Auf die Wissenschaft hören war schon immer Mist

Ich will mal gleich richtig in die Vollen gehen. Der Antikapitalismus im antisemitischen und im marxistischen Gewand wurde nicht erst nach der jeweiligen Machtergreifung von der Ideologie zur Wissenschaft, sondern schon deutlich vorher. Es war eher da: Das Huhn Wissenschaft, und dann erst das Ei KPdSU bzw. NSDAP.

Eine Kanonisierung des Marxismus zu einer einheitlichen Lehre findet sich nämlich ansatzweise in den Schriften von Franz Mehring, Karl Kautsky und Georgi W. Plechanow, die in den M/L-Kursen folglich Lesestoff waren, um gerade diesen Eindruck zu festigen, daß er schon vor dem WK I etabliert war. Die Einordnung der Anschauungen von Marx und Engels sowie des Antisemitismus in ausgefeilte Theoriegebäude hat eine lange Geschichte:

Der junge Marx lieferte zunächst eine provokante und etwas verkopfte Analyse der herrschenden Verhältnisse und eine daraus abgeleitete Prognose. Als Jugendlicher verhöhnte er die zur Illusion privilegierten Stände, genau jene, die ihn fünfzig Jahre später zum Gott erkoren. Im Alter – je langweiliger seine Texte wurden – wurde er selbstverliebt und dogmatisch, siehe seine Kritik des Gothaer Programms der SPD. Engels wollte die Theorie in allgemeinverständlicher Form verbreiten und trug einflussreiche Studien bei, z.B. den Antidühring. Nach manchen Sichtweisen trieb auch er die Schematisierung und Vulgarisierung von Marx voran. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg hatte der Marxismus in sozialistischen Kreisen eine Anerkennung als Wissenschaft, also als systematisches Erkennen. Aber nicht nur dort.

Ein interessantes und typisches Beispiel für das häppchenweise Einsickern des Marxismus und Antisemitismus in die deutsche Hochschullandschaft liefert die Biografie von Werner Sombart. Von 1882 bis 1885 studierte er in Pisa, Berlin und Rom Rechtswissenschaft, hörte zusätzlich staats- und wirtschaftswissenschaftliche, geschichtliche und philosophische Vorlesungen. Sozialistische Impulse bezog er von Gustav Schmoller und Adolph Wagner, beide sog. Kathedersozialisten. 1890 wurde er in Preußen Professor für Staatswissenschaft nachdem Berufungen nach Freiburg, Heidelberg und Karlsruhe am Einspruch des badischen Großherzogs Friedrich II. scheiterten, der ihn als radikalen Linken ablehnte.

Sombart lehrte an der Universität Breslau von 1890 bis 1906 Staatswissenschaften. Er spezialisierte sich auf europäische Wirtschaftsgeschichte. Sein Werk Sozialismus und soziale Bewegung im 19. Jahrhundert, erschienen 1896, verstärkte durch seine positive Marx-Rezeption die Linksdrift der Sozialwissenschaft.1906 folgte er einem Ruf an die Handelshochschule Berlin.

Einige Historiker betrachten Sombart als einen Wegbereiter des Nationalsozialismus. Im Buch Die Juden und das Wirtschaftsleben – erschienen 1911 im dekadenten Spätkaiserreich Wilhelms II. – knüpfte er einen von Max Weber bestrittenen Zusammenhang, der die Juden als kapitalistische Hauptakteure darstellte. Als Wandervolk hätten sie nie eine Bindung zum Boden, dafür aber umso intensiver zum abstrakten Wert des Geldes entwickelt, primär zweckrationale Beziehungen ausgebildet und sich damit eine Befähigung zum Kapitalismus angeeignet, wie sie niemals ein seßhaftes Volk hätte entwickeln können. Er beschreibt den Gegensatz zwischen einem nomadischen jüdischen „Wüstenvolke“ und einem nordischen „Waldvolke“, denen er prinzipiell widerstreitende Weltanschauungen zuordnete. Ferner stellte Sombart die Geschäftsmethode des „Kundenfangs“ – vulgo der Werbung – als unchristlich und damit „jüdisch“ dar. Im 13. Kapitel dieses Buches behandelt er „das Rassenproblem“ mit den Stichworten „die anthropologische Eigenart der Juden“, „die jüdische ‚Rasse‘“, „die Konstanz des jüdischen Wesens“, „die rassemäßige Begründung volklicher Eigenarten“. Obwohl er damit gängige Vorurteile seiner Zeit auf fragmentarischer und umstrittener Evidenzbasis bediente, beanspruchte er dennoch, in seinem Buch „streng wissenschaftlich“ vorgegangen zu sein.

