Der Gebietstausch in der Ukraine ist nicht ganz einfach

Wenn man mal den Gebietsstand von 2000 zugrunde legt, gab es in Rußland 3 Millionen Ukrainer und in der Ukraine 8 Millionen Russen. In Rußland waren 2,2 % der Einwohner Ukrainer, in der Ukraine gab es rund 18 % Russen. Allerdings gab es in Rußland keine Gebiete mit überwiegend ukrainischer Bevölkerung, in der Ukraine dagegen schon solche mit russischer Mehrheit. Weiters muß man zur Kenntnis nehmen, daß es ähnlich wie in Jugoslawien Mischehen gab und gibt, einschließlich deren Nachkommen.

Der jetzige Frontverlauf bildet die ehemaligen Wohngegenden von Russen und Ukrainern nicht genau ab. Wir müssen auch davon ausgehen, daß viele Russen aus der Restukraine geflohen sind, schon um dem Wehrdienst für ein fremdes Land zu entgehen. Ebenso werden national gesinnte Ukrainer aus ähnlichen Gründen das derzeit von Rußland beherrschte Territorium verlassen haben.

Zum Beispiel Odessa war ein Ort mit russischer Mehrheit, was inzwischen wohl anders aussehen dürfte. Ebenso Charkow. Andererseits gab es nördlich der Krim Gebiete, wo derzeit wohl weniger Ukrainer vorzufinden sind, als vor dem Krieg.

Wenn ich mal von meiner Jugoslawienerfahrung ausgehe: Auch zwanzig Jahre nach dem Krieg ist der freundschaftliche Verkehr zwischen Serben und Kroaten eher die Ausnahme. So dürfte sich auch das Verhältnis der Russen und Ukrainer zukünftig gestalten. Es ist durch den Maidanputsch, das Sprachengesetz und den Krieg viel Porzellan zerschlagen worden, welches sich nicht mehr leimen läßt.

Schon in der Sowjetzeit waren die Anekdoten, die das jeweilige Brudervolk behandelten recht unfreundlich, derzeitig werden selbst Denkmäler von Leuten aus dem 18. Jh. rückgebaut, aus einer Zeit, wo das umstrittene Gebiet noch zum Krimchanat gehörte. Nach dem sog. „Völkerrecht“ könnte auch die Türkei Anspruch auf die Krim, Cherson und Taurien anmelden. Wir gehen davon aus, daß die Grenzziehung früher oder später den Machtverhältnissen folgen wird.