Orbán droht der EVP mit Austritt

Der Magyar Hirlap berichtete gestern über ein Interview des Ministerpräsidenten mit einem französischen Politiker. Hintergrund ist sicher auch der Streit über den Verbleib der Regierungspartei FIDESZ in der Europäischen Volkspartei. Orbán argumentiert logisch und macht es seinen Gegnern nicht leicht. Nach der türkischen und russischen Fremdherrschaft pocht er auf Eigenständigkeit.

Philippe de Villiers, Staatssekretär der Chirac-Regierung in den achtziger Jahren, dann MdEP und später der Gründer und Präsident der französischen Souveränitätsbewegung, veröffentlichte in dieser Woche einen Aufsatz mit dem Titel „Ich habe den Faden der Lügen und alles, was danach kam“. In einem Kapitel schreibt er über seinen Besuch in Budapest im vergangenen Dezember und sein Interview mit dem ungarischen Regierungschef.

Viktor Orbán sagte: „Ich habe keine Angst vor Brüsseler Klagen. Meine Großmutter hat mich gelehrt, demütig zu sein. Ich muss das ertragen. Ich muss es in die Hände des Herrgotts legen.“ Er fuhr fort: „Was unseren Gegnern am meisten schadet, ist, dass wir in unsere Verfassung geschrieben haben: Ungarn hat christliche Wurzeln; Für Multikuturalismus ist kein Platz bei uns.“ Ein Kind habe das Recht, einen Vater und eine Mutter zu haben, und daß unser Volk das Recht hat, seine Grenzen zu verteidigen, die auch die Grenzen der Europäischen Union sind.

„Das ungarische Volk hat eine lange Tradition des Widerstands gegen die „eingeschränkte Souveränität“, fuhr er fort. Zuerst waren da die Herrscher des Deutsch-Römischen Reiches, dann das mächtige Mongolenreich, gefolgt vom Osmanischen Reich, dann die Sowjetgenossen und ihre Truppen. Sie alle wollten das Ende Ungarns. Die Ungarn widerstanden jedoch in diesem endlosen germanischen und slawischen Meer. Das ist ein Rätsel, sagte der Premierminister.

Auf die Frage, ob wir Gefahr laufen, uns zu zerstreiten, antwortete Viktor Orbán: Er sehe die Gefahr der Zersplitterung der Union. Es besteht die Gefahr einer Trennlinie zwischen Europa, wo ein Teil islamisch ist und der andere sich nicht islamisieren möchte. „Wenn Sie uns in Ruhe lassen und uns nicht zum Islam zwingen, könnte Europa als Verein der freien Nationen weiterleben. Desintegration ist also nicht ausgeschlossen „, erklärte er.

„Die Anschuldigung, dass wir keine Europäer sind, ist ein echter Witz. Für ein halbes Jahrhundert nach der sowjetischen Besatzung und der kommunistischen Unterdrückung, als wir unsere Freiheit wiedererlangten, als der Westen seine Arme öffnete, dachten wir, wir wären zurück zu uns selbst. Ungarn für Europa. Wir sind Europa, wir sind immer Europäer, selbst wenn wir in Yalta verkauft wurden oder als wir 1956 verlassen wurden. Nachdem die Sowjets gegangen waren, dachten wir, wir könnten unseren Platz in dieser Familie freier Nationen in Europa wiedererlangen. Selbst in unseren schrecklichsten Albträumen hätten wir nicht gedacht, dass Europa 29 Jahre nach der Befreiung der Nationen und der Wiedervereinigung des europäischen Kontinents wieder imperialistischen Zielen ausgesetzt wäre, die nicht mehr von außen, sondern von innen kommen.“ Der Ministerpräsident ergänzte: „Europa ist kein Schmelztiegel, sondern ein Haus der Nationen.“

Ende März steht die Entscheidung über den Ausschluß der FIDESZ aus der Europäischen Volkspartei EVP an. Einige kleine Parteien, die aber nur etwa 20 % der EVP-Parlamentarier stellen, haben den Rausschmiß verlangt. Es wird an den deutschen und bayrischen Christdemokraten liegen, ob daraus was wird.

Orbán spricht eigentlich für ganz Osteuropa, wenn er Yalta als Schuld des Westens bezeichnet. Ein westeuropäischer Sozialdemokrat hatte kürzlich mal wieder Dankbarkeit und Gefügigkeit wegen der EU-Fördermittel verlangt. Der Osten sieht das Geld eher als Wiedergutmachung. „Eng ist die Welt, und das Gehirn ist weit. Leicht beieinander wohnen die Gedanken, doch hart im Raume stoßen sich die Sachen“ (Schiller).

Die Einwanderungsparteien würden Fidesz in der Europäischen Volkspartei (EVP) angreifen und versuchten, die gesamte EVP in eine internationale Einwanderungsorganisation umzuwandeln, und die Ungarn wollen das aufhalten“, sagte der amtierende Fidesz-Präsident Viktor Orbán am heutigen Freitag.

Er sagte, es sei kein Kompromiss beim Schutz der christlichen Kultur und Migration möglich, „man kann über alles andere reden“.

„Wir haben verschiedene Optionen, und es wird von Fidesz entschieden, ob wir innerhalb oder außerhalb der Europäischen Volkspartei sind“, sagte Viktor Orbán.

Der Premierminister sprach über mehrere Gespräche an diesem Tag, zum Beispiel mit Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, mit Manfred Weber, mit Premierministern und ehemaligen Premierministern. Er wird nach Polen reisen, um der NATO-Mitgliedschaft zu gedenken. In dieser Hinsicht sagte er: „Wenn wir in Europa etwas Neues entwickeln müssen, endet diese Debatte möglicherweise mit der Tatsache, dass unser Platz nicht in der Volkspartei, sondern außerhalb liegt – obwohl ich die Partei vorziehen würde.“

Es ist natürlich ein Unterschied, ob man aus einer Körperschaft rausgeworfen wird, oder ob man die Mitgliedschaft selbst beendet. Bei einem Austritt der FIDESZ aus der EVP droht eine Kettenreaktion. Einige Beobachter mit entsprechenden Ortskenntnissen rechnen mit weiteren Austritten von Parteien, die den Europawahlkampf der EVP schwer belasten würden.