Dr. Merkel steht auf der Rentenbremse.

Im November 2013 hatte ich einen Eintrag über die Altervorsorge geschrieben. Seitdem hat sich die Vorschriftenkulisse geändert, so daß ich den Eintrag überarbeiten muß. Außerdem kann man nach sieben Jahren mal sehen, ob ich mit meinem Goldfimmel richtig lag.

„Den Sparern droht eine Nacht ohne Morgen“, schrieben am 7.11.2013 Daniel Eckert und Holger Zschäpitz in der „Welt“. Sie beriefen sich auf den damaligen Sparkassenpräsidenten Fahrenschon, der wegen niedriger Anleihenzinsen Risiken für die Altersvorsorge sah. Offensichtlich glaubte Fahrenschon wie auch der ehemalige Arbeitsminister Riester nicht an die Kraft der Umlagerente und hielt kapitalgedeckte Rentenbestandteile für erforderlich.

Im Umlagesystem zahlen die wirtschaftlich Aktiven aus ihrem Arbeitslohn den Rentenbeitrag  ein und die Rentner erhalten das Geld noch im selben Monat ausgezahlt. Dieses Umlagesystem stößt natürlich dann an seine Grenzen, wenn nicht genug Erwerbstätige da sind, um die Rentner zu versorgen. 1957 mußten sich 3,6 Erwerbstätige einen Rentner teilen. Die Rente betrug damals 65 % des Nettolohns. Heute sind es 2,2 Erwerbstätige, die einen Rentner durchzuschleppen haben. Das bedeutet letztlich, daß die Rente bei gleicher Anstrengung der umlagepflichtigen Beschäftigten  nur noch (2,2 / 3,6) x 65 % = 40 % des Nettolohns betragen würde, wenn nicht der Beitragssatz laufend erhöht worden wäre und ein Zuschuß aus Steuern einfließen würde.  Man sieht deutlich, daß die Rentenhöhe zukünftig nicht haltbar ist, wenn die Relation zwischen Rentnern und Beschäftigten sich weiter verschlechtert.

Seit langem gibt es Lebensversicherungen und Pensionskassen, seit Rotgrün gibt es die Riesterrente. Nun mußte das Kapital der Riesterrente und der Lebensversicherungen wegen der Anlagenverordnung von Bundesfinanzminister Eichel von 2002 bis 2015 zu 80 % in sehr niedrig oder überhaupt nicht verzinsten Staatsanleihen angelegt werden, weil diese angeblich sicher sind. 2015 wurde endlich die Notbremse gezogen, es dürfen seither bis 35 % in Aktien angelegt werden, ebenfalls bis 35 % in Unternehmensanleihen. So genannte Asset Backed Securities (ABS), also fragwürdige strukturierte Finanzinstrumente, die mit Forderungsrechten besichert sind, dürfen 7,5 Prozent des Sicherungsvermögens nicht übersteigen. Dazu gehörten die amerikanischen Immobilienverbriefungen, an denen die deutschen Landesbanken außer der Landesbank Hessen-Thüringen alle gescheitert sind. Rohstofffonds dürfen bis 5 % ausmachen. Das ist im internationalen Vergleich immer noch ein sehr geringer Aktienanteil. In Dänemark, Norwegen und der Schweiz ist dieser Prozentsatz deutlich höher.

Nun kommen wir zum nahezu unauflösbaren Dilemma.

Die Zinsen von Staatsanleihen werden aus der Arbeit und den Steuern der wirtschaftlich Aktiven bezahlt, also von denselben Leuten, die auch die Umlage für die Rente bezahlen. Dasselbe wäre mit Dividenden von deutschen Aktien auch der Fall, falls die Riesterprodukte, Pensionskassen und Lebensversicherungen in Aktien investiert wären. Die Überlastung der umlagepflichtigen Beschäftigten ist bei Kapitaldeckung letztlich dieselbe, wie bei erhöhten Beitragssätzen für die Rente. Daß das so ist, hatte Prof. Mackenroth schon 1952 erforscht:

„Nun gilt der einfache und klare Satz, daß aller Sozialaufwand immer aus dem Volkseinkommen der laufenden Periode gedeckt werden muß. Es gibt gar keine andere Quelle und hat nie eine andere Quelle gegeben, aus der Sozialaufwand fließen könnte, es gibt keine Ansammlung von Periode zu Periode, kein ‚Sparen‘ im privatwirtschaftlichen Sinne, es gibt einfach gar nichts anderes als das laufende Volkseinkommen als Quelle für den Sozialaufwand … Kapitalansammlungsverfahren und Umlageverfahren sind also der Sache nach gar nicht wesentlich verschieden. Volkswirtschaftlich gibt es immer nur ein Umlageverfahren.“

Man kann am Rentensystem rumbasteln wie man will: Wenn die Relation zwischen Rentnern und Beschäftigten in der Wirtschaft nicht stimmt, ist die Rente nicht sicher und die jungen Leute, die Familien zu ernähren haben, werden mit Rentenbeiträgen und Steuern überlastet. Riestern, Pensionskassen und Lebensversicherungen sind Voodoozauber, da sich kapitalgedeckte Renten aus derselben Quelle speisen, wie die Umlagerente: Aus der Arbeit.

