Kältere Räume sind angeblich gesünder

Das ist die neueste Erkenntnis der Wissenschaft. Die Aussage ist wahrscheinlich von Märchenrobert bestellt worden, der Gas sparen will. Solche gefakten Forschungsergebnisse kursierten immer schon. In meiner Kinderzeit gab es per esempio eine staatliche Kampagne Margarine zu schmieren, um Butter zu sparen. „Mitschurin hat festgestellt, daß die Butter Gift enthält“, höhnte das Volk. Auch die Aufrufe sich gegen Kälte abzuhärten sind nicht neu. In den 50ern war die „Abhärtung“ noch sehr lebendig, teils um die knappe Kleidung zu schonen, teils aus ideologischen Motiven. „Der Junge, der in Sport und Turnen zu einer eisernen Abhärtung gebracht wird, unterliegt dem Bedürfnis sinnlicher Befriedigung weniger als der ausschließlich mit geistiger Kost gefütterte Stubenhocker. (…) Er hat kein Recht, in diesen Jahren müßig herumzulungern … sondern soll nach seinem sonstigen Tageswerk den jungen Leib stählen und hart machen, auf daß ihn das Leben nicht zu weich finden möge.“ So zitiert Wikipedia den Führer. Abhärtung ging oft auch in die Hose. Zwei Verwandte holten sich im Dritten Reich eine Lungenentzündung und starben dran, einer nach einem Zeltlager, ein anderer nach dem heldenhaften Durchschwimmen eines kalten Flusses. Ein Mädchen aus meiner Schulklasse holte sich eine so harte Unterleibsentzündung, daß sie keine Kinder mehr bekommen konnte. Damals hatte die Medizin noch keine Mittel.

1978 schrieb Günter de Bruyn eine brillante Satire auf den ergebnisgetriebenen Wissenschaftsbetrieb. Der Held der Satire – Professor Winfried Menzel – hatte den 1813 gestorbenen Max Schwedenow wiederentdeckt, ihn als im Sinne der Partei fortschrittlichen Historiker und revolutionären Dichter eingestuft und zur Zentralfigur des märkischen Jakobinertums gemacht. Bis die ganze auf die gewünschten revolutionären Traditionen Preußens zurechtgeschnitzte Figur wegen zahlreicher Erfindungen und Widersprüche in sich zusammenklappte.

Die Sozialdemokraten Thilo Sarrazin und Peer Steinbrück hatten den Volksgenossen schon vor Jahren dicke Strickjacken bzw. Pullover empfohlen.  Ich hätte auch noch einige Ideen: Kohlebügeleisen,  den Gazeschrank statt des Kühlschranks, den Kienspan zur Beleuchtung, das Wasserpumpen mit Schwengel am Brunnen und Wäschewaschen am Fluß auf der Rumpel. Böse Zungen behaupten, die Wärme würde demnächst in Säcken direkt von der Solaranlage ins Wirtschaftsministerium getragen.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Wenn die Energiekosten so hoch sind wie die Mieten, werden sich die Menschen überlegen, ob sie mit einem dicken Pullover nicht auch bei 15 oder 16 Grad Zimmertemperatur vernünftig leben können“ (Thilo Sarrazin, 2008 in der Rheinschen Post)