Der Wissenschaftliche Beirat des BMF über grünes Kapital

PB hatte vor ein paar Tagen vor Risiken der Taxometrie gewarnt. Auch der Wissenschaftliche Beirat des Bundesministeriums der Finanzen ist sehr skeptisch, um es freundlich auszudrücken. Ich zitiere aus seiner Stellungnahme:

„Traditionell versucht die Politik, die Produktionsseite von Unternehmen durch Regulierungsmaßnahmen zu steuern, um gesellschaftliche Ziele zur Ausgestaltung der Arbeitswelt oder der Umwelt zu erreichen. Hierzu gehören Umweltauflagen, Ökosteuern, Arbeitszeitrichtlinien, Standards zur Arbeitsplatzsicherheit und vieles mehr. In jüngster Zeit weitet sich die Verfolgung gesellschaftlicher Ziele auf die Finanzierungsseite aus. Finanzprodukte sollen zur Erreichung klimapolitischer Ziele beitragen. (…)

Aus finanzwirtschaftlicher Sicht ist die Verknüpfung von ESG-Zielen (das sind im wesentlichen Klima- und Umweltbelange) mit der Finanzierung der Unternehmen irritierend. Denn eine nachhaltige, sozial- und umweltverträgliche Produktion hat zunächst nichts mit der Finanzierungsseite eines Unternehmens zu tun. Ob ein Projekt umweltschonend oder -verschmutzend ist, lässt sich nicht durch die Art von Mitteln (Eigenkapital oder Fremdkapital, grüne oder konventionelle Anleihen) bestimmen, mit denen das Projekt finanziert wird. (…)

Grundsätzlich lassen sich im Portfoliomanagement aktive und passive Anlagestrategien unterscheiden. Bei der passiven Strategie achten die Anlegerinnen und Anleger darauf, grüne Anlagen in der Form von Beteiligungstiteln und Unternehmensanleihen in das Portfolio aufzunehmen; eine direkte Einflussnahme auf die Unternehmenspolitik wird hier nicht angestrebt. Aktiv bedeutet, dass eine direkte Einflussnahme als wesentlicher Teil des finanziellen Engagements erfolgt, z. B. unter Ausnutzung der Rolle als Miteigentümerin oder Miteigentümer bei Beteiligungstiteln oder hybriden Anleihen.

In einem gut funktionierenden Kapitalmarkt haben passive Portfolio-Strategien einzelner Anlegerinnen und Anleger keine Auswirkung auf die Erreichung der ESG-Ziele. Denn in einem integrierten, informationseffizienten Markt wird die Umleitung von Anlagegeldern in eine Teilklasse möglicher Anlagen die relativen Preise der Anlagealternativen wie Aktien nicht oder zumindest nicht dauerhaft beeinflussen. In diesem offenen Markt wird jede Umleitung von Geldern kompensiert von liquiden Geldern anderer Kapitalanlegerinnen und -anleger, für die die Verfolgung von ESG-Zielen keine Bedeutung hat. Die Neutralität passiver Investitionen verschwindet, wenn die Nachfrage nach ESG-Titeln das Angebot bei herrschendem Kapitalmarktzins übersteigt. Treten viele passive Kapitalanlegerinnen und -anleger auf einem Markt für ESG-Titel auf, wird ein Einfluss auf die Erreichung der ESG-Ziele möglich. Denn dann verändern sich die relativen Kapitalkosten von ESG-Unternehmen im Vergleich zu konventionellen Unternehmen und schaffen damit Anreize für die konventionellen Unternehmen, sich in ESG-Unternehmen zu verwandeln. Die passiven ESG‑Kapitalanlegerinnen und -anleger erleiden in der Regel einen finanziellen Verlust. Denn die gesunkenen Kapitalkosten der ESG-Unternehmen haben ihr Spiegelbild in den gesunkenen Renditen der Anlegerinnen und Anleger in grünen Titeln. Kalibrierte Modelle zeigen, dass mindestens 20 Prozent aller Kapitalanlegerinnen und -anleger grün sein müssen, bevor diese einen Einfluss auf die Kapitalkosten und damit auf realwirtschaftliche Investitionsentscheidungen haben können.

Anders als bei der passiven Strategie mit ESG-Ausrichtung richtet sich die aktive Strategie nicht vornehmlich auf die ESG-Firmen, sondern gerade auch auf die konventionellen Firmen mit der Absicht, deren Produktionsaktivitäten zu verändern. Diese Intervention kann in Form von Einflussnahme über die Jahreshauptversammlung oder eine Mitgliedschaft im Aufsichtsrat des Unternehmens erfolgen und das Ziel verfolgen, damit andere Anlegerinnen und Anleger, Konsumentierende oder Regulatorinnen und Regulatoren zu erreichen. Diese Intervention kann über Eigenkapital als Beteiligungstitel oder über Fremdkapital als Anleihen oder Kredite geschehen. Wenn das Unternehmen bisher einen gewinnmaximierenden Pfad beschritten hat, dann sollte diese Intervention zu einer Wertverminderung der Kapitalanlagen führen. Denn wenn ein geändertes unternehmerisches Verhalten wie der Einbau zusätzlicher und regulatorisch nicht verlangter Emissionsfilter den Unternehmenswert erhöht hat, dann würde das gewinnmaximierende Unternehmen dieses Verhalten ohnehin und ohne den Einfluss der aktiven Kapitalanlegerinnen und -anleger an den Tag legen, um dem finanziellen Eigeninteresse der Eigentümerinnen und Eigentümer zu dienen. Damit würde durch die Intervention aktiver Kapitalanlegerinnen und -anleger in der Regel die Profitabilität des Unternehmens verringert und der Unternehmenswert würde sinken. Aus Sicht der Anlegerinnen und Anleger kann eine solche Strategie sinnvoll sein, wenn die finanziellen Renditenachteile durch eine höhere Zufriedenheit über die Verfolgung der eigenen Präferenzen überkompensiert wird.“

Höhere Zufriedenheit bei finanziellen Nachteilen? Die Geschichte bestätigt diese steile These eigentlich nicht.

Beispiel 1: Während der ganzen Russenzeit sahen nur etwa 10 % Systemlinge Vorteile und waren zufrieden trotz dem eingetretenen wirtschaftlichen Rückstand. Die Freude über den Sozialismus konnte die lange Wartezeit auf den Trabant nicht aufwiegen.

Beispiel 2: Nach der Inflation von 1923 waren nur ein paar Spekulanten zufrieden. Das Bildungsbürgertum und die Landwirte hatten eine Stinkwut und wählten sieben Jahre später nach Experimenten mit verschiedenen Kleinparteien NSDAP und KPD. Die Studentenausschüsse waren zuerst nationalsozialistisch.

Beispiel 3: In den 70er Jahren sank der Realzins schon einmal unter Null. Helmut Schmidt hatte nur zu rudern, um die Unzufriedenheit hallewege in geordneten Bahnen zu halten. Kurz vor dem Ende der Inflation zerbrach seine Regierung.

Grün gestrickte Anleger glauben an hohe Renditen. Bei den Windmüllern hat sich das Mitmachen in der Anfangszeit auch gelohnt. Sie sind Mllionäre geworden, wenn sie früh genug eingestiegen sind. In den Anlegerforen von Siemens Energy kann man diesen Glauben an eine goldene Zukunft trotz hohen Verlusten nachlesen. Die von NGOs unterwanderten Mainstreammedien nähren diesen Irrsinn.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: Hört auf die Wissenschaft!