Der deutsche Energiemix 2038

Nun ist er also beschlossen, der 20-Jahrplan mit Kohle- und Kernkraftausstieg. Ich gehe persönlich zwar davon aus, daß nach einigen Jahren die Notbremse gezogen werden muß, aber ich spinne jetzt mal und verfolge Dr. Merkels dunkelgrünen Faden bis 2038.

Man muß ja mal konsequent sein und aus den Direktiven Visionen entwickeln. Also vielleicht auch Horrorvisionen.

Nehmen wir mal an, daß der Primärenergeverbrauch einer veramten und weitgehend deindustrialisierten Gesellschaft auf 70 % gesunken sein wird. Von 14.000 jetzt auf etwa 10.000 Petajoule (PJ). Weil nicht mehr so viele Leute täglich zur Arbeit fahren, der Wirtschaftsverkehr einbricht, weil weniger geheizt wird, weil aufwändige Urlaubsreisen für den Normalo entfallen werden.

Der Anteil der Wasserkraft würde allein dadurch von 0,5 %  auf 0,7 % ansteigen. Ohne daß ein Kraftwerk neu errichtet wird.

Der Beitrag von Windkraft und Photovoltaik läßt sich zweifellos noch geringfügig steigern, wenn der Flatterstrom begrenzt Eingang in den Verkehr und die Wärmeerzeugung findet. Wirtschaftlich sinnvoll ist das natürlich nicht, weil gerade der Sommer 2018 und dieser Winter wieder bewiesen haben, daß wochenweise nur äußerst geringe Beiträge zu erwarten sind, wenn es dunkel und windstill ist. Ich gehe optimistisch mal von einer Verdopplung des Anteils von Wind und Photvoltaik aus. Unter der Voraussetzung, daß eine wirtschaftliche großtechnische Speicherung von Strom nicht absehbar ist.

Strom aus erneuerbaren Quellen kann in synthetisches Erdgas umgewandelt werden. Das Verfahren wurde vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES entwickelt. Das Verfahren zur Erdgasherstellung kombiniert erstmals die Technologien Wasserstoff-Elektrolyse und Methanisierung. Der Wermutstropfen: Der Wirkungsgrad beträgt nur 60 %. Die Forscher von Fraunhofer trösten damit, daß der Ökostrom sonst vollständig verloren geht. Die Kosten für diese Speichermethode werden derzeit auf 15 ct/kWh geschätzt, von den Kritikern natürlich höher. Und man hat als Ergebnis keinen Strom, sondern Gas. Das Fraunhofer-Institut schreibt: Das Speicherreservoir des sich durch Deutschland erstreckenden Erdgasnetzes ist groß: Es beträgt über 200 Terawattstunden – der Verbrauch von mehreren Monaten. Das Stromnetz verfügt nur über 0,04 Terawattstunden Speicherkapazität. Das reicht für die 5-Minuten-Terrine… Und für die ungebildete Annalena, die ihren Strom im Netz speichert.

Wenn man das aus Strom gewonnene Gas bedarfsgerecht rückverstromt gibt es nochmals hohe Energieverluste, die den Windstrom oder Sonnenstrom zu teuer machen. Der Wirkungsgrad des Windstroms würde auf unter 30 % sinken. Die Preisprognosen pendeln zwischen 30 und 70 Center pro kWh.

Und dann gibt es natürlich noch Lithium-Ionen-Batterien. Die Batterie eines Tesla-Elektroautos faßt etwa 50 kWh und wiegt 0,4 Tonnen. Tendenz bei den kWh leicht steigend, bei der Tonnage aber kaum sinkend. Für großtechnische Anwendungen fällt das durch. Alleine die Batterien durch die Gegend zu schuckeln, erfordert Energie. Die Kosten der Speicherung in diesen Akkus betragen etwa 30 Center pro kWh.

