage präsentiert in der Verstimmung des anderen Landes.“

Vorgestern sind durch einen WELT-Artikel zahllose Länder verstimmt worden. Ein ältlicher 68er Politikprofessor durfte über Kernwaffen für Deutschland sinnieren. Nun kann man zahllose Vermutungen anstellen, was von wem damit beabsichtigt war:

Waren der Springer-Chef Döpfner und der Herausgeber Aust informiert? Oder war das ein Alleingang von Chefredakteur Poschardt oder eines noch geringeren Schmierfinken? Falls in den nächsten Tagen jemand gefeuert würde, wäre das so.

Ein Spiel über die Bande? Soll die Merkel-Regierung mit diesem Eintrag weiter destabilisiert und international isoliert werden? In den Metropolen, aber auch in den kleinen Ländern schrillen die Alarmglocken, man fragt sich was in der Agonie des untergehenden Merkelregimes alles ausgebrütet wird. Denn einen Zusammenhang zwischen Zivilisations- und Rechtszerfall und „interessanten Ideen“ hat es in allen Reichen und zu allen Zeiten gegeben.

Ist es wieder einmal eine Provokation gegenüber Präsident Trump? Das wäre dumm, weil auch Putin, Macron und die chinesischen Kommunisten an der Aufrechterhaltung ihres Waffenmonopols interessiert sind.

Die Berliner Pseudoeliten sind stark schizophren. Deutschland gibt etwa 1,2 % des BIP für die Verteidigung aus, gleichzeitig träumt ein Politikprofessor von Kernwaffen. Ist der sich im klaren darüber was eine ernsthafte Abschreckung kosten würde? Unter 4 % des BIP als Ausgaben für die Verteidigung bräuchte man mit der Entwicklung von Kernwaffen garnicht anfangen.

Eine Diskrepanz erkennen die außerhalb Berlins beheimateten Beobachter seit der Jahrtausendwende: Nie gab es Regierungen, welche trotz militärischer Ohnmacht auf dem internationalen Parkett so großmäulig auftraten wie die Schröder- oder die Merkeladministration. Bis vor zwei Jahren hatte Dr. Merkel von Obama noch Rückendeckung. Seit dem Amtsantritt von Trump ist das Agieren der Kanzlerin sicherheitspolitische Hochseilakrobatik ohne Netz und doppelten Boden.

Bismarck hatte eine funktionierende Armee parat und war gegenüber Nachbarländern relativ höflich und zurückhaltend. Hitler hatte die verbundenen Waffen zu einem präzisen System entwickelt und lullte die Nachbarn bis 1941 mit Friedensschalmeien, Freundschafts- und Beuteteilungsverträgen ein. Merkeldeutschland dagegen hat nix im Zeughaus und drohte der Schweiz mit der Kavallerie. Ungarn und Polen werden mit EU-Verfahren getriezt, in Mali und Afghanistan wird mit fragilem Gerät Krieg gespielt.

Dazu noch einmal Bismarck in seiner großen Rede am 6. Februar 1888:

„Jede Großmacht, die außerhalb ihrer Interessensphäre auf die Politik der anderen Länder zu drücken und einzuwirken sucht und die Dinge zu leiten sucht, die periklitiert außerhalb des Gebiets, welches Gott ihr angewiesen hat, die treibt Machtpolitik, und nicht Interessenpolitik, die wirtschaftet auf Prestige hin.“

Das Wort „periklitiert“ muß man dem modernen Leser, der in der Regel keine klassische Bildung mehr hat, erklären. Perikles war ein redegewandter Athener Politiker, der seine Stadt in unfruchtbare innergriechische Zerwürfnisse verwickelte. Das Agieren von Perikles war dümmliche und für Athen schädliche Prestigepolitik.

Merkel sollte sich Bismarcks Rede vom 6. Februar 1888 auf der Zunge zergehen lassen. Er betonte gleich am Anfang, daß er diese Rede ungern hält, weil jedes unpassende Wort außenpolitischen Schaden anrichten kann. Doch dann ließ er die preußische Außenpolitik seit 1850 Revue passieren und lobte immer wieder die russischen Zaren und die damals agierenden französischen Politiker wegen ihrer friedlichen Absichten. Fast etwas über den Klee. Kein Wort über die Menschenrechte in Rußland, keine Einmischung in das Justizsystem anderer Staaten, keine Fundamentalkritik an den Vereinigten Staaten, keine Forderungen an Österreich-Ungarn irgendwelche europäischen Lösungen zu akzeptieren.

Bismarck war nicht aus der Gosse des Umweltministeriums an die Regierungsspitze gespült worden, sondern war in St. Petersburg Gesandter gewesen und hatte für seinen König auch diplomatische Missionen nach Paris zum Kaiser der Franzosen angeführt. Er konnte punktgenau auf den Knopf drücken um Krieg und Frieden zu erzeugen. Diese Präzision in der Anwendung diplomatischer Mittel und das Augenmaß fehlen Dr. Merkel und ihrem unfähigen Troß völlig.

Zu bedenken ist, daß die Berliner Republik mit ihrer desolaten Bundeswehr in der Realität keine Großmacht ist. Merkel hats nur noch nicht begriffen. Sie drückt trotzdem außerhalb ihrer Interessensphäre auf die Politik anderer Länder. Welche Überhebung!  In Berlin herrscht wieder mal ausgewachsene Paranoia.