Der Ost-West-Konflikt in der FDP

Die MSM berichten heute, daß die Bundes-FDP einen Wahlkampf der Thüringen-FDP mit Thomas Kemmerich nicht unterstützen wird. Eigentlich kann er froh sein, wenn die Berliner Flaschen in Thüringen nicht aufkreuzen. Trotzdem ist das als eine Art Erpressungsversuch zu deuten. Die Thüringer FDP soll verunsichert und gespalten werden. Lieber eine gefügige 1-%-Partei im Osten, als eine mit Selbstbewußtsein, so das Signal der Bundespartei.

Im Innenleben der thüringer FDP und in ihrer Anhängerschaft kenne ich mich ein bißchen aus, weil ich 2009 bis 2013 als unabhängiger Abgeordneter die FDP-Fraktion im Weimarer Land verstärkt hatte. Der Hintergrund war, daß mich Mike Mohring in seiner CDU-Kreistagsfraktion nicht haben wollte. Ich bekam damals also politisches Asyl bei den Liberalen und habe sie deshalb bis heute immer ein bißchen schonend angefaßt. Der Kreisverband Weimarer Land ist von Apoldaer Geschäftsleuten und Handwerkern dominiert. Und sie haben auch etwas Widerhall bei der Apoldaer Wirtschaft.

Bei einem Auftritt am 22. Oktober 2019 in Ebeleben hatte Hans-Georg Maaßen die Richtung gewiesen: Ein Griff Mike Mohrings nach dem Posten des Ministerpräsidenten wäre möglich, wenn es bei der Wahl am folgenden Sonntag keine rot-rot-grüne Mehrheit gäbe. Wörtlich: „Mit einer nicht rotrotgrünen Mehrheit im Parlament dürfte das möglich sein“. Diese Auskunft war mir natürlich zu wischiwaschi, so daß ich nachfragte, ob Dr. Maaßen lieber eine schwarzrotgrüne Koalition oder eine schwarze Minderheitsregierung hätte. Antwort von Maaßen: „Ganz klar, ich bin in diesem Fall für eine Minderheitsregierung“. Er würde Mohring empfehlen, den Mut zu folgender Entscheidung zu haben: „Ich kandidiere für den Ministerpräsidenten, und dann sehen wir mal was passiert“. An dieser Stelle muß man explizit den lebhaften Beifall im Saal erwähnen.

Nun wußten natürlich alle Insider, daß Mohring dazu zu feige ist. Blieb also nur Kemmerich. Nach der Wahl im Herbst 2019, bei der die RRG-Mehrheit flöten ging, wurde Thomas Kenmerich folglich von ganzen Heerscharen von Wählern zur Kandidatur als MP gedrängt. Es gab viele persönliche Gespräche, E-mails und Briefe. Zwei davon kamen übrigens auch von mir. Am 29.10.2019, dem Tag nach der Wahl hatte ich ihm geschrieben:

Sehr geehrter Herr Kemmerich, herzlichen Glückwunsch zum Erfolg. H.-G. Maaßen hatte eine Minderheitsregierung der CDU vorgeschlagen. Frage: Wenn Mike Mohring sich nicht zur Wahl als MP stellt, würden Sie das tun? Und wenn nein, warum nicht? Was gibt es für Gründe gegen eine FDP-Minderheitsregierung? Oder gibt es Argumente dafür? Ihre Antwort würde ich ungekürzt auf meinem Blog veröffentlichen, egal wie sie ausfällt. Freundliche Grüße – Wolfgang Prabel

Kam natürlich keine Antwort. Am 7.01.2020 hatte ich nochmal angeklopft:

Sehr geehrter Herr Kemmerich, heute morgen erfuhr ich, daß die CDU mit einer Projektregierung liebäugelt. Nachdem Herr Dr. Maaßen doch nicht für den Posten des MP kandidieren will, bleiben nun nur noch Sie übrig, um den Hut in den Ring zu werfen. Ob Ihre Kandidatur erfolgreich wäre, wage ich beim Zustand der CDU zu bezweifeln. Ein letztes Aufbäumen gegen die ehemaligen Türzuhalter erwarten aber viele Thüringer, die mit mir gesprochen haben. Eine Kapitulation ohne Kampf geht nicht und würde dem Ruf der FDP schaden. Ihre Partei hat wenig zu verlieren und viel zu gewinnen. Freundliche Grüße – Wolfgang Prabel

So wie von mir wurde er von allen Seiten bedrängelt. Viele Handwerker und Industrielle, die ihm geschrieben hatten, kenne ich persönlich. Es waren übrigens auch einige Beamte aus der Vogel- und Althausregierung unter den Anstiftern. Ihre Namen werde ich vorsichtshalber mit ins Grab nehmen. Kemmerich handelte also nicht nur aus eigenem Ehrgeiz, sondern wegen der Erfüllung des Wählerauftrags.

In den letzten Wochen hatte ich einige Gelegenheiten zu überprüfen, wie seine Anhänger derzeit gestimmt sind. Ich habe bisher niemanden gefunden, der ihm für seinen Versuch das Mauermörderregime zu verhindern nicht dankbar ist. Seine Fans stehen also nach wie vor hinter ihm, egal was Christian Lindner in Berlin und MASZ in Düsseldorf für Kriegstänze aufführen.

Es gibt in der FDP einen Ost-West-Dissenz. Während sich die Westverbände mit Zensur, Planwirtschaft,  Antifa und Geschichtsrevisionismus arrangiert haben, erinnert man sich im Osten weniger gern an die Russenzeit. Die meisten Handwerker standen damals permanent mit einem Bein im Knast und hatten ständig Ärger mit der Materialbewirtschaftung und der Steuerbürokratie. Das ist unvergessen, Lindner läßt solche Ost-Ressentiments nicht gelten. Er schleimt sich lieber an die Alt-68er und NGO-Joungster in den Medien an, die schon wieder vom schönen Sozialismus träumen. In der Russenzeit hatte der Volksmund dafür ein treffendes Wort: Liberalbolschewismus. Dieses seltsame Spiel der Liberalen mit dem Bolschewismus gab es schon 1919, als Walther Rathenau den festgesetzten russischen Kommissar Karl Radek im Gefängnis Moabit besuchte. Die Diskussion ging darum, ob der führende Teil des Proletariats der Organisator der Industrie sein und die besten Teile der Intelligenz in sich aufsaugen könnte, wie Radek meinte, oder ob es nicht gerade umgekehrt sein werde, wie Rathenau befand. Mehr dazu in Gerd Koenens Buch „Der Rußland-Komplex“ Seite 288.

Wenn Kemmerich dem Druck aus Berlin nachgibt, oder wenn er innerparteilich unterliegen sollte, ist die FDP in Thüringen durch. Für seine verbliebenen Anhänger hat der Landesvorsitzende der FDP alles richtig gemacht. Sie sind sauer auf Mohring, weil dieser Kemmerich in der Staatskanzlei am Abend der MP-Wahl alleine hat sitzen lassen. Der Windbeutel.

 

Grüße an den V-Schutz: Die Vertreibung aus dem Paradies muß rückgängig gemacht werden.