Landwirtschaft nach dem Glyphosatverbot

Im Youtube kann man sich die schöne neue Welt der Unkrautbekämpfung ohne Glyphosat ansehen. Präzisionsmaschinen – mit Videokameras oder auch nicht – jäten das Unkraut im Gemüse oder auf dem Getreideacker.

Alles steinfrei in den Videos. Und der Boden darf nicht zu naß und zu trocken sein, das Gemüse nicht zu groß und zu klein. Nun hat man Gemüse immer schon in Tallagen auf Premuimböden angebaut. Als junger Mann wurde ich von dem Baubetrieb, wo ich arbeitete, mit der ganzen Brigade in Mellingen direkt neben der Ilm zum Gurkenhacken abkommandiert. Jedem zehnten Pflänzchen hat man damals unbeabsichtigt das Lebenslicht ausgeblasen, weil es im Unkraut schon nicht mehr zu erkennen war. Das können heute Maschinen. Die kosten natürlich soviel Kohle, daß Kleinbauern außen vor sind.

Der kleine Biobauer im Dorf ist lange gescheitert. Nach drei Jahren hatte er einen Diestelacker, die Runkeln hackte er mit der Hand, wenn er dazukam. Das Geld für den Tierarzt und Maschinen für die Grasmahd fehlte. Es ist auf dem Kleinbauernhof nicht alles so romantisch, wie sich Annalena und Luisa das vorstellen. Tiere in der Massentierhaltung haben es nicht prinzipiell schlechter, als das Vieh beim Biobauern. Letzterer kann ordnungsgemäße Landwirtschaft betreiben, in vielen Fällen scheitert das. Und das Landei, welches der Städter beim Erzeuger kauft, ist im Oktober während der Mauser oft aus der Kaufhalle. Verzähl mal einem Städter, der zwölf Kilometer aus der Stadt angereist ist, daß die Hühner im Herbst nicht viel legen, sondern die Kraft in ihr Federkleid für den Winter investieren. Wer nicht just in time (genau in der Zeit) liefern kann, verliert den Kunden.

Was ist mit den steinigen Gebirgsböden? Werden die nun wieder Weide? Wenn die Scheibenegge durch das Feld fährt, hört sich das wie eine Brecheranlage im Steinbruch an. Es klappert, kreischt und kleppert. Mechanische Unkrautbekämpfung ist dort möglich, aber nur wenn es sich nicht um Vergrasungen handelt. Selbst Landwirte, die auf mechanische Unkrautbekämpfung setzen, fürchten das Totalverbot von Glyphosat. Für den sogenannten „Notfall“ bauchen sie es doch.

Ohne den Teufel an die Wand zu mahlen: Die Erträge werden ohne Glyphosat sinken und die Anbaufläche von Feldfrüchten wird reduziert werden. Schon seit zehn Jahren wird Acker in Weide umgewandelt und insbesondere die Zahl der glücklichen Rinder, Schafe und Ziegen, die auf ehemaligen Äckern weiden, steigt deutlich. Vor 40 Jahren waren Kühe bei uns auf der Kötschalm überhaupt kein Thema, die Äcker wurden künstlich bewässert, um Erträge von 42 bis 45 dt/ha Getreide zu erzielen. Das schafft man heute auch ohne die aufwändige Bewässerung, aber wie lange noch? Hektar für Hektar wird die letzten Jahre in Viehweide umgewidmet.

Das ist natürlich schon wieder Horror für Robert, Anton und Langstreckenkatha. Die fürchten sich vor Fleisch und Rindern. Auch Bioqualität findet in den grünen Parteizentralen keine Gnade mehr. Alle zwei Jahre wollen die Weltverbesserer was anderes.