Fundstück: Energie und Geschichte

Bei Daniel Stelter habe ich einen interessanten Eintrag über den Zusammenhang von Energieverbrauch und Geschichte gefunden:

Energie ist Leben und Geschichte entsteht aus früher Erlebtem. Allerdings gibt es wenig Literatur, die den inneren Zusammenhang zwischen Energie und Geschichte schlüssig behandelt. Ein wichtiges, vielleicht sogar das wichtigste Werk dazu ist “ Why The West Rules – For Now” von Ian Morris, 2010, ISBN 978-1-84668-208-7. Der Autor liefert darin eine Weltgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart und untersucht die soziale Entwicklung (Social Development) anhand von Schlüsselkriterien unter Einschluss der Energie. Aus gegebenem Anlass (Entropie und Erneuerbare Energie) habe ich es noch mal hervorgeholt und durchforstet. Das Buch ist der Ausgangspunkt dieser Überlegungen und ich werde mehrfach darauf Bezug nehmen.

Mr. Morris wählte vier Kriterien, Energieverbrauch (Energy Capture), Organisation (Settlement Size), Kommunikation (Communication) und Kriegsstärke (War Making), und bildete daraus gleichgewichtet (4 x 250) einen Wert zwischen 0 und 1000 für die soziale Entwicklung, jeweils getrennt für Ost und West, wobei der Höchstwert 1000 für das Jahr 2000 steht.

Naturgemäß gibt es Energieverbrauch von allem Anfang an mit einem überlebensnotwendigen Mindestwert von 4 kcal/c/d (= 4.65 kWh/capita/day) für Nahrung und Brennholz. Die anderen drei Kriterien waren über lange Perioden der Frühgeschichte dagegen völlig untergeordnet und zeigen erst später quantifizierbare Werte und plausible Relationen zum Energieverbrauch. Es lag damit nahe, sie in den Energieverbrauch zu integrieren und nur mit diesem einen Wert die weitere Untersuchung fortzusetzen. Mr. Morris habe ich darüber unterrichtet.

Der Energieverbrauch entwickelte sich im Westen stetig über zwölftausend Jahre mit wechselnden Schwerpunkten von Vorderasien, bis er um 1 v./n. Ch. mit Rom als Zentrum bei 42 kcal/c/d (~rd. 50 kWh/c/d) stagnierte und ab dem 2. Jahrhundert signifikant wieder abfiel. Der Osten erlebte dieselbe Entwicklung 1000 Jahre später mit Kaifeng als Zentrum. Beide Zentren hatten an ihrem Höhepunkt etwa 1 Millionen Einwohner. Mr. Morris weist ausdrücklich (S. 168 ff mit Diagramm 3.8) auf diese Anomalien hin und begründet sie mit geschichtlichen Ereignissen (Regimewechsel, Unruhen).

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Es gibt zu denken, dass gemäß Morris der Untergang Roms in die Obskurität des Mittelalters sich in einem Rückgang des Energieverbrauchs um nur rund 20 Prozent ausdrückt. Die Einwohnerzahl Roms sank von 1 Million auf unter 100000. Einen Rückgang des Energieverbrauchs von mindestens 20 Prozent streben doch auch unsere Klimaapostel an oder täusche ich mich da? Da steht künftigen Generationen noch einiges bevor, was sie sich so nicht wünschen können.

Erst die Aufklärung leitete die Kehrtwende ein und um 1700 wurde der Spitzenwert Roms im Westen wieder erreicht, um in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts allmählich übertroffen zu werden. Diesmal war es London, die als größte Stadt wieder in die Nähe der 1 Millionen Einwohner kam, mit einem Energieverbrauch von rund 50 kcal/c/d (58 kWh/c/d), einem Plus von etwa 20 Prozent seit Rom. Vor Beginn der industriellen Entwicklung waren die Energiequellen noch immer dieselben wie vor 1800 Jahren mit dem Unterschied, dass in London bereits überwiegend Kohle statt Holzkohle verbrannt wurde, was den höheren Grenzwert erklärt. Denn es war ein Grenzwert. London litt an denselben Symptomen wie seinerzeit Rom.

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Nach allen Indizien war London daran zu ersticken, also gerade an dieselbe Entropie-bedingte Entwicklungsgrenze zu stoßen wie Rom 1800 Jahre vorher. Es kam jedoch anders – gerade noch zur rechten Zeit. Ingenieure mit praktischer Erfahrung stießen die Tür zur Zukunft auf: Matthew Boulton und James Watt 1776 mit der ersten brauchbaren (das heißt Drehmoment liefernden) Dampfmaschine und Richard Trevithick 1804 mit der Lokomotive, der selbstfahrenden Dampfmaschine auf Rädern.

Wie groß der Druck der Entropiegrenze bereits war, kann man ermessen an der Geschwindigkeit der industriellen Übernahme und Verbreitung dieser Erfindungen. Innerhalb weniger Jahre förderten die Kohleminen ihr Wasser kontinuierlich mit Dampfpumpen aus den Schächten, die Textilindustrie expandierte und verzehnfachte ihren Umsatz, die ersten Eisenbahnen verbanden die Städte im englischen Mittelland.

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Da die technische Entwicklung inzwischen eindeutig an physikalische Grenzen stößt, bahnbrechende Ausweitungen der erreichbaren Grenzen also nicht gleich zu erwarten sind, stellt sich die Frage, ob hier nicht ein neuer Grenzwert der erreichbaren Entropie vorliegt. Die GRÜNEN sind ja schon dabei, einen solchen Deckel anzuordnen und möglichst bald sukzessive abzusenken. Was sie damit anrichten werden, lässt sich durch Studium des römischen Endes erahnen.

Der ganze Eintrag >Hier

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Ich weiß nicht, womit sie heizen wollen. Atom wollen sie nicht, Gas wollen sie nicht. Wollen sie wieder mit Holz heizen?“ (Wladimir Wladimirowitsch)