Die Rentner der kommenden Jahrzehnte haben ihr Rentenproblem selbst verschuldet: Sie haben nicht genug Kinder großgezogen, die ihre Rente verdienen. Die Politik ist darum gefordert, umzusteuern: Die Rentenumlage sollte nicht mehr allein auf das Arbeitsentgelt erhoben werden, sondern auch auf Kinderlosigkeit. So eine Besteuerung gab es früher: Sie hieß Hagestolzensteuer. Sie wurde erstmalig im Jahr 351 in der spätrömischen Dekadenz eingeführt. Nach dem Dreizigjährigen Krieg war sie erneut ein Instrument, um die Bevölkerungsentwicklung positiv zu beeinflussen. Kinderlose Leute, die sich um ihre ehelichen Pflichten drückten, sogenannte Hagestolzen, mußten Steuern zahlen und das Vermögen von verstorbenen Hagestolzen fiel dem Grundherrn bzw. dem Staat zu. Im späten 17. Und im 18. Jahrhundert waren die Fürsten mit dieser Maßnahme sehr erfolgreich. Bereits 1800 hatte sich die Bevölkerung trotz hoher Sterblichkeit gegenüber 1648 ungefähr verdreifacht.

Ein vernünftiges Rentensystem funktioniert so: Mit der Anzahl der Kinder einer Familie sollte der Rentenbeitrag auf Null sinken, um Anreize für die Vermehrung zu schaffen. Das ist bei den gegenwärtigen Diskussionen über die Ehe für alle sicher eine Drehung um 180 Grad. Aber diese Drehung ist mit Rücksicht auf die Mathematik erforderlich, um die Rente zu retten. Ein System, welches es Leuten ermöglicht, mit voller Absicht keine Kinder zu bekommen und trotzdem volle Rente zu beziehen, hat sich von den natürlichen Grundlagen des Lebens etwas entfernt.

Als Gold- und Silberfreund habe ich noch eine weitere gute Idee. Nicht überall auf der Welt waren die Lenden so schwach, wie in Deutschland. Viele Völker haben keine Probleme mit ihrer Alterspyramide und sind wirtschaftlich erfolgreich. Australien, Kanada, Chile, Indien, Neuseeland, China, Thailand…. Wie wäre es, wenn man die wachsende Weltwirtschaftskraft für die Erwirtschaftung der deutschen Renten nutzt? Das funktioniert mit einer Weltwährung, die es schon gibt bzw. mit internationalen Qualitätsaktien.

Wenn kapitalgedeckte Rentensysteme zumindest teilweise mit Edelmetallen gedeckt würden, wäre das deutsche Rentensystem an das Weltwirtschaftswachstum gekoppelt, und nicht an die stagnierende deutsche und europäische Wirtschaftskraft. Die Bundesregierung müßte nur die Anlagenverordnung dahingehend ändern, daß die Versicherer und Riesterverwalter die natürliche Währung, nämlich Edelmetalle aufschatzen dürfen. Mit den Betonköpfen der großen Koalition ist das nicht zu machen. Wir müßten für neue Ideen offen sein.

Den Gedanken hatte ich so im November 2013 skizziert. Gold war damals 1.278 US$ wert, heute steht es genau bei 1.900 $. Eine Verzinsung von 5,8 % pro Jahr.

Man sollte mit dem Dax vergleichen, in den Ausschüttungen bekanntlich eingerechnet werden. Er stand im Nov. 2013 bei 9.200 Punkten, heute bei 12.689. Auch nicht schlecht, eine Verzinsung von immerhin 5 %, allerdings mit dem Makel, daß nicht die weltweiten, sondern die deutschen Arbeitnehmer dafür arbeiten mußten.

Den Vogel schießt allerdings der Dow Jones ab. Er stand im November 2013 bei 16.000 Punkten, Freitag notierte er bei 27.691. 8,2 % Verzinsung p.a., es kommen die Ausschüttungen in mir unbekannter Höhe dazu.

Wenn überhaupt Globalisierung, dann richtig. Globalisierung ist, wenn andere für unsere Rente arbeiten. Holländer, Dänen, Norweger, Engländer und andere Völker haben das längst erkannt, Franzosen und Deutsche kaufen am liebsten eigene nationale Aktien, wenn überhaupt. Zumindest in den letzten sieben Jahren war die deutsche Rentenerwirtschaftung im Durchschnitt unterirdisch und ineffizient.

 

Grüße an den V-Schutz:  Wer sich im Alter wärmen will, muss sich in der Jugend einen Ofen bauen.