Hohe Wirtschaftswissenschaft und das Essensgeld

Daniel Stelter ist neben Prof. Sinn und Mister Dax eine der seriösen Adressen der deutschen Wirtschaftswissenschaft. In einem Meinungsaustausch mit Professor Thomas Mayer vom Flossbach von Storch Research Institut wurden folgende Zahlen zur Inflation präsentiert:

Mayer: „Dass die Geldmenge stärker steigt als die reale Produktion, ist jedoch keine ganz neue Beobachtung, sondern bereits seit vielen Jahren der Fall. So lag das Geldmengenwachstum in USA bereits seit 2010 bei 11,0 % p. a., in der Eurozone bei 7,5 % p. a. und in Japan bei 5,7 % p. a. und damit weit oberhalb der Wachstumsraten des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Vordergründig wurde die Inflationsrate von der enormen Geldschwemme bislang aber nicht tangiert. Zieht man jedoch anstatt der Verbraucherpreise (CPI) die Vermögenspreise heran, so zeigt sich die Geldmengenausweitung sehr wohl. So stiegen die Preise für Sach- und Finanzgüter in Deutschland seit dem Jahr 2010 jährlich um 4,3 %. Die offizielle Inflationsrate lag demgegenüber bei gerade einmal durchschnittlich 1,3 %.

Stelter dazu: „Damit sind wir beim Problem der zunehmenden Ungleichheit. Befürworter der Geldpolitik behaupten dennoch, dass es keinen Zusammenhang zwischen der wachsenden Geldmenge und den Vermögenspreisen gäbe.

Mayer: „Mittel- bis langfristig erscheint es jedoch durchaus wahrscheinlich, dass letztlich auch die Verbraucherpreise vom massiven Geldüberhang erfasst werden. Neben den modelltheoretischen Überlegungen einer über das BIP-Wachstum hinausgehenden Geldmengenausweitung gilt es ebenso zu berücksichtigen, dass die jüngst stark ausgeweiteten Haushaltsdefizite und stetig wachsenden Schuldenstände der Staaten einer gewissen Inflationierung bedürfen, so dass der politische Wille, drohender Deflation entgegenzuwirken, groß sein dürfte. Zudem könnten Unternehmen vor dem Hintergrund der jüngsten Erfahrungen verstärkt darauf bedacht sein, unabhängiger von internationalen Lieferketten zu werden, was aufgrund des Wegfalls der komparativen Kostenvorteile ebenso preistreibend wirken würde.

Nach diesem Disput der weltgewandten Fachleute möchte ich in den kleinbürgerlichen Gesichtskreis meiner Nachbarn eintauchen. Im Kreis Weimarer Land rauchen wegen einer 20 %igen Essensgeldsteigerung in einer Schule gerade die Colts. Wir sind klar im Bereich der Verbraucherpreise. Die Elternvertreter schäumen vor Wut, das Thema wird heute im Kreisausschuß diskutiert werden.

50 bis 60 % des Esssensgelds sind Steuern und Abgaben, der Rest verteilt sich auf den Materialeinsatz, Energie-, Miet-, Versicherungs-, Fahrt- und Personalkosten. Der Materialeinsatz ist dieses Jahr deutlich teurer geworden, bei einigen Rohprodukten um 50 %. Außerdem sehen die Betriebe zu, wie sie ihre Verluste vom Shutdown loswerden. Das geht nur über Preiserhöhungen.

Die Inflation kommt bei den Konsumenten an, und schon geht die Diskussion hin und her. Niemand kommt auf den Gedanken, daß es die Zentrale ist, die wegen Shutdown, Grundwasserverordnung, Geldmengenausweitung und überhöhten Abgaben Schuld hat. Die Bälle fliegen auf niedrigem Schäppchenjägerniveau zwischen Schule, Essensanbieter und Landkreis hin und her, kaum jemand begreift, daß das der Anfang einer allgemeinen Inflationsspirale sein könnte. Es wird nach dem Anbieterwechsel geäugt, gleichzeitig soll es aber schmecken, Mindestlohn soll bitteschön gezahlt werden und die Anlieferautos sollen keinen Feinstaub machen. Ob das was wird? Wer mit offenen Augen durch die Kaufhalle geht, sieht insbesondere bei Frischware bereits Preiserhöhungen bis 50 % zum Vorjahr. Das wird durch günstige Benzinpreise im Moment wegkompensiert.

 

Grüße an den V-Schutz. Keine Gesellschaft kann gedeihen und glücklich sein, in der der weitaus größte Teil ihrer Mitglieder arm und elend ist. (Adam Smith, 1776)

 

Beitragsbild: preiswerte Quarkkeulchen aus eigener Produktion.