Vor Annalenas Paris-Visite

Die diplomatische Aufmerksamkeit der Deutschen galt nach dem Zweiten Weltkrieg traditionell den Franzosen. Jenseits aller Parteifarben waren der sozialdemokratische Bundeskanzler Helmut Schmidt und der elitistische französische Präsident Giscard d’Estaing aufeinander eingespielt, nachdem sich zuvor bereits Konrad Adenauer und Charles de Gaulle regelrecht hofiert hatten. Auch Bundeskanzler Helmut Kohl und Frankreichs sozialistischer Präsident François Mitterrand waren lange Jahre wie eineiige Zwillinge unzertrennlich, standen 1984 Hand in Hand auf dem Schlachtfeld von Verdun.

1998 kam es mal anders: Bundeskanzler Gerhard Schröder reiste zum Antrittsbesuch nach London statt nach Paris. Die französische Regierung um Präsident Jacques Chirac runzelte die Stirn.

Die erste Auslandsreise des deutschen Regierungschefs kommt also einer diplomatischen Liebeserklärung gleich, oder zumindest einem Bückling: Mit der Reihenfolge der Antrittsbesuche legt die Regierung ihre Verbundenheit oder ihre Vasallentreue offen, je nach Sichtweise. Gerade deshalb galt Schröders Reise nach London an der Seine als Affront.

Es reisten nicht nur die deutschen Kanzler an die Seine. Wenige Stunden nach seiner Ernennung in Berlin, traf 2017 der deutsche Außenminister Heiko Maaß am Quai d’Orsay ein. Da stellt sich automatisch die heikle Frage: Wie riskant wäre 2021 ein Besuch der verpatzten Völkerkundlerin Annalena in Paris eigentlich? Was könnte da alles aus dem Ruder laufen?

Ihre der breiten Öffentlichkeit bekanntgewordenen Wahlkampfauftritte hatten immer etwas mehr als einen Hauch von Peinlichkeit. Die Abqualifizierung ihres Beistellers Habeck als Schweinebaron war alles andere als eine diplomatische Meisterleistung, die Wertung ihrer verhaspelten Rede auf einer Parteiveranstaltung als „Scheiße“ zu direkt. Auch körperlich wirkt sie breitbeinig wie sie immer unterwegs ist wie ein Trampel.

Was ist dagegen Diplomatie? Der britische Außenminister Anthonie Eden hat Diplomatie als die Fähigkeit beschrieben, auf eine so taktvolle Weise nein zu sagen, daß alle Welt glaubt, man hätte ja gesagt. Die Pflicht des Diplomaten besteht in wechselseitigen und unaufhörlichen Konzessionen. (Otto von Bismarck, preußischer Gesandter in St. Petersburg). Ein Diplomat der „ja“ sagt, meint „vielleicht“, der „vielleicht“ sagt, meint „nein“ und der, der „nein“ sagt, ist kein Diplomat. Eine Dame, die „nein“ sagt, meint „vielleicht“, die „vielleicht“ sagt, mein „ja“ und die „ja“ sagt, ist keine Dame. (Charles-Maurice de Talleyrand, frz. Außenminister).

Wie geschickt wird sich Annalena in der Frage der Kernkraft positionieren, wie smart wird sie den Franzosen den deutschen Wehretat erklären und wie wird sie auf französische Wünsche nach Geld eingehen? Man soll nie ausschließen, daß ein Saulus zum Paulus wird, in den ersten hundert Tagen der Amtszeit wird sie von den Beamten des Auswärtigen Amts (AA) vielleicht doch eingenordet, oder sie schafft sich – selbstbewußt wie sie ist – im AA einen devoten Stab von Jasagern und Ohrenbläsern. Wir werden es mit Interesse verfolgen.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst:

Sage nie: Dann soll’s geschehen!
Öffne dir ein Hinterpförtchen
Durch „Vielleicht“, das nette Wörtchen,
Oder sag: Ich will mal sehen!

Denk an des Geschickes Walten.
Wie die Schiffer auf den Plänen
Ihrer Fahrten stets erwähnen:
Wind und Wetter vorbehalten!

(W. Busch)