Beamtenadel und Neidhammel

Der Mainstream berichtet über eine Demo durch den Berliner Stadteil Grunewald, die für die Enteignung der Reichen warb. Der Don als Vertreter des alten Geldes regte sich in der WELT darüber auf. Aber überwiegt nicht bereits das neue Geld und sind sich die Demonstranten und der Neuadel aus Öko und Paragrafen nicht ähnlicher, als man denkt?

Wir müssen bedenken: Alle 25 Jahre wechselt mehr als die Hälfte der Eigentümer, häufiger durch Verkauf/Kauf als durch Erbschaft. Die Gebäude- und Sozialstruktur in dem bedrohten Wohngebiet Grunewald ist nicht anders, als im Reichenghetto jeder Mittel- oder Großstadt. Wenn man per esempio mit dem Weimarer Hypothekenhügel vergleicht, unterscheiden sich Gebäudealter, Gebäudegröße, Grundstücksgröße und Eigentümermix nicht.

Die Gebäude sind schon in ihrer Entstehungszeit selten von Fabrikanten und Großagrariern errichtet worden, in Berlin wie auch in der Provinz überwogen schon zwischen 1890 und 1930 die verbeamteten und mit Lehrämtern bestallten Bauherren.  An dieser Eigentümerstruktur hat sich seither garnicht so viel geändert. Die reichen Handwerker haben meistens woanders gebaut und erworben. Der Stallgeruch eben. Zwischen Professoren, Rechtsanwälten, Freiberuflern, Ministerialen und Rentiers hat man sich noch nie wohlgefühlt. Nur so eine lästerliche Nebenbemerkung: Nirgends gibt es mehr Nachbarstreitigkeiten, wie in den Villenvierteln.

Wenn man sich die Wahlergebnisse im Grunewald ansieht, verfestigt sich der erste Eindruck: Bei der Europawahl 2019  erreichte die CDU im zentralgelegenen Grunewald-Wahlbezirk 4502 noch 30,5 % (minus 4,7 %), die Grünen folgten auf dem Fuß mit 28,9 % (plus 12,8 %). Im ganzen Berliner Südwesten lagen die Grünen vorn. Noch vor 30 Jahren war das eine CDU-Festung.

Gegen die schon im Fördergeld- und Gebührenkassiererdschungel angekommenen älteren Semester rebellieren deren  prekär, oft nicht fest oder befristet angestellten Hiwis. Es ist eben ein beschwerlicher und langer Weg zu den Fleischtöpfen, bis zu einem gewissen Grad ist es ein Generationenkonflikt.

„Diese vorgefundenen Lebensbedingungen der verschiedenen Generationen entscheiden auch, ob die periodisch in der Geschichte wiederkehrende revolutionäre Erschütterung stark genug sein wird oder nicht, die Basis alles Bestehenden umzuwerfen…“, so Karl Marx 1845 in der Deutschen Ideologie. Da war er 27 und schnorrte sich durch.

Ein wesentlicher Aspekt der Rolle der Jugend ergab sich schon seit dem späten 19. Jahrhundert aus der Verstädterung. Auf dem Lande war es Tradition gewesen, die Alten zugunsten des Erstgeborenen aufs Altenteil zu schieben und das Szepter der ökonomischen Macht zeitig an die nächste Generation zu übergeben. In der städtischen Gesellschaft gab es diesen Generationenvertrag nicht. Hier behielten die Alten die uneingeschränkte Macht und Verfügung in der Regel bis zu ihrer Verrentung oder der Abberufung durch den lieben Gott.

Im jugendlichen Verwendungsstau, dieser Erlebnisentbehrung und Heldenödnis, dieser gymnasialen Vernunftstyrannei fallen die Parolen der Schlägertrupps der Merkeljugend und von FfF auf fruchtbarsten Boden. Das Erlebnis und der Held wurden aufgewertet, und die Vernunft ab. Blöd nur für das linksradikale Establishment, daß die jungen Wilden auch aufs eigene Milieu losgehen. Das kapitalistische Image des Grunewalds stimmt mit den sozialen Realitäten der neuen Zeit nicht überein.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: Es wird Zeit, daß die Clans in der Reichshauptfavela mal ein bißchen Ordnung schaffen.