Derzeit wird Mist gebaut

2018 weilte die Kanzlerin im Libanon. Sie pries das Land als nachahmenswertes Beispiel für ein friedliches Zusammenleben mehrerer Religionen. Diese Harmonie äußerte sich in zahlreichen Religionskriegen. Christen und Mohammedaner, diese aber auch wieder nach Glaubensrichtungen sauber sortiert, wohnen deshalb getrennt.

Warum ich das Thema aufgreife? Weil unsere Bauindustrie und die Architekten sich noch nicht auf ein wie auch immer geartetes Zusammenleben mehrerer Religionen eingerichtet haben. Fast alles, was gebaut wird, ist für den Kriegsfall völlig ungeeignet.

Etwa 90 % der seit 2000 errichteten Eigenheime haben vom Wohnzimmer aus einen großflächig verglasten Zugang zur Terasse. Selbst wenn die Verglasung durchwurf- oder durchschußsicher ist (sehr sehr teuer!), stößt man immer wieder auf eine fragwürdige Befestigung der Rahmenkonstruktion am Rohbau. Auch gibt es leichte Wandkonstruktionen, wo man durchgreifen kann, wenn man gut gefrühstückt hat. Der Bruch im Grünen Gewölbe hat gezeigt, wie gut zwei bis vier Einmänner inzwischen aufgerüstet und ausgebildet sind und vor allem wie schnell und geschickt sie agieren können. Sehen wir mal wie die Probleme im Libanon gelöst werden. Auch da ist was die Security betriftt, nicht alles Gold was glänzt. Aber zumindest saturierte Bürger haben sich in ihren Familienburgen gut verschanzt.

Seit den 1840er Jahren des 19. Jahrhunderts kam es zu schweren bewaffneten Zusammenstößen zwischen Christen und Drusen, wobei die osmanische Armee einseitig Partei für die Drusen ergriff. Bei einem drusischen Angriff wurde die von Maroniten bewohnte Stadt Dair al-Qamar in Brand gesteckt und die Zivilbevölkerung massakriert. Im Jahr 1860 eskalierte der Konflikt zum Bürgerkrieg im Libanongebirge zwischen Maroniten und Drusen. Die Zahl der dabei ermordeten maronitischen Christen schwankt nach Schätzungen zwischen 7000 und 20.000 Toten; Zehntausende weitere Christen wurden obdachlos. Das Blutvergießen endete nach Intervention Frankreichs.

Die alliierte Seeblockade und Lebensmittelrequirierungen der im Libanon operierenden deutschen und osmanischen Heeresverbände führten ab 1916 zu Hungersnöten und Seuchen, in deren Folge circa 100.000 der damals im Libanon lebenden 450.000 Menschen, vor allem Christen, umkamen. Die orientalisch aussehenden, überwiegend französisch sprechenden und katholischen „Levantiner“ waren den protestantisch-preußischen Offizieren suspekt. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Libanon französisches Mandatsgebiet, was die Lage für einige Zeit beruhigte.

Nach der Unabhängigkeit kam es 1958 zu Unstimmigkeiten zwischen Befürwortern einer prowestlichen und einer proarabischen Politik, die durch US-Intervention beendet wurde.

Im Gefolge des Schwarzen September 1970 verlegte die PLO ihre Kommandostrukturen nach Beirut, setzte sich im Südlibanon fest und entwickelte sich mit ihren militärischen Institutionen immer stärker zu einem Staat im Staate. Am 13. April 1975 kam es dann zum offenen Ausbruch des Bürgerkriegs, der zu mehreren syrischen (1976) und israelischen Interventionen führte. Der libanesische Bürgerkrieg konnte erst 1990 durch das Abkommen von Taif beendet werden.

Nach Beginn des Arabischen Frühlings  kam es im Juni 2011 in Tripolis zu Gefechten zwischen sunnitischen und alawitischen Gruppen, die seitdem immer wieder aufflammen.

Der fast permanente Krieg spiegelt sich in der Architektur. Während Läden und Kaffees an den Hauptstraßen wie in Europa Schaufenster und Verglasungen haben, sind Wohnbauten im Erdgeschoß mehr oder weniger gut befestigt.

Die bergige Topografie begünstigt den Bau von Stützmauern, die den kleinen Festungen oft vorgelagert sind. Im Obergeschoß dominieren großflächige Verglasungen und große Balkone, im UG hält man es mehr mit schweren Türen und vergitterten Fenstern.

Hochbauten haben eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von hundert Jahren. Sie müssen auf zukünftige Anforderungen besser eingestellt werden, wenn sie neu errichtet werden. Silvester hat sich in verschiedenen europäischen Städten gezeigt, daß die Sicherheitskräfte die Kontrolle über Teile des Territoriums verloren haben. Traditionelle Fahrzeugbrände in Frankreich und in Westdeutschland, die Eröffnung der EZB in Frankfurt 2015 oder der „Hafengeburtstag“ 2017 in Hamburg sprechen Bände. Die Justizminister zahlreicher Bundesländer gehören einer archaischen maoistischen Steinzeitsekte an („Hurra, hurra, ein Bulle brennt“ in Sachsen, „Alle Cops sind Bastards“ in Thüringen). Man muß sich darauf einrichten, daß der Staat sich sukzessive auflöst und verantwortungsbewußte Warlords die zusammenbrechende Ordnung lokal wiederherstellen. Eine durchdachte Sicherheitsarchitektur im persönlichen Bereich kann vor Schaden und teuren Nachbesserungen bewahren. Aber auch die Standortwahl ist wichtig. Der Don hatte in der WELT vorgeschlagen, das angepeilte Wohngebiet an Silvester zu inspizieren, um sich über die räudigen Sitten der zukünftigen Nachbarn zu informieren.

Beitragsbild: Nachbau einer arabischen Wohnburg auf der EXPO in Hannover