Nun könnte man naiv annehmen, daß seine wissenschaftliche Laufbahn in der angeblich fortschrittlichen Weimarer Republik aprupt geendet hätte. Im Gegenteil: Ab 1918 lehrte er endlich an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, ein von ihm lang gehegter Wunsch ging endlich in Erfüllung. 1931 wurde er dort emeritiert, lehrte jedoch bis 1938 weiter und wurde 1933 Mitglied der nationalsozialistischen Akademie für Deutsches Recht. Im selben Jahr wurde er als ordentliches Mitglied in die Preußische Akademie der Wissenschaften aufgenommen sowie in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. Am 19. August 1934 gehörte er zu den Unterzeichnern des Aufrufs Deutsche Wissenschaftler hinter Adolf Hitler zur Volksabstimmung über das Staatsoberhaupt des Deutschen Reichs. Sombart war von 1931 bis 1935 Vorsitzender des Vereins für Socialpolitik.

Bevor wir zu kurz zu Adolf kommen, werfen wir noch einen Blick nach Moskau:

Nach der Machtergreifung systematisierte Lenin den damals bekannten marxistischen Fundus nach folgenden Kriterien, wie sie bis 1989 gelehrt wurden:

  • Auseinandersetzung mit dem Materialismus Feuerbachs und der Dialektik Hegels und die Polarität des Idealismus zum Materialismus
  • die Auseinandersetzung mit den englischen Nationalökonomen, wie Adam Smith und David Ricardo;
  • die Erwähnung der französischen utopischen Sozialisten, wie Henri de Saint-Simon, Charles Fourier und Pierre-Joseph Proudhon

An dieser Systematik der drei Kurse – Philosophie, politische Ökonomie des Sozialismus und wissenschaftlicher Komunismus – wurde in der orthodoxen M/L-Gehirnwäsche nie wieder gerüttelt, Stalin tat sie mit dem Zusammenhang zwischen Faustkeil und Urgesellschaft, Dampfmaschine und Kapitalismus noch etwas vergröbern, wobei er die Erwähnung der asiatischen Produktionsweise verbot, weil sie seinem russischen Sozialismus zum Verwechseln ähnlich war.

Hitler hatte nach eigenem Bekunden seine Vorurteile am Wegrand aufgelesen, vermutlich aus dem damaligen Mainstream, siehe oben. Woher ich das weiß? Ein inzwischen verstorbener Grüner hatte mir 1989 „Mein Kampf“ ausgeliehen. Ich bin wegen dem nicht sehr aufregenden Schreibstil – Zeitgenossen attestierten reihenweise Langweiligkeit – nur bis zum Ausflug nach Coburg gekommen und habe es dann zurückgegeben. Deswegen sind mir tiefere Einsichten des Führers verschlossen geblieben und ich mußte mich fürderhin an den Resultaten nationalsozialistischer Politik orientieren, wie dem Verlust von Pommern und Schlesien sowie der massenhaften Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme.

Nur soviel: Nachdem die Eugenik in der Weimarer Republik gegen den Widerstand der katholischen Kirche auch in den Unis immer salonfähiger und einflußreicher geworden war, wurde auch Hitler ihr Anhänger, und zwar ein besonders eifriger: Nach seiner Machtergreifung entstanden etwa soviele eugenische und rassekundliche Lehrstühle, wie heute Genderprofessuren. Nicht erst in den 30ern wurden Nasen und Stirnhöhlen vermessen, sondern auch vorher.

Nun haben wir erst mal die wissenschaftliche Basis oberflächlich andiskutiert, die Wladimir Iljitsch, Adolf, Nikita und Leonid zur Staatsgrundlage erhoben, die aber vor dem Ersten Weltkrieg an fragwürdigen Unis schon Wissenschaft war. Politiker machen die Wissenschaftler über die Mittelvergabe für Bildung regelmäßig zu feilen und verachtenswerten Prostituierten, aber vor der Machtergreifung 1918 bzw. 1933 wurde von Lenin und Hitler auf die noch nicht selbstgesteuerte und selbstkorrumpierte Wissenschaft gehört, jedenfalls auf deren schrecklichsten Teil, die Geisteswissenschaft.

Die Entgleisungen in der Kórona- und Klimadiskussion sind also nichts Neues, die dort tätigen Doktoren forschen in einer langen Tradition des antikapitalistischen Nonsens. Wenn sich immer 97 % einig sind, ist alles korrupt und faul.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Die Menschen kennen einander nicht leicht, selbst mit dem besten Willen und Vorsatz; nun tritt noch der böse Wille hinzu, der alles entstellt.“ (Geh. Rath v. Goethe)