Der Staat macht keine Fehler: Das Tausendjährige Reich

Märchenrobert ist der Meinung, daß der Staat keine Fehler macht. Für die Weimarer Republik hatten wir das schon beleuchtet, heute ist die NS-Zeit dran.

Viele Entscheidungen des Führers wurden von seinen Anhängern noch nach dem Ende des Dritten Reichs als vorbildhaft berühmt: Der Autobahnbau, die landschaftpflegerischen Begleitpläne, der Tierschutz und die Freizeigestaltung beim BDM. Das hat man nach jeder Regierungszeit, daß die Gläubigen in schönen Erinnerungen schwelgen.

Wenn man den Zustand 1933 und 1945 vergleicht, so fällt die Bilanz schlecht aus. Der Staat setzte sich überspannte Ziele, die nicht erreicht wurden und der Zweck sollte die Mittel heiligen. Zum Schluß waren zahlreiche Einwohner und Ausländer tot, verwundet oder vertrieben, der Kapitalstock sah schlechter aus als 1933 und zahlreiche Landesteile waren verlustig gegangen.

Das Problem begann schon mit der Analyse: Das Parteiprogramm der NSDAP von 1920 wurde der Komplexität der Lage nicht gerecht, Glaubenssätze der Jugendbewegung wurden nachgebetet ohne darüber nachzudenken, welche fatale Rolle sie bei der Entstehung des WK I bereits gespielt hatten. Der Haß auf die alten Männer, auf die Juden, auf das römische Recht brachen sich Bahn. Die Entdeckung von Führertum und Gefolgschaft, der Eros des Helden, der Sinn für den Rang und für edle Haltung, Ehrfurcht vor dem Schöpferischen in der Natur, Abscheu vor parlamentarischer, nivellierender Betriebsamkeit, vor der Kompromisswirtschaft und allem Sichdrücken um das Wesentliche, Unbedingtheit und Opferbereitschaft waren Schlagworte des Mainstreams der Jahrhundertwende, die Hitler etwas flachbügelte, um sie allgemein verständlich zu machen.

Damit war der Keim einer autoritären und planwirtschaftlichen Herrschaft lange vor 1933 gelegt, und es war keine deutsche Spezialität. In ganz Europa herrschte dieser Hang zum Zentralismus und zur Diktatur. Ein Ausbrechen aus diesem etatistischen Teufelskreis wäre vor 1950 schwierig, wenn nicht gar unmöglich gewesen. Allein die Umstände des Welthandels waren in den 20er, 30er und 40er Jahren für eine marktwirtschaftliche Wende in einem einzelnen Land nicht geeignet.

Das entschuldigt aber die Horizontlosigkeit der damaligen deutschen Politik nicht. Etwas mehr Augenmaß, etwas mehr Vorsicht, etwas weniger Risikobereitschaft, mehr Nüchternheit in der Beurteilung, mehr Handlungsspielraum für die „Gefolgschaft“, mehr Pragmatismus, mehr Geduld und mehr Sachverstand waren erforderlich, konnten aber von einem Mann, der sich überwiegend mit Theaterfragen beschäftigte, nicht erwartet werden. Der vollkomene Mangel an Bildung ist entgegen landläufiger Meinung kein neues Problem.

Das Dogma, daß der Staat keine Fehler macht, ist auch für das Dritte Reich nicht aufrecht zu erhalten. Wir werden demnächst noch die Zone, die Bonner und die Berliner Republik hinsichtlich Fehlentscheidungen beleuchten.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Verwirrende Lehre zu verwirrenden Handel waltet über die Welt“ (Geh. Rath v. Goethe)