Der Pattex, der BRICS zusammenhält

„Welche Werte sollen den Verein zusammenhalten? China ist eine kommunistische Diktatur; Russland, der Iran und Saudi-Arabien sind Quasi-Diktaturen, die Regimegegner gern auch außerhalb der eigenen Grenzen verfolgen und ermorden; Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate sind nur wenig besser; Indiens Premier verfolgt einen unappetitlichen Hindu-Nationalismus; Südafrika ist korrupt und dysfunktional.“ So wertet Alain Posener in der WELT das ansonsten theoretisch vielgepriesene Multikulti ab.

Solche ungleichen Bündnisse wie BRICS hat es immer gegeben. In der Völkerschlacht bei Leipzig hatten sich protestantische Preußen, orthodoxe Kosaken und katholische Österreicher ein Gefecht mit Napoleon geliefert, dasselbe wiederholte sich in Waterloo, wobei noch anglikanische Engländer dazukamen. Man hätte auch damals die Frage stellen können, was die Gegner Napoleons anderes verbindet, als einen Störer loszuwerden.

Auch die Bündnissysteme im WK II könnte man so hinterfragen: Was verband England, Amerika und Rußland anderes als ein Zweck? Was war die Gemeinsamkeit zwischen Deutschland, Finnland, Japan und Italien außer ihre jeweiligen geopolitischen Ziele zu erreichen?

Ähnlich durcheinander ging es im Kampf zwischen Protestantismus und Katholizismus im 30jährigen Krieg. Da mischten Franzosen und Türken auf der Seite der Protestanten mit, nur um Habsburg zu schaden.

Mit so einer Frage, welche Werte einen Verein zusammenhalten, liegt man immer schief. Es sind Interessen.

Im Übrigen ist China keine kommunistische Diktatur, sondern ein tief in konfuzianistischer Tradition stehendes Riesenreich, welches im Kampf gegen die Großmächte ein rotes Mäntelchen übergezogen hat. Das orthodoxe Rußland hat von den Traditionen aus betrachtet mit dem frommen Saudi-Arabien soviel zu tun, wie Hunter Biden mit Alice Schwarzer. Südafrika sei korrupt und dysfunktional, so Posener. Das ist Deutschland aber auch. Man kann ungeliebte Zustände in bequeme Schubladen mit den Aufschriften „Kommunismus“, „Diktatur“, „Korruption“, „Mörder“ usw. stecken, was aber die Trefflichkeit der Analyse nicht beflügelt, weil die Wahrheit sich nicht so einfach fangen, einsperren und kategorisieren läßt.

Die BRICS haben sich nicht zusamengefunden, um den Ölhandel zu reformieren, dafür gibt es ja die OPEC. Sie haben vermutlich auch keine anderen tragfähigen ökonomischen Interessen. Ob eine gemeinsame Währung kommt steht in den Sternen. Die Geschichte des Euro gibt den Akteuren wohl zu denken. Der Leim, der die Zweite Welt der BRICS zusammenkittet, ist der westliche Kulturimperialismus, der fremde tief verwurzelte Kulturen angreift. Ganze Geschwader von NGOs sind mit ihren irren Ideologien unterwegs, um überall bunte Revolutionen anzuzetteln. Kerosinannalena betreibt das als feministische Außenpolitik sogar auf staatlicher Ebene. Sie war es mit ihrer neudiplomatischen Gradlinigkeit wohl, die das volle Faß der Geduld zum Überlaufen gebracht hat. Wenige Tage nach ihrem Moskau-Besuch brach der Ukrainekrieg aus.

Was sollten Gaykulturen in Kabul anderes bewirken, als das Volk und die Taliban zusammenzuschweißen? Was haben feministische Aktivisten in Niger letztlich gebracht, als einen Umsturz? Was sollte der Ausflug von Greta und Rihanna nach Indien, als die Beziehungen zu Amerika zu verschlechtern? Waren die Unruhen in Kasachstan von Schwab oder Soros bezahlt? In Sri Lanka haben NGOs eine massive Hungerkatastrophe auf dem Gewissen. Hat Putin Lust zu akzeptieren, daß vom Westen gepamperte Frauen in der Kaufhalle mit gefrorenen Hühnchen masturbieren und im öffentlichen Museum geknallt werden? Soll er abwarten, bis in Moskau ein sog. „Künstler“ nach Selenskyis Vorbild am Klavier die Hosen runterläßt? Soll es zum Standard werden, daß sexuelle Eskapaden aus dem Hause Biden gefilmt im weltweiten Internet landen?

Gute Fragen. Unter diesem Druck kann es für China und Indien sinnvoll sein, Konflikte im Himalaya und für den Iran und Saudi-Arabien Streit im Persischen Meerbusen erst mal zurückzustellen, solange in Amerika und Deutschland die im traditionellen Wertekanon Perversen durchregieren. Diese Abwehr des Kulturkolonialismus des Westens ist wohl das Hauptansinnen der BRICS-Akteure. Sie werden Rußland auf keinen Fall im Stich lassen, denn der Ukrainekrieg ist in ihren Augen der Kampf zwischen dem Soros- und Schwabsatan und der Selbstbehauptung, ein antikolonialer Kampf 2.0. Da darf kein Stein aus der Mauer des Widerstands brechen.

Für die Zukunftspropheten wird die Frage spannend, ob es nach dem Ende der westlichen Eskapaden zu einer Beruhigung der aufgeregten Geister kommen wird, oder ob sich die Spannungen zwischen der Ersten und der Zweiten Welt irreversibel verfestigt haben werden. Kerosinannalena behauptet, daß man Rußland auf ewig mit der Kneifzange anfassen wird, vielleicht nicht mal das. Sie ist angesichts historischer Muster wohl ein Dummchen.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Alle Gesetze sind von Alten und Männern gemacht. Junge und Weiber wollen die Ausnahme, Alte die Regel.“ (Geh. Rath v. Goethe)