Bei der Ernennung der EU-Kommissare droht ein Zerwürfnis

Jedes Land der EU entsendet einen Kommissar. Das bedeutet aber nicht automatisch, daß Vorschläge aus den einzelnen EU-Staaten auch berücksichtigt werden. Eine offizielle Seite der EU beschreibt das Verfahren der Inthronisierung der Kommission so:

Die Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten werden von den Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament vorgestellt. Um gewählt zu werden, benötigen der Kandidat oder die Kandidatin die Unterstützung einer Mehrheit der Abgeordneten (des EU-Parlaments – Ergänzung von mir).

Der Kandidat für die Präsidentschaft wählt potenzielle Vizepräsidenten und Kommissionsmitglieder unter Berücksichtigung der Vorschläge aus den EU-Ländern aus. Die Nominierungen müssen von den Staats- und Regierungschefs der Länder im Europäischen Rat angenommen werden.

Jeder Nominierte muss vor dem Europäischen Parlament seine Vision vorstellen und die Fragen der Abgeordneten beantworten. Anschließend stimmt das Parlament ab, ob es das vorgeschlagene Kollegium insgesamt akzeptiert oder nicht. Zuletzt müssen die potenziellen Kommissarinnen und Kommissare vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit ernannt werden.

Die Amtszeit der aktuellen Kommission endet am 31. Oktober 2019.

Nun ist der Rat der Staats-und Regierungschefs wegen der Asyl- und Energiepolitik freilich arg zerstritten. Sollten sich auf diesen Gebieten Entspannung andeuten leben die Währungskrise und der Streit um die richtige Wirtschaftspolitik wieder auf, die wegen relevanteren Themen aus dem Focus geraten sind. Es kann durchaus passieren, daß Vorschläge für Kommissare zum Beispiel aus Polen, Ungarn, Rumänien, Tschechien, der Slowakei oder Italien nicht die notwendige Mehrheit finden. Was dann? Die betreffenden Regierungen werden sich das nicht gefallen lassen. Es wird zu Querelen und zum Bruch kommen.

Dabei gibt es Lösungsmöglichkeiten. Die Schweiz hat ein System des Zusammenwirkens aller relevanten politischen Kräfte entwickelt, welches vorbildhaft ist. Die bei Wahlen erfolgreichen Parteien stellen einen oder mehrere Bundesräte, ohne daß erforscht wird, ob die entsprechenden Räte den NGOs und den Medien auch gefallen. Diesen kooperativen Weg hat man in der EU nicht gewählt. Es herrscht in Berlin und Brüssel Intoleranz gegenüber vom Mainstream auch nur geringfügig abweichenden Konzeptionen.

So ein Akzeptanzmangel kann natürlich zum Systemversagen führen, insbesondere wenn es die Reichskanzlei ist, die die Zügel in der Hand hält. Gerade zeigt sich beim Brexit wie schädlich es ist, seine Überzeugungen kompromißlos durchzupeitschen, wie es die Handschrift der beinharten Dr. Merkel ist.

Die britischen Premiers David Cameron und Theresa May sind mit ihren geringen Wünschen an der Verbortheit und Sturheit der EU gescheitert. Mit kleinen Konzessionen an die Briten wäre es zum Brexit nie gekommen. Es war natürlich Merkel nicht allein, die jedes kleine Entgegenkommen torpediert hat. Sie hatte mit Michel Barnier, dem Sonderbeauftragten für den Brexit und Kommisionspräsident Juncker willige Vollstrecker.

Es wird nun immer wahrscheinlicher, daß es einen harten Brexit geben wird. Natürlich ohne die ökonomische Katastrophe, die von interessierten Kreisen als MENETEKEL an die Wand gemalt wird. Wenn ein Schaden entstehen sollte, dann vor allem für Deutschland, das auf die Insel etwa das Doppelte exportiert, als von dort nach Deutschland kommt.

Der Brexit ist natürlich eine Chance für die östlichen EU-Länder und Italien, die von PC-Tugendwächtern wie einen Wahrheitstempel verwaltete EU zu verlassen. Es könnte sich eine Renaissance der freiheitlichen EFTA mit den Mitgliedsländern Schweiz, Großbritannien, Norwegen, Liechtenstein, Island, Polen, Italien, Tschechien, Slowakei, dem Baltikum, Rumänien, Bulgarien, Kroatien und Slowenien ergeben. Österreich würde sich wegen seiner Lage und seinen Interessen im Osten früher oder später dieser Wirtschaftsallianz anschließen. Dänemark und die Niederlande würden wegen ihrer wirtschaftsliberalen Traditionen folgen. In Sachsen, Bayern und Thüringen würden separatistische Tendenzen mit dem Drang nach Osten entstehen. Die EFTA hätte auch militärisch Gewicht, weil Großbritannien Kernwaffen hat.

Es gibt natürlich die Möglichkeit, daß die EU die Gefahr ihres Zerfalls erkennt und prophylaktisch einlenkt. Die geschichtliche Erfahrung zeigt jedoch auf, daß sich kollabierende Systeme eher radikalisieren. Deutschland hat zum Beispiel 1944 noch Italien, die Slowakei und Ungarn besetzt und unter seine Kontrolle gebracht. In Polen wurde noch schnell und mit letzter Kraft der Warschauer Aufstand unterdrückt. Das darf man in Rom, Bratislawa, Warschau und Budapest nicht außer Acht lassen, wenn man Berliner Aktivitäten beobachtet. Deutsche Führer agieren in der Regel sehr von der Richtigkeit der eigenen Position überzeugt und sind nicht so flexibel wie ein Turnschuh. Das konnte man an Hitler und Honecker studieren, Dr. Merkel ist was Selbstgerechtigkeit, Realitätsferne und Siegesgewißheit betrifft keinen Deut besser.

Im Herbst 2019 kommt eine Zeit der Entscheidungen.