Immobiliensteuern und die Folgen

Daniel Stelter hat gerade wieder mal vor der Belastung von Immos zugunsten des Finanzamts gewarnt. Er verwies kürzlich auf seinen bereits 2017 veröffentlichten Eintrag in der Wiwo: „In Deutschland wenig beachtet, hat France Strategie, ein staatsnaher französischer Think Tank vorgeschlagen, die Staatsschulden der Eurozone durch Abgaben auf Immobilien zu finanzieren. Der Staat soll – so der Vorschlag – Miteigentümer werden und dafür jährlich eine Verzinsung bekommen. (…) Käme es nun zu der Sondersteuer auf Immobilien darf getrost davon ausgegangen werden, dass die Preise von Immobilien deutlich unter Druck geraten. Damit würden die Sicherheiten der Banken an Wert verlieren und nicht wenige Immobilienbesitzer in Schwierigkeiten geraten. Folge wäre somit auch bei diesem Vorgehen eine (erneute) Bankenkrise.“

Ich habe davon angeregt mal recherchiert, was 1919, 1923 und 1924 von der Reichsleitung in dieser Hinsicht parteiübergreifend von einem Prototyp der Nationalen Front bzw. der ganz großen Groko alles angestellt wurde.

1919 wurde das Reichsnotopfergesetz beschlossen. Es sah für Vermögen aller Art einen Steuersatz von 10 % bis 65 % bei einem Freibetrag von. 5.000 RM vor. Kleineigentümer, die sofort zahlten waren angeschmiert, die Großen des Reichs, die in Raten zahlten, hatten es etwas besser, denn 1922 wurde die Erhebung eingestellt, weil die Finanzverwaltung der Inflation zunehmend hinterherlief. Man verfiel dann auf die Erhebung einer jährlichen Vermögenssteuer. Es wurde übrigens auch der Oma ihr klein Häuschen belastet, daher das Lied vom Versaufen, 1922 veröffentlicht.

Am 17. Oktober 1923 wurde im Reichsgesetzblatt die Errichtung der Deutschen Rentenbank bekanntgemacht. In § 2 wurde das Kapital auf 3.200 Mio Reichsmark festgelegt, welches zur Hälfte von der Landwirtschaft, zur anderen Hälfte von Industrie, Gewerbe, Handel und Banken aufzubringen war. Nach § 6 wurde landwirtschaftlichen Betrieben eine Grundschuld von 4 % ihres Grundstückswerts eingetragen, die jährlich mit 6 % zu verzinsen war. Entsprechend § 9 wurden auch Industrie, Gewerbe, Handel und Banken belastet, soweit möglich auch mit Grundschuldeintrag und 6 % Verzinsung, ansonsten mit einer Schuldverschreibung.

Wenn man das auf heutige Verhältnisse anwenden würde: Eine 10 ha große Bewirtschaftungseinheit hat einen Verkehrswert von 150.000 €. Davon 4 % sind 6.000 €. Davon 6 % jährlich sind 360 €. Weizen angebaut bringt bei 180 € pro t und 70 dt/ha etwa 12.600 € p.a. , davon 360 € sind  etwa 3 %. Ein guter Teil des Gewinns ist weg, das war in den 20ern noch schlimmer, weil der Getreidepreis in die Knie ging.

Dabei blieb es aber nicht. Am 14. Februar 1924 wurde die dritte Steuernotverordnung beschlossen. Ansprüche aus Rechtsverhältnissen, die die Zahlung einer bestimmten in RM ausgedrückten Geldsumme zum Gegenstand hatten, wurden, soweit es sich um Vermögensgegenstände handelte (Hypotheken, Schuldverschreibungen, Guthaben), die durch die Inflation entwertet worden waren, nicht zugunsten der Gläubiger, sondern des Finanzamts „aufgewertet“. Unter anderem war die sogenannte Hauszinssteuer das Ergebnis. Die Einnahmen betrugen nach ihrer Einführung rund 850 Millionen Reichsmark, was immerhin etwa 20 % der deutschen Steuereinnahmen waren. Da die Mieten bis 1927 auf Vorkriegsstand gedeckelt waren, hatte das die Auswirkung, daß etwa 40% des Mietertrags ans Finanzamt gingen. Ab 1927 durften die Mieten bis 20 % erhöht werden, um den eingetretenen Instandhaltungsstau zu verringern. Aus der Weimarer Zeit stammt auch die Regelung, daß die Mieter die Renovierung selbst bezahlen müssen, was in der Kaiserzeit noch zu Lasten des Vermieters ging. Es traf übrigens auch schon wieder der Oma ihr klein Häuschen,wenn es 1918 nicht bereits abbezahlt war.

Die ständigen Eingriffe des Staats ins Vermögen der Bürger – die Inflation von 1920 bis 1923 vernichtete das Geldvermögen vollständig – bewirkten eine starke Entfremdung dem Staat und den Parteien gegenüber. Thomas Mann zum Beispiel schrieb über einen „betrügerischen Bankrott“ und einen „gegenwärtigen Saustall“, was er erst 1930 revidierte. Ab 1927 führte insbesondere die Landwirtschaftskrise im Mix mit den zu leistenden Abgaben zu massiven Unruhen. Viele Höfe und viele Mietshäuser kamen in den 20ern unter den Hammer, am Beginn der 30er kam es zu der von Stelter befürchteten Bankenkrise. Ab 1935 wurden die Höfe in einem aufwändigen bürokratischen Verfahren teilentschuldet, die Reichszinssteuer wurde im Dritten Reich bis 1943 weiter erhoben. Zum Schluß mußten sich die Vermieter mit einer Ablösesumme loskaufen.

Die nationalsozialistische Machtübernahme Anfang 1933 war weniger das Resultat der Weltwirtschaftskrise, mehr das der ständigen sozialistischen Eingriffe in das Eigentum und der wachsenden Verärgerung darüber. Die Weltwirtschaftskrise war nur der Tropfen, der das Faß vorerst zum Überlaufen brachte.

Stelter schreibt, daß Immobilien in jeden Vermögensmix gehören, daß sie allerdings immer auch der Gefahr staatlicher Zugriffe ausgesetzt sind. Wie wahr!

 

Grüße an den V-Schutz: Beim Bauen muß man schauen, um sich nicht zu verhauen, sonst kommt man in des Elends Klauen. (Abraham a Sancta Clara, 1644-1709)