Parteivorsitz und Kanzleramt gehören zusammen

AKK ist gerade gescheitert, weil sie als Herrin eines riesigen Netzwerks von CDU-Akteuren und -organisationen in Konflikte mit Dr. Merkel geraten war. Was Letztere von AKK verlangte – die Kontrolle über die Prozesse – war ihr selbst mißlungen. Schon als die Kanzlerin noch Parteichefin war, hatten sich in Unterorganisationen Widerstandsnester gebildet. Vom CDU-Wirtschaftsrat will ich garnicht reden, die Mittelstandsvereinigung war immer schon auf Kritik gebürstet und einzelne JU-Gliederungen leisteten sich Libertinagen. AKK wurde im Dezember 2018 zur Parteichefin gewälhlt, die Werteunion gab es da schon lange, sie wurde im März 2017 gegründet. Auch diverse konservative Zirkel reichen weit in die Merkelzeit zurück.

Insofern ist AKK lediglich der Prellbock gewesen, den Dr. Merkel zwischen sich und die Parteibasis gestellt hatte. Das Dilemma von AKK war: Je zentraler die CDU geführt wird, desto unattraktiver ist sie für Anhänger und Wähler. Je dezentraler die Unionsnetzwerke, desto größer die Gefahr, daß Einzelgliederungen der CDU in Widerspruch zu zentralen Dogmen des Merkelismus geraten: Kernkraftausstieg, Nullzins, Islamisierung, Deindustrialisierung, Elektroknall, Düngemittelverordnung.

Es gehörte keine seherische Kraft dazu das Ende von AKKs Parteiführerschaft auf den Tag nach Erfurt zu terminieren. Als sie Dr. Merkel den Skalp von Mohring nicht darbringen konnte, wurde sie zur Schnecke gemacht.

Der Parteivorsitz hat sich als Schleudersitz entpuppt. AKK selbst stellt die Trennung von Parteivorsitz und Kanzlerschaft in Frage. Daraus ergeben sich zwei Optionen: Merkel greift erneut nach dem Parteivorsitz. Oder ein Triumvirat aus Laschet, Spahn und Merz schlägt der Schlange den Kopf ab und teilt die Macht danach unter sich auf. Nur so ließen sich Lockerungen in der Energiepolitik, der Geldpolitik, in der Einwanderungspolitik, in der Industrie- und Landwirtschaftspolitik erreichen, die für den Erfolg eines neuen Parteivorsitzenden essentiell sind. Die CDU braucht einen Boris Johnson, der auch gegen Widerstände der deutschen Medien etwas durchzieht.

Die immer stärkere Verengung des CDU-Profils auf inzwischen unpopuläre und widerlegte Standpunkte – wie den Kernkraftausstieg, den Nullzins und das Ende des Verbrenners – führt in die permanente Abwärtsspirale, wie man seit 2013 anhand der Wahlergebnisse studieren kann. Um wieder eine Volkspartei zu werden, muß die CDU das Spektrum des Sagbaren, Wünschbaren und Machbaren wieder erweitern, ihre Netzwerke für Innen- und Außenstehende attraktiver machen.

In der Historie finden sich viele Beispiele, wie Männerbünde lästige Langzeitherrschaften losgeworden sind. Der Kopfabschneider Robespierre wurde von völlig unbedeutenden Mitkämpfern unter die Guillotine gerollt, die lediglich die Angst um den eigenen Kopf vereinte. Kein Mensch fragte hinterher nach einem Gerichtsprozeß, allgemeine Erleichterung herrschte. Nach dem Tod von Stalin verschworen sich wichtige Politbüromitglieder, um den Geheimdienstchef Berija um die Ecke zu bringen, was auch gelang. Die Hausangestellten ließen Stalin im Todeskampf winseln, ohne einen Arzt zu holen. Sicher war sicher. Auch Ulbricht und Honecker wurden durch Verschwörungen gestürzt.

Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um. Wer den CDU-Parteivorsitz ohne das Kanzleramt anstrebt, ist politisch tot. Das ist die Lehre aus AKKs Himmelfahrtskommando. Das sollte Merz, Spahn und Laschet klar sein. Nur gemeinsam sind sie stark.