Das skandinavische Risiko

Heute werden in der WELT skandinavische Aktien beworben. Das ist im Prinzip auch o.k. Ich habe mal nachgesehen: Meine Freundin und ich haben 7 % skandinavische Aktien. Unsere beste ist übrigens Skandinavian Tobacco, die in der WELT natürlich aus PC-Gründen nicht erwähnt wird. Das Unternehmen handelt weltweit mit Zigarren.

Als Zugpferd des Nordens wird Novo Nordisk, ein erfolgreicher Pharmakonzern erwähnt. Er ist jedoch im letzten halben Jahr an der Börse extrem hochgelaufen. Wenn man die Gewinnschätzung für 2023 und den Kurs vergleicht, kommt man auf ein aktuelles KGV von fast 35. Das wäre gerechtfertigt, wenn die Bäume weiter so in den Himmel wachsen würden, wie die letzten zwei Jahre. Daran ist allerdings zu zweifeln. Ein Gewinnwachstum von 70 % in zwei Jahren kann man nicht einfach so fortschreiben, zumal die Marge im letzten Jahr 31 % erreicht hatte. Es riecht derzeit chartmäßig nach einer Kerze.

Das wäre alles nicht schlimm, wenn die Marktkapitalisierung des Unternehmens nicht 270 Mrd. € betragen würde. In den einschlägigen Skandinavien-ETFs hat sich auf Grund des gewaltigen Gewichts ein Klumpenrisiko gebildet.

Zudem wird das wachsende Kursrisiko nicht durch Dividenden aufgewogen. Mit der Kursexplosion ist die Dividendenrendite von 3 % 2016 auf aktuell 1,1 % gefallen, obwohl die Dividendenzahlungen 50 % des reichlich sprudelnden Gewinns ausmachen. Ich denke wir sind an der Grenze der Überbewertung. Gedeon Richter und Sanofi, aber auch die beiden Merck sind im Pharmabereich derzeit weit günstiger, man bekommt sie für die Hälfte oder ein Dritteil.

Wenn man sich auf dem skandinavischen Beritt umschaut, ist nach einem Kursrutsch Thule erwägenswert. Boliden, Tele2, Volvo B und Stora Enso sind es ebenfalls wert näher durchleuchtet zu werden. Als kleinen Zock halte ich ein paar BIKO-Aktien. Nichts gegen Skandinavien, aber Novo Nordisk ist einfach schon glühend heiß. André Kostolany würde einschätzen, daß die Straßenbahn abgefahren ist, daß man deren Rücklichter sieht. Er warnte davor ihr nachzulaufen. Aber er tröstete immer damit daß die nächste kommt.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Die Zeit überschlägt sich wie ein Stein vom Berge herunter, und man weiß nicht, wo sie hinkommt und wo man ist.“ (Geh. Rath v. Goethe am 18. März 1797)