Scholz hat auch von Wirtschaftsgeschichte keine Ahnung

Nachdem der derzeitige Buka gegenüber einer Mainstreamzeitung geäußert hatte, daß Deutschland kein lädiertes Land sei, sondern ein stolzes Segelschiff und für alle Stürme gerüstet, wiederholte er seine Hoffnung auf ein gigantisches Wirtschaftswunder durch Umbau der Wirtschaft in Richtung der Klimaneutralität und erinnerte daran, daß es die enge Verbindung zwischen staatlichem Handeln und privatwirtschaftlichem Engagement gewesen sei, die Deutschland seinen ganz großen industriellen Aufschwung Ende des 19. Jahrhunderts beschert habe.

Das ist grundsätzlich falsch. Der wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands erfolgte nach 1869 durch Gewerbefreiheit, eine stark wachsende Bevölkerung, gute Bildung, preiswerte Kohle und einen liberalen Staat, der sich aus der Wirtschaft weitgehend heraushielt und sich auf Infrastruktur, Bildung sowie innere und äußere Sicherheit konzentrierte. Das änderte sich freilich nach dem Abgang von Reichskanzler v. Bismarck, ab etwa 1890 kam es tatsächlich zu mehr staatlicher Aktivität. Aber daß die Flottenrüstung, die Abschaffung des Goldstandards und die Zollpolitik nicht eher geschadet haben, wird von vielen Beobachtern angenommen.

Startschuß für das Wirtschaftswunder war die Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund vom 21.Juni 1869, welche von Gottes Gnaden ihrer Majestät nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages erlassen wurde. Nach dem Deutsch-französischen Krieg galt sie auch in Süddeutschland. Von 1870 bis 1890 wurde Deutschland so industrialisiert, daß es weltmarktfähig wurde. Die Qualität der Produkte, die vordem oft gering war, machte einen Riesensprung. Wenn man die Gewerbeordnung liest, erkennt man auf den ersten Blick die sehr radikale Entbürokratisierung gegenüber den vorhergehenden äußerst engmaschigen Regulierungen.

Scholz hat also keine Ahnung vom Wirtschaftswunder der Kaiserzeit. Es war die lockere Verbindung zwischen staatlichem Handeln und privatwirtschaftlichem Engagement, die es hervorrief.

Am 19. Juli 2013 hatte ich von den Schwierigkeiten von Carl Zeiss berichtet, sich selbständig zu machen und seinen Betrieb zu gründen: Jena ist durch Carl Zeiss das geworden, was es heute ist. Als Zeiss sich als Mechaniker selbständig machen wollte, war das sehr schwierig. Gewerbefreiheit und Marktwirtschaft waren im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach  Fremdwörter. In Weimar gab es schon zwei Mechaniker und Zeiss bekam als dritter keine Lizenz. In Jena bewarb er sich wiederum und auch in dieser schönen Stadt gab es schon zwei Mechaniker. Nachdem er den Großherzog persönlich bemüht hatte, welcher übrigens sein Pate war, bekam er 1846 eine Berufszulassung in der Saalestadt, die im übrigen durch ihre Universität und ihre sauren Weine bekannt war.

Diese bürokratischen Hemmungen waren mit der Bismarckschen Gewerbeordnung hinfällig. Ab 1869 galt „freie Bahn dem Tüchtigen.“ Von dieser Gewerbeordnung ist seit der Kriegswirtschaft des WK I, der Reparationswirtschaft der Weimarer Republik, dem Meisterzwang im Dritten Reich, den Enteignungen in der Zone und den Verordnungen der Europäischen Union nichts übrig geblieben. Es ist wieder mal eine Entschlackungskur wie 1809, 1869 und 1949 erforderlich. Von Scholz können wir das nicht erwarten. Er ist völlig ahnungslos und hat noch nie auch nur einen kleinen Betrieb zum Laufen gebracht. Man ahnt freilich, warum er als Klimahöriger ein Segelschiff erwähnte. Allerdings war es in der christlichen Seefahrt eine gängige Floskel, daß man auf hölzernen Segelschiffen eiserne Matrosen brauche, während auf eisernen Kähnen normales Personal reiche. Wo sind die eisernen Kerls in Berlin?

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Wenn ein Jahr nicht leer verlaufen soll, muß man beizeiten anfangen.“ (Geh. Rath v. Goethe am 2. Januar 1798 an Knebeln)