Eine besondere Beziehung zwischen Großbritannien und Ungarn

Die britische und die ungarische Presse berichten heute über mögliche außenpolitische Aktivitäten nach dem Brexit. Auslöser war die Rede eines Wahlkampfberaters von Boris Johnson in Budapest am 17. Dezember, die erst heute hohe Wellen schlug.

Tim Montgomerie, ein ehemaliger Berater von Boris Johnson sagte in Budapest auf einer Veranstaltung des Danube-Instituts, daß „Großbritannien sich auf eine besondere Beziehung zur Orban-Regierung nach dem Brexit vorbereitet“.

Die Worte eines ehemaligen Beraters des britischen Premierministers lösten bei den englischen Linksliberalen schnell einen Sturm der Entrüstung aus. „Balliberális“ – Linksliberalismus – ist im ungarischen Mediengebrauch eine eher pejorative Bezeichnung für kommunistische, linkselitistische und grüne Bestrebungen, hat also eine etwas andere Bedeutung als bei uns.  In diesem Fall formulierten die britischen Medien, daß „Viktor Orban unter anderem für den Angriff auf die jüdische Minderheit berühmt sei“. Das wirkt natürlich wie ein Entlastungsangriff, da der Chef der englischen Labour-Partei Jeremy Corbyn, für seine ausschweifenden antisemitischen Tiraden weltweit berühmt ist.

Montgomerie – der Boris Johnson im Wahlkampf zu sozialer Gerechtigkeit beriet – ist ein großer Fan der ungarischen Familien- und Bevölkerungspolitik und hat die Reaktion der Orban-Regierung auf den modernen Linksliberalismus immer sehr gemocht. Im Dezember nannte Montgomerie Ungarn neben Frankreich einen wichtigen europäischen Staat. Boris Johnson wolle nach dem Brexit eine besonders enge bilaterale Beziehung zu den Regierungen dieser beiden Länder aufbauen: „Ich denke, Boris Johnson wird viel Energie in die Aufrechterhaltung der bilateralen Beziehungen zu den wichtigsten europäischen Ländern investieren. Von diesen wird die Beziehung zu Frankreich und die Beziehung zu Budapest von größter Bedeutung sein.“

Für Freunde und Kenner der englischen Sprache (ich gehöre leider nicht dazu) hier der ganze Vortrag:

Montgomerie erwähnte häufig Trump, Johnson und Victor Orbán in einem engen Zusammenhang und sagte, daß alle drei Politiker nach kultureller und wirtschaftlicher Solidarität streben. Der Berater sieht dies im Einklang mit dem traditionellen Konservatismus, da sich dessen Politik auf Individualismus und das Wohlergehen und Wohlbefinden des Einzelnen konzentriert, d.h. auf die Stärkung der öffentlichen Dienste, der Familien und der Gemeinschaft, was die Nationen mehr voranbringe, als Einwanderer.

Die Redaktion dieses Blogs vermutet, daß sich Ungarn eine Option für größere Libertinagen  gegenüber Merkel-Berlin erarbeiten will und die englische Karte für alle Fälle im Ärmel behält.  So wie auch andere noch. Ähnliche Gedanken treiben wohl auch den britischen Premier um, denn noch sind die Austrittsbedingungen Albions nicht endverhandelt.

Beitragsbild: Mateusz Morawiecki lengyel, Orbán Viktor magyar és Boris Johnson brit kormányfő
Fotó: MH/Európai Tanács (kormányfö = Regierungsschef)