Heute vor 30 Jahren: Rücktritt der Regierung

Heute vor 30 Jahren wurde in Weimar wieder einmal demonstriert. Ungefähr 10.000 Leute oder auch mehr hatten sich vor dem Landschaftshaus auf dem „Platz der Demokratie“ versammelt, der zu jener Zeit im Volksmund „Platz der Demonstration“ hieß. Ein Problem war auch im November immer noch die Kerzenbeschaffung.

Am Markt gab es einen Drogerieladen. Vor dem Laden war Stasi aufgezogen. Das nutzte dem Krenz-Regime aber nichts. Ein pfiffiger Organisator hatte mit den Verkäuferinnen alles klar gemacht und Kerzen wurden paketweise über den Liefereingang auf die Straße gebracht und sofort verteilt. Es gab also auch an diesem Abend heimeliges Licht, was für die Feststimmung der Punkt auf dem i war.

Pfarrer Kranz hielt von einem Lkw eine Rede, als ihm ein Zettel zugetragen wurde. Der Inhalt hatte es in sich. Kranz verkündete den Rücktritt der Regierung. In diesem Moment wurde von zwei Jungs von „Demokratie Jetzt“ an der Fassade des Landschaftshauses eine Leinwand entrollt, auf dem ein Stiefel abgebildet war, der einen Arschtritt gibt.

Auf dem Platz brach ein unbeschreiblicher Jubel aus. Die Leutchen hüpften, tanzten, schrien, weinten und lachten, es war mehrere Minuten ein emotionaler Ausnahmezustand, ein brodelnder Hexenkessel. Ich freute mich auch, aber ich bin immer zu nüchtern. Als erfahrener Anarchist war mir klar, daß ich eine Sternstunde der Menschheit erlebte, daß es jedoch ein Morgen geben würde statt der erhofften Freiheit. Bereits am 13.11.89 hatte das Ländchen wieder eine Regierung unter dem SED-Bonzen Modrow und das Gezerre um freie Wahlen ging in die nächste Runde.

Das Grenzregime war immer noch das Hauptthema. Just am 7.11. war der Beschluß eines Reisegesetzes gescheitert. Allerdings gab es seit dem 3.11. wieder den Notausgang. Die CSSR war nach 30tägigem Verbot wieder visafrei und die Massenauswanderung begann. Dabei hatte es seit Januar schon 225.000 Ausreiser gegeben.

Es ist nach 30 Jahren an der Zeit dem Volk wieder so einen gelungenen Abend zu bescheren. Die desolate Merkel-Regierung sollte kapitulieren.