Der Beitrag von Biomasse ist auf Grund der Fläche der Bundesrepublik begrenzt. Die Natur gewinnt kostenarm 800.000 kWh pro Quadratkilometer und Jahr durch Photosynthese. 800 MWh x 200.000 unverbaute Quadratkilometer in Deutschland ergibt 640 TWh = 2.300 PJ. Davon ist weniger als die Hälfte für Heizungs- und Energiegewinnungsprozesse nutzbar. Den die Bauern müssen ja auch noch Nahrungsmittel erzeugen und die Förster Nutzholz. Gemessen am Verbrauch von etwa 10.000 PJ sind das im Jahr 2038 etwa 10 % des Energieverbrauchs. Es wachsen eben nur 5 Festmeter Holz pro Hektar und Jahr. Und davon ist weniger als die Hälfte Brennholz. Auch der Anbau von Energiepflanzen in der Landwirtschaft ist ausgereizt.

Eine Ausweitung des Wärmepumpeneinsatzes ist solange unwahrscheinlich, wie Strom staatlich bewirtschaftet wird. Er ist zu teuer. Als Strom noch halb marktwirtschaftlich erzeugt wurde, hat sich der Einsatz von Wärmepumpen rentiert. Die Geothermie hat großtechnisch offensichtlich ihre Tücken, bis zum Erdbeben wurde schon alles mögliche registriert. Die Solarthermie ist noch entwicklungsfähig. Ich gebe ihr 2038 optimistischerweise mal 3 %.

Kohle und Kernenergie sollen verschwinden. Den Einsatz von Mineralölen schätze ich mal auf 30 %, weil das Elektroauto im Bereich der Nutzfahrzeuge doch eine Fata Morgana ist. Und weil Flüssiggas LPG eben auch wieder aus Erdöl gewonnen wird.

In der Kategorie „Sonstiges“ bin ich mal großzügig, weil man nicht ahnen kann, was in 20 Jahren alles so erfunden wird. Vielleicht gibt es Fortschritte im Wasserstoffbereich.

Das verbleibende Defizit, die Differenz zu 100 %, muß letztlich mit Erdgas aufgefüllt werden. Das führt fast auf eine Verdopplung des Erdgasanteils.

Ich stelle mal den deutschen Primärenergieverbrauch als ein Szenario von 2017 und 2038 in % gegenüber:

2017 2038
Wasserkraft 0,5 0,7
Windkraft 2,8 5,6
Photovoltaik 1,1 2,2
Biomasse 7,1 10,0
Erneuerbare Abfälle 1,0 1,0
Geothermie 0,1 0,1
Wärmepumpen 0,3 0,3
Solarthermie 1,6 3,0
Steinkohle 10,9 0
Braunkohle 11,1 0
Mineralöle 34,6 30,0
Erdgas 23,8 42,1
Kernenergie 6,1 0
Nichterneuerb. Abfälle, Abwärme, Sonst. 1,7 5,0

Es ist auf die lange Zeit eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Es ist jedoch im Unterschied zu den Ergebnissen der Kohlekommission überhaupt eine Kalkulation.

Was bedenklich erscheint: Es entsteht durch die Verlagerung auf Edgas eine noch größere Abhängigkeit vom Ausland, insbesondere von Rußland. Ich teile nicht die abgrundtiefe Abneigung gegen Putin, er geht allerdings auf das Rentenalter zu. Und wer dann nachfolgt ist offen. Sollte es ein Nawalny sein, ist ein Liefermonopol verderblich. Um 1980 wurde die Energieversorgung aus Rußland schon einmal erheblich eingeschränkt.

Die SED ließ 1980 eine dümmliche Propgandabroschüre drucken, in der die Verteuerung der russischen Öllieferungen nach Westeuropa gefeiert wurde. Als Sieg über den Kapitalismus. Ein Jahr später erwischte es die Zone selbst. Die Lieferungen des „Bruderlands“ wurden eingeschränkt, der Rest an Weltmarktpreise angepaßt. Es folgten zehn Jahre der Umstellung auf Braunkohle. Diese Jahre sind verloren, wenn man nichts draus lernt.

Die deutsche Braunkohle sollte schon aus Sicherheitsgründen weiter verstromt